Handhy­gie­ne wird zum Schutz vor Corona­vi­ren dringend empfoh­len. Aber wie genau diese ausse­hen soll, darüber gibt es unter­schied­li­che Ansich­ten. Derma­to­lo­gen raten von Seife ab.

BERLIN (dpa) — Hände unters Wasser halten, einsei­fen, 20 bis 30 Sekun­den waschen, abspü­len, abtrock­nen. Wie richti­ges Hände­wa­schen geht, dürften nach über einem Jahr Corona-Pande­mie alle gelernt haben.

Plaka­te nicht nur an öffent­li­chen Wasch­be­cken sorgen dafür, dass das «H» (Hygie­ne) in der AHA-Regel nicht in Verges­sen­heit gerät. Nun aber warnen Hautärz­te, das ständi­ge Hände­wa­schen mit Seife habe in der Pande­mie zu mehr Handek­ze­men geführt.

Beson­ders der Medizin-Sektor klagt über Symptome

«Die empfoh­le­nen inten­si­vier­ten Maßnah­men der Handhy­gie­ne bergen ein nicht unerheb­li­ches Gesund­heits­ri­si­ko für die Entste­hung von Handek­ze­men», sagt der Sprecher der Deutschen Derma­to­lo­gi­sche Gesell­schaft (DDG), Peter Elsner (Unikli­ni­kum Jena) und empfiehlt, lieber zu Desin­fek­ti­ons­mit­tel zu greifen.

Rückmel­dun­gen aus Hautarzt­pra­xen und ‑klini­ken zeigten, dass die Zahl der Patien­ten mit Ekzemen an den Händen seit einem Jahr steige, berich­tet Elsner. Beson­ders gefähr­det seien derzeit Menschen im Medizin-Sektor: Bei einer Befra­gung von über 100 Beschäf­tig­ten des Univer­si­täts­kli­ni­kums München klagten 90 Prozent über die Sympto­me eines Handek­zems wie Trocken­heit, Rötung, Jucken, Brennen, Schup­pen oder Risse. Bei ihnen war seit Pande­mie­be­ginn die Nutzung von Seife, Desin­fek­ti­ons­mit­teln und Handcreme stark angestiegen.

«Natür­lich gelten in der Pande­mie die AHA-Regeln», betont Elsner. «aber für eine gesun­de Haut ist desin­fi­zie­ren besser als einsei­fen». Seife löse die Fette aus der Haut, die natür­li­che Barrie­re des Körpers werde zerstört. Solan­ge die Hände nicht sicht­bar verschmutzt sind, sollte ein virus­wirk­sa­mes, alkoho­li­sches Hände­des­in­fek­ti­ons­mit­tel anstatt Seife genutzt werden, schreibt die DDG in ihren Empfeh­lun­gen für Pande­mie­zei­ten. Nach jedem Waschen oder Desin­fi­zie­ren sei das Eincre­men der Hände ratsam.

Ohne Seife ist besser als nichts

Dass häufi­ges und gründ­li­ches Hände­wa­schen mit Seife der Allge­mein­be­völ­ke­rung zum Schutz vor Corona­vi­ren empfoh­len wurde, hatte nach Meinung Elsners «rein politi­sche Gründe»: Wie bei Masken habe es auch bei Desin­fek­ti­ons­mit­teln anfangs Engpäs­se gegeben. Daher habe man sie nicht für die breite Bevöl­ke­rung empfeh­len können.

Die Empfeh­lun­gen der Bundes­zen­tra­le für gesund­heit­li­che Aufklä­rung (BZgA) zum Thema Infek­ti­ons­schutz lesen sich anders: «Viele Infek­ti­ons­krank­hei­ten werden über die Hände übertra­gen», heißt es auf den Infosei­ten. «Hände­wa­schen ist eine einfa­che und wirksa­me Maßnah­me, die vor einer Anste­ckung schüt­zen kann.» Gerade in Zeiten von Krank­heits­wel­len sei das beson­ders wichtig.

Der Verzicht auf Seife beim Hände­wa­schen ist laut BZgA keine gute Idee: «Mit Seife die Hände zu waschen, ist deutlich wirksa­mer als mit Wasser allei­ne, denn Wasch­sub­stan­zen lösen Schmutz und Mikro­ben von der Haut ab.» Aller­dings sei ohne Seife besser als nichts, «denn auch mit Wasser allei­ne wird zumin­dest ein Teil der Erreger entfernt».

«Je weniger ich die Hände wasche, desto besser für die Haut»

Dass durch die Seife der Schutz­man­tel der Haut angegrif­fen wird, wird aber nicht bestrit­ten. «Die Haut kann austrock­nen und Hautir­ri­ta­tio­nen können die Folge sein.» Die Bundes­zen­tra­le rät daher zu milden, pH-neutra­len Wasch­sub­stan­zen und empfiehlt auch, die Hände danach einzucremen.

Ein Hygie­ni­ker stimmt den Hautärz­ten zu: «Je weniger ich die Hände wasche, desto besser für die Haut, da haben die Derma­to­lo­gen natür­lich recht», sagt der Direk­tor des Insti­tuts für Hygie­ne und Umwelt­me­di­zin des Vivan­tes-Konzerns, Chris­ti­an Brandt. «Es ist logisch und verständ­lich, dass Ekzeme zuneh­men.» Anderer­seits könne Wasser ohne Seife zwar Dreck abspü­len, «aber keine Erreger von der Haut entfernen».

Die Lösung des Dilem­mas ist aus Sicht des Hygie­ni­kers, die Hände «nicht überschie­ßend» zu waschen. Wirklich nötig sei es etwa vor dem Essen, nach der Toilet­te oder wenn sie von der Arbeit stark verschmutzt sind, sagt Brandt.

Desin­fek­ti­ons­mit­tel wirksa­mer und schonender

Einig sind sich Elsner und Brandt auch darin, dass Desin­fek­ti­ons­mit­tel besser sind als Seife. Desin­fi­zie­ren sei «effizi­en­ter, schnel­ler und hautscho­nen­der», sagt Brandt. «Gegen Viren inclu­si­ve Corona ist Waschen mit Seife den alkoho­li­schen Desin­fek­ti­ons­mit­teln immer unter­le­gen.» Deswe­gen würden sie auch im Kranken­haus eingesetzt.

Für den Normal­bür­ger seien Desin­fek­ti­ons­mit­tel «eine gute Alter­na­ti­ve für unter­wegs». Um sich vor Corona­vi­ren zu schüt­zen sei aber weder perma­nen­tes Hände­wa­schen noch ständi­ges Desin­fi­zie­ren nötig, sagt Brandt. Wichtig sei es, außer Haus wenig anzufas­sen, sich unter­wegs nicht ins Gesicht zu greifen oder aus der Hand zu essen. Die Haut selbst sei kein Eingangs­weg für Viren.

Von Sandra Trauner, dpa