BERLIN (dpa) — Der deutsche Astro­naut Matthi­as Maurer hat auf der ISS im All abseits der Experi­men­te schon einige Erkennt­nis­se gewon­nen — zum Beispiel über die Auswir­kun­gen der Schwe­re­lo­sig­keit auf Zahnpasta.

Der deutsche Astro­naut Matthi­as Maurer hat sich auch zwei Wochen nach seiner Ankunft auf der Inter­na­tio­na­len Raumsta­ti­on ISS noch nicht so ganz an die Schwe­re­lo­sig­keit gewöhnt.

«Als Anfän­ger passiert es mir leider noch zu oft, dass ich Taschen zu weit öffne und dann der komplet­te Inhalt schlag­ar­tig in alle Richtun­gen raus schwebt. In diesen Momen­ten wünsche ich mir, ich hätte so viele Arme wie ein Tinten­fisch», schreibt er in einem am Freitag veröf­fent­lich­ten Brief für «Bild». Nach all den Jahren des Wartens und der inten­si­ven Vorbe­rei­tung fühle er sich aber jetzt sehr glück­lich und befreit.

Aber gleich­zei­tig stehe er auch unter einem Leistungs­druck, «denn ich bin ja nicht zum Spaß hier und die vielen Experi­men­te müssen sorgfäl­tig erledigt werden.» Das sei in Schwe­re­lo­sig­keit leider nicht ganz so einfach. Aller­dings sei das Schwe­ben in der Schwe­re­lo­sig­keit erstaun­li­cher­wei­se sofort vom Gehirn akzep­tiert worden. Gehen sei out. «Wo der Kopf ist, ist oben. Die Füße weisen immer zum Boden. Auch, wenn alle anderen auf dem Kopf stehen und das Gleiche behaupten.»

Aufga­ben von Maurer

Der Esa-Astro­naut Maurer war vor zwei Wochen gemein­sam mit seinen drei Nasa-Kolle­gen an der ISS angekom­men. Der 51-jähri­ge Saarlän­der ist der zwölf­te Deutsche im All, der vierte auf der ISS — und der erste, der in einem «Crew Dragon» dorthin geflo­gen ist. Auf der ISS soll er in rund 400 Kilome­tern Höhe etwa sechs Monate lang zahlrei­che Experi­men­te durch­füh­ren und wohl auch einen Außen­ein­satz absol­vie­ren. Zuletzt war 2018 mit Alexan­der Gerst ein deutscher Astro­naut der Europäi­schen Weltraum­agen­tur an Bord der ISS gewesen.

Maurer schrieb weiter, der Weltraum sei ein optima­ler Ort zum Abneh­men. Es sei nicht leicht, genügend Kalorien in sich «hinein­zu­stop­fen». «In der Schwe­re­lo­sig­keit ist das Sätti­gungs­ge­fühl viel stärker. Vielleicht, weil das Essen im Magen schwebt?» Dazu müsse er auch jeden Tag zwei Stunden Sport machen, um Knochen- und Muskel­schwund vorzu­beu­gen. Er schla­fe hervor­ra­gend und hänge schwe­re­los diago­nal in seiner Kabine. Kopfkis­sen brauche man nicht. «Meinen Schlaf­sack habe ich mit einem einzi­gen Karabi­ner­ha­ken an einer Gummi­schnur festge­macht, sodass ich nicht komplett wegdrif­te.» Außer­dem benöti­ge man im All viel weniger Zahnpas­te, da sie hier viel mehr schäume.

Er wünsche sich, jeder Mensch könnte diesen Anblick von der Erde mit eigenen Augen sehen. «Dass es auf der Erde Leben gibt, spürt man bei diesem energie­ge­la­de­nen, leuch­ten­den Blau förmlich, auch wenn man es mit den Augen nicht direkt erken­nen kann. Und dass dieser Luftflaum zwischen Oberflä­che und Vakuum das Einzi­ge ist, was das Leben auf dem Plane­ten garan­tiert, lässt einen kalt erschaudern.»