PARIS (dpa) — Beschimp­fun­gen und persön­li­che Angrif­fe? Bleiben diesmal im TV-Duell zwischen Frank­reichs Präsi­dent und seiner Heraus­for­de­rin aus. Le Pen gibt sich betont freund­lich, Macron sorgt für Memes.

Aus dem großen TV-Duell vor der Frank­reich­wahl ist Präsi­dent Emmanu­el Macron nach ersten Umfra­gen als Gewin­ner mit klarem Vorsprung vor der rechten Heraus­for­de­rin Marine Le Pen hervorgegangen.

Nach der mehr als zweiein­halb­stün­di­gen Debat­te hielten zwei von drei Zuschau­ern den Mitte-Politi­ker für den überzeu­gen­de­ren Kandi­da­ten, wie eine Umfra­ge des Insti­tuts Elabe ergab. Mit Spannung war erwar­tet worden, ob die beiden Kontra­hen­ten sich wie im Duell vor der Präsi­dent­schafts­wahl 2017 Beschimp­fun­gen und persön­li­che Angrif­fe leisten würden. Die Debat­te blieb aber überwie­gend sachlich, auch wenn beide hart gegen den Gegner austeilten.

Weshalb das Duell so wichtig war

Ein eher knappes Rennen wird für die Stich­wahl am Sonntag voraus­ge­sagt, die Wähler­schaft ist gespal­ten und viele beson­ders linke Wähler wollen eigent­lich keinem der beiden ihre Stimme geben. Sie wollen eine ganz andere Politik. Um diese Gruppe buhlen beide Bewerber.

Was auf dem Spiel stand

Bei dem Duell 2017 hatte Le Pen sich gründ­lich blamiert. Für sie galt es daher vor allem, seriö­ser und präsi­dia­ler zu wirken. Sie zeigte sich nun vor allem zu Beginn des Duells betont freund­lich, strahl­te in die Kameras und fiel Macron nicht ins Wort. Macron musste in der Debat­te um jeden Preis vermei­den, arrogant und elitär zu wirken. Statt über Le Pens Antwor­ten zu lachen, gab er sich ernst und mimte den nachdenk­li­chen Zuhörer. Auch gestand er Unzuläng­lich­kei­ten in seiner Amtszeit ein.

Was das Netz interessierte

Macrons Zuhörer­po­sen — aufge­stütz­ter Kopf, den Mund leicht schmol­lend — wurden sogleich in etliche Memes umgewan­delt. Le Pen hielt einen ausge­druck­ten Tweet hoch und sorgte damit für Belus­ti­gung. In den sozia­len Netzwer­ken wurde der Zettel sogleich umgestal­tet und etwa «Wählt am Sonntag Macron» darauf geschrieben.

Worum es inhalt­lich ging

Acht Themen waren ausge­wählt worden, zu denen Macron und Le Pen sich positio­nie­ren sollten. Akribisch wurde die Redezeit der beiden dabei im Blick gehalten.

Europa: Während Macron sich zur deutsch-franzö­si­schen Koope­ra­ti­on und zur Veran­ke­rung Frank­reichs in der Europäi­schen Union bekann­te, stell­te Le Pen klar, dass sie die EU gründ­lich ändern will. Ihr geht es dabei um mehr natio­na­le Kompe­ten­zen. Macron warf ihr vor, noch immer aus der EU austre­ten zu wollen, dies aber nicht offen zu sagen.

Ukrai­ne-Krieg: Le Pen und Macron waren sich weitge­hend einig, dass es weiter­hin Hilfen für Kiew geben solle. Le Pen sprach sich aber gegen einen Import­stopp für russi­sches Gas aus, Macron setzt auf Energie­un­ab­hän­gig­keit von Russland. Macron warf seiner Kontra­hen­tin zudem vor, von Kreml­chef Wladi­mir Putin abhän­gig zu sein.

Umwelt und Energie: Frank­reich ist ein Atomland, Macron sprach sich für den Bau weite­rer Kraft­wer­ke aus, will zugleich aber erneu­er­ba­re Energien voran­brin­gen, insbe­son­de­re Offshore-Windparks. Le Pen hinge­gen hält Windrä­der für ökolo­gisch und ökono­misch unsin­nig, will bereits existie­ren­de Anlagen abbau­en lassen und setzt auf Atomkraft.

Kaufkraft: Das Schlüs­sel­the­ma des Wahlkampfs war Aufma­cher der Debat­te. Obwohl Le Pen das Thema seit Wochen geschickt besetz­te, konnte sie sich in der Debat­te nicht eindeu­tig gegen Macron durch­set­zen. Sie schlug unter anderem eine Mehrwert­steu­er­sen­kung auf Energie sowie einen Wegfall der Steuern auf 100 Grund­pro­duk­te des tägli­chen Bedarfs vor. Macron setzte darauf, die Arbeits­lo­sig­keit weiter zu senken und Gas- und Strom­prei­se weiter­hin zu deckeln.

Streit­the­ma Rente: Aus deutscher Sicht gehen die Menschen in Frank­reich vergleichs­wei­se früh in Rente, Le Pen will am Renten­ein­tritts­al­ter von 62 Jahren festhal­ten. Wer schon jung ins Berufs­le­ben einstei­ge, solle mit 60 in Rente dürfen. Macron will das Renten­al­ter mit einigen Ausnah­men auf 65 Jahre anheben. Bei wachsen­der Lebens­er­war­tung müsse das Renten­sys­tem gegen­fi­nan­ziert werden, argumen­tiert er.

Und ewig Zank ums Kopftuch: In der Schule und in der öffent­li­chen Verwal­tung ist das Kopftuch in Frank­reich aus Neutra­li­täts­grün­den verbo­ten. Le Pen forder­te nun ein Kopftuch­ver­bot überall im öffent­li­chen Raum. Macron hält das mit der Religi­ons­frei­heit und der Verfas­sung für unver­ein­bar — und fürch­tet einen Bürger­krieg, wenn man tatsäch­lich das Kopftuch in den Wohnvier­teln verbie­ten würde.
Große Worte

«Sagen Sie keine Dummhei­ten!» und «Ertei­len Sie mir keine Lektio­nen!» waren nur einige der prägnan­ten Sätze, die im Duell fielen. Beson­ders eindring­lich wurden beide Bewer­ber zum Schluss. Macron machte die Wahl auch zu einer Abstim­mung über Europa, Klima, den Laizis­mus — «also ein Referen­dum für oder gegen das, was wir grund­sätz­lich sind». Le Pen hinge­gen versprach eine «Rückkehr des gesun­den Menschen­ver­stands», sollte sie gewinnen.