BERLIN (dpa) — Eine Mehrheit der Deutschen macht sich Sorgen wegen des Klima­wan­dels — und viele machen sich Gedan­ken, wie die Umwelt besser geschützt werden kann. Doch die Studie zeigt noch etwas anderes.

Die Jeans aus dem Online­shop oder die Plastik­ver­pa­ckung um die Äpfel aus dem Super­markt: Viele alltäg­li­che Dinge sind schlecht für die Umwelt — und bleiben nicht ohne Folgen für das Klima.

Das ist einer Studie zufol­ge auch den meisten Bürge­rin­nen und Bürgern in Deutsch­land bewusst. Demnach steht bei den Befrag­ten die Bekämp­fung von Plastik­müll in der Natur ganz oben auf der Liste der umwelt­po­li­ti­schen Maßnah­men: 75 Prozent hält dies für eine zentra­le Aufga­be der Politik, heißt es in der Umwelt­be­wusst­seins­stu­die 2022 von Umwelt­bun­des­amt (UBA) und Bundes­um­welt­mi­nis­te­ri­um (BMUV).

Bekämp­fung von Plastik­müll Priorität

«In Griechen­land wollte ich zu einer Insel fahren», berich­te­te eine der Befrag­ten. «Das ganze Meer war voller weißer Plastik­tü­ten. Sowas habe ich noch nie gesehen in meinem Leben. Da war ich geschockt.»

Allein die Vermül­lung der Meere durch Plastik ist zu einem enormen Problem gewor­den, das Umwelt, Tieren und Menschen schadet. Wissen­schaft­ler schät­zen, dass global etwa zwischen 4,8 und 12,7 Millio­nen Tonnen Plastik­müll pro Jahr in den Meeren landen. Das entspricht ungefähr einer Lkw-Ladung pro Minute.

Neben der Bekämp­fung von Plastik­müll messen die Studi­en­teil­neh­mer einer weite­ren Maßnah­me große Bedeu­tung zu: Gut zwei Drittel sehen es demnach als sehr wichtig an, Wälder zu Misch­wäl­dern umzubau­en, die gegen Trocken­heit robust sind. Die Verfas­se­rin­nen und Verfas­ser der Studie gehen davon aus, dass dies vermut­lich auch auf die Waldbrän­de im Befra­gungs­zeit­raum — im Juni vergan­ge­nes Jahr — zurück­zu­füh­ren ist.

Mehrheit sieht starke Auswir­kun­gen des Klimawandels

Insge­samt macht sich ein Großteil der Bürge­rin­nen und Bürger in Deutsch­land Sorgen wegen der Folgen der Klima­kri­se. So nehmen 85 Prozent der Befrag­ten bereits sehr starke oder starke Auswir­kun­gen des Klima­wan­dels in Form von anhal­ten­der Trocken­heit, Niedrig­was­ser und Dürren wahr, heißt es in dem Papier.

Das führt offen­bar auch zu einem Umden­ken mit Blick auf das Wirtschafts­sys­tem: «Es gibt ein Grund­ge­fühl, wir haben wirklich was in Ordnung zu bringen», sagte UBA-Präsi­dent Dirk Messner bei der Vorstel­lung der Studie in Berlin. «Nur 20 Prozent der Bevöl­ke­rung stimmen der Aussa­ge zu, wir brauchen mehr Wachs­tum, auch wenn das auf Kosten der Umwelt geht», sagte er weiter. Und 74 Prozent der Befrag­ten seien davon überzeugt, dass in den Indus­trie­län­dern die Grenzen der Ökosys­te­me durch die Art und Weise, wie wir wirtschaf­ten und konsu­mie­ren, überschrit­ten sind.

Von Folgen des Klima­wan­dels wie Hitze­pe­ri­oden oder Überschwem­mun­gen fühlen sich nicht alle gleicher­ma­ßen stark betrof­fen. Hier zeigt sich eine Schere mit Blick auf Einkom­men und Bildung: 61 Prozent der Gering­ver­die­nen­den und 59 Prozent der Befrag­ten mit einfa­cher Bildung geben in der Studie an, dass sie (sehr) starke Auswir­kun­gen des Klima­wan­dels auf Gesund­heit und Wohlbe­fin­den spüren. Demge­gen­über empfin­den dies nur 47 Prozent der Menschen mit sehr hohem Einkom­men und 46 Prozent der Menschen mit sehr hoher Bildung so.

Die Autoren und Autorin­nen der Studie vermu­ten, dass sozial schlech­ter gestell­te Menschen von Umwelt­pro­ble­men oftmals stärker betrof­fen sind und daher auch unter Folgen des Klima­wan­dels, die sich auf die Gesund­heit auswir­ken — wie Hitze und Luftver­schmut­zung — stärker leiden. Auch der Sachver­stän­di­gen­rat für Umwelt­fra­gen hatte kürzlich in einem Gutach­ten beschei­nigt, dass sozial benach­tei­lig­te Menschen beson­ders gefähr­det sind zu erkran­ken. Sie seien beispiels­wei­se überdurch­schnitt­lich oft Lärm und Luftschad­stof­fen ausge­setzt, die vom Straßen­ver­kehr verur­sacht werden.

Sorge um sozia­le Folgen des Klimaschutzes

Doch trotz des insge­samt hohen Bewusst­seins für Umwelt­schutz zeigt die Studie auch, dass die Befrag­ten Sorge um ihren sozia­len Status haben. So befürch­ten drei Viertel der Befrag­ten, dass die ökolo­gi­sche Trans­for­ma­ti­on die Schere zwischen Arm und Reich in Deutsch­land vergrö­ßert. «40 Prozent sagen, mein eigener sozia­ler Status ist durch Klima­po­li­tik und Nachhal­tig­keits­po­li­tik bedroht», sagte Messner. Nur 35 Prozent gingen davon aus, dass Klima­schutz und der Wirtschafts­um­bau der Wirtschaft und der Wettbe­werbs­fä­hig­keit guttun. Das zeige ganz deutlich, dass Klima­schutz und sozia­le Entwick­lung eng mitein­an­der verbun­den werden müssten, so Messner. Das sei der Auftrag, der von dieser Studie für die Politik ausgehe.

Von Stella Venohr, dpa