Noch ist alles offen. Doch lange wird die Union die Antwort auf die K‑Frage nicht mehr hinaus­zö­gern können. Aus dem Südwes­ten, wo Fried­rich Merz, geschei­ter­ter Kandi­dat für den CDU-Vorsitz, viele Anhän­ger hat, kommt nun von einigen ein Votum für Söder.

STUTTGART/BERLIN (dpa/lsw) — Im Rennen um die Kanzler­kan­di­da­tur der Union haben sich sieben Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te aus der baden-württem­ber­gi­schen Landes­grup­pe hinter CSU-Chef Markus Söder gestellt — und damit gegen den CDU-Vorsit­zen­den Armin Laschet. In einer gemein­sa­men Erklä­rung, über die am Diens­tag zuerst «Stutt­gar­ter Nachrich­ten» und «Stutt­gar­ter Zeitung» berich­te­ten, heißt es: «Markus Söder genießt in weiten Teilen der Bevöl­ke­rung ein großes Vertrau­en. Deshalb wäre er ein kraft­vol­ler und aussichts­rei­cher Kanzler­kan­di­dat für die gesam­te Union.»

In ihrer Erklä­rung, die auch der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, halten die Abgeord­ne­ten fest: «Der Vorsit­zen­de der CDU trägt eine beson­de­re Verant­wor­tung für die gesam­te Union in Deutsch­land». Dies bedeu­te auch, «dass persön­li­che Ambitio­nen für die Kanzler­kan­di­da­tur zurück­ge­stellt werden müssen, wenn ersicht­lich ist, dass jemand anderes eine höhere Akzep­tanz in der Bevöl­ke­rung hat».

Die Erklä­rung ist unter­zeich­net von den Abgeord­ne­ten Marc Biadacz (Böblin­gen), Micha­el Donth (Reutlin­gen), Markus Grübel (Esslin­gen), Ronja Kemmer (Ulm), Karin Maag (Stutt­gart), Matern von Marschall (Freiburg), Alexan­der Throm (Heilbronn) und dem Wahlkreis­kan­di­da­ten Yannick Bury (Emmen­din­gen-Lahr).

CDU-Landes­chef und Bundes-Vizevor­sit­zen­der Thomas Strobl hatte hinge­gen vor wenigen Tagen erst für Laschet als Kanzler­kan­di­dat plädiert. «Die CDU in Deutsch­land möchte, dass unser Bundes­vor­sit­zen­der Armin Laschet Kanzler­kan­di­dat der Union wird und im Herbst auch Bundes­kanz­ler», hatte der baden-württem­ber­gi­sche Innen­mi­nis­ter der «Stutt­gar­ter Zeitung» und den «Stutt­gar­ter Nachrich­ten» vor gut einer Woche gesagt. «Aus vielen Gesprä­chen habe ich den Eindruck gewon­nen, dass dies in der CDU Baden-Württem­berg und in allen anderen CDU-Landes­ver­bän­den genau­so gesehen wird.»

Dass dem bayeri­schen Minis­ter­prä­si­den­ten und CSU-Chef Markus Söder in Umfra­gen eher die Kanzler­schaft zugetraut wird, sieht Strobl nicht als Gegen­ar­gu­ment: «Die Union will nicht jetzt Umfra­gen gewin­nen, sondern im Herbst die Bundes­tags­wahl — dafür ist Armin Laschet als Mann der Mitte mit dem Blick nach vorne genau der Richti­ge», hatte er den Blättern gesagt.

Mehre­re Unions­ab­ge­ord­ne­te sprachen sich laut «Spiegel» dafür aus, die Entschei­dung über die Kanzler­kan­di­da­tur der Bundes­tags­frak­ti­on zu überlas­sen. «Die Frakti­on ist ein guter Resonanz­bo­den, wenn es darum geht, die Stimmung im Land zu beschrei­ben», sagte der hessi­sche Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te Stefan Sauer dem «Spiegel».

Zuletzt hatte der Chef der CSU-Abgeord­ne­ten im Bundes­tag, Alexan­der Dobrindt, in der «Bild»-Zeitung eine Mitspra­che der Parla­men­ta­ri­er bei der Kandi­da­ten­kür gefor­dert. «Der Kanzler­kan­di­dat kann nicht im Hinter­zim­mer oder am Frühstücks­tisch ausge­macht werden. Da haben die Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten in unserer gemein­sa­men Frakti­on ein erheb­li­ches Mitspra­che­recht», sagte er.

Laschet bekräf­tig­te die Verab­re­dung, dass er bis Pfings­ten den Präsi­di­en von CDU und CSU gemein­sam mit CSU-Chef Söder einen Vorschlag präsen­tie­ren werde. «Wir werden nach dem Krite­ri­um entschei­den, wer die größten Aussich­ten hat, in ganz Deutsch­land die Wahl zu gewin­nen», sagte der nordrhein-westfä­li­sche Regie­rungs­chef am Diens­tag im ZDF-«Morgenmagazin». Auch werde danach entschie­den, welche Idee mit dem Wahlpro­gramm verbun­den sei. Er habe ja schon erste Vorschlä­ge vorge­legt für die schwie­ri­ge Zeit nach der Pande­mie, mit womög­lich hoher Arbeits­lo­sig­keit und Staats­ver­schul­dung. «Wer da zum Programm passt, mit dem CDU und CSU in diese Wahl hinein­ge­hen, der wird dann auch der Kandi­dat werden», sagte der CDU-Vorsitzende.

Weder Laschet noch Söder haben ihre Kanzler­kan­di­da­tur bisher offizi­ell angemel­det. Laschet wird als Chef der großen Unions­par­tei allge­mein das erste Zugriffs­recht zugespro­chen. Söder betont regel­mä­ßig, sein Platz sei in Bayern — aber auch ihm werden Kanzler-Ambitio­nen nachge­sagt. Die Bundes­tags­wahl ist am 26. September.