MÜNCHEN (dpa) — Ernäh­ren und bewegen sich die Deutschen in der Corona-Pande­mie anders als vor der Krise? Eine Studie zeigt: Es gibt nicht nur Unter­schie­de zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen Jung und Alt.

Geschlos­se­ne Sport­stu­di­os, den ganzen Tag im Homeof­fice und zwischen­durch schnell die Pizza in den Backofen. «Unter Corona haben sich Lebens­stil und Lebens­qua­li­tät vieler Menschen verschlech­tert», sagte der Leiter des Else Kröner Frese­ni­us Zentrums für Ernäh­rungs­me­di­zin (EKFZ), Hans Hauner.

Betrof­fen seien vor allem Männer, junge Menschen und Perso­nen, die schon vor der Pande­mie Gewichts­pro­ble­me hatten. Verbän­de warnen vor Folgen.

Rund 40 Prozent der Teilneh­mer einer Umfra­ge haben seit Pande­mie-Beginn an Gewicht zugelegt — im Durch­schnitt 5,6 Kilogramm. Außer­dem bewegt sich rund jeder Zweite weniger als zuvor. «Das betrifft vor allem die 18- bis 44-Jähri­gen», sagte Hauner.

Unter­su­chung der TU München

Die Umfra­ge haben das EKFZ an der Techni­schen Univer­si­tät München (TUM) gemein­sam mit dem Meinungs­for­schungs­in­sti­tut Forsa durch­ge­führt. Dabei wurden rund 1000 Erwach­se­ne zu ihrem Essver­hal­ten und Körper­ge­wicht in den letzten Monaten befragt.

Auffäl­lig sei außer­dem, dass gerade Perso­nen mit einem ohnehin erhöh­ten Body-Mass-Index (BMI) in der Pande­mie zunäh­men. «Corona befeu­ert damit die Adipo­si­tas-Pande­mie», so der Exper­te. Im Gegen­zug gelte Adipo­si­tas auch als Treiber der Covid-19-Pande­mie. Denn mit dem BMI steige das Risiko, schwer an Corona zu erkran­ken. «So entsteht ein Teufels­kreis aus dem Zusam­men­spiel von Corona und Adipositas.»

Hinzu kommt, dass sich 52 Prozent der Menschen mittler­wei­le weniger bewegen als noch vor der Krise. Die Befrag­ten nannten geschlos­se­ne Fitness­stu­di­os oder weniger Bewegung im Alltag als mögli­che Gründe. Auch hier zeigt sich: Während sich 60 Prozent der Menschen mit einem BMI über 30 in der Pande­mie weniger beweg­ten als zuvor, seien es bei Perso­nen mit einem BMI unter 20 nur 40 Prozent.

Deutscher Sport­ärz­te­bund rät zu mehr Bewegung

Eine Entwick­lung, die dem Deutschen Sport­ärz­te­bund Sorgen berei­tet. «Gerade Überge­wich­ti­ge zählen zu denje­ni­gen, die oft mit die härtes­ten Krank­heits­ver­läu­fe haben», sagte Sport­me­di­zi­ner Klaus-Micha­el Braumann von der Univer­si­tät Hamburg. Diese Menschen seien oft durch ein geschwäch­tes Immun­sys­tem gekenn­zeich­net. Er wirbt deshalb für Bewegung und körper­li­che Aktivi­tät. «So bilden sich im Körper Boten­stof­fe, die das Immun­sys­tem positiv stabi­li­sie­ren und so vor schwe­ren Verläu­fen schüt­zen können.» Auch für die motori­sche Entwick­lung sei Bewegung zwingend notwendig.

Weniger verän­dert hat sich hinge­gen das Essver­hal­ten der Deutschen. Etwa zwei Drittel ernäh­ren sich so, wie sie es vor der Corona-Krise getan haben. Gut jeder Vierte gab in der Umfra­ge an, aus Lange­wei­le mehr zu essen oder sich mehr Zwischen­mahl­zei­ten zu gönnen. «Und: Die Menschen, die mehr essen, bevor­zu­gen ungesun­de Produk­te wie Fastfood, Süßig­kei­ten oder zucker­hal­ti­ge Geträn­ke», sagte Hauner.

Auch wenn sich im Hinblick auf die Ernäh­rung eher wenig geändert hat, unter­mau­er­ten die Daten zur Gewichts­zu­nah­me Handlungs­be­darf, sagte Oliver Huizin­ga von der Verbrau­cher­or­ga­ni­sa­ti­on Foodwatch. «Wirksa­me Maßnah­men gegen Adipo­si­tas sind wichti­ger denn je.» Seine Forde­rung unter anderem: eine Limo-Steuer.

Von Jordan Raza, dpa