Reist man durch Deutsch­land, sieht man sich sehr unter­schied­li­chen Corona-Regeln gegen­über. Viele Bürger verun­si­chert das. Merkel dringt auch mehr Einheit­lich­keit — und will die Regeln keines­falls lockern.

Zugleich ist es ganz offen­sicht­lich das Ziel von Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU), dass die Länder wieder zu einem abgestimm­ten und regio­nal angepass­ten Handeln zurück­keh­ren. Zum Auftakt ihrer Beratun­gen mit den Minis­ter­prä­si­den­ten der Länder am Donners­tag forder­te Merkel nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur ein Signal der einheit­li­chen Maßstä­be bei der Bekämp­fung, trotz unter­schied­li­cher Infektionslagen.

In den vergan­ge­nen Wochen war immer mehr Unver­ständ­nis über zum Teil deutlich ausein­an­der­lie­gen­de Vorschrif­ten etwa im Umgang mit dem Schul­be­ginn, priva­ten Feiern oder Großver­an­stal­tun­gen in den einzel­nen Ländern laut gewor­den. Zuletzt hatte Merkel mit den Länder­re­gie­rungs­chefs am 17. Juni gemein­sam über Maßnah­men gegen die Corona-Pande­mie beraten.

In einer Beschluss­vor­la­ge des Bundes für die Runde heißt es jetzt, bei der Pande­mie­be­kämp­fung müsse «berück­sich­tigt werden, dass es regio­nal sehr unter­schied­li­che Infek­ti­ons­ge­sche­hen gibt. Hohe Infek­ti­ons­zah­len erfor­dern und legiti­mie­ren andere Maßnah­men als niedri­ge Infek­ti­ons­zah­len.» Deshalb bedeu­te ein abgestimm­tes Handeln, «dass nach gleichen Prinzi­pi­en, aber immer angepasst an das regio­na­le Infek­ti­ons­ge­sche­hen gehan­delt wird».

Das Ziel eines abgestimm­ten und regio­nal angepass­ten Handelns findet sich in mehre­ren Punkten der Vorla­ge wieder. So heißt es zur Teststra­te­gie, die Jugend- und Famili­en­kon­fe­renz sowie die Kultur­mi­nis­ter­kon­fe­renz sollten unter Berück­sich­ti­gung der verfüg­ba­ren Testka­pa­zi­tä­ten mit der Gesund­heits­mi­nis­ter­kon­fe­renz ein Konzept für die geziel­te Testung in Bildungs- und Betreu­ungs­ein­rich­tun­gen abstimmen.

Im Passus zum Schul­be­trieb wird zudem betont: «Für die breite Akzep­tanz der Hygie­ne­vor­schrif­ten im Schul­be­trieb ist es wesent­lich, dass diese bundes­weit vergleich­ba­ren Maßstä­ben folgen.» Deshalb werde die Kultus­mi­nis­ter­kon­fe­renz gebeten, sich beson­ders im Hinblick auf die Masken­pflicht im Kontext des Schul­be­trie­bes auf einheit­li­che Maßstä­be zu verstän­di­gen und dabei eine Diffe­ren­zie­rung nach Regio­nen anhand der Infek­ti­ons­ra­ten vorzu­neh­men. Auch bei Feier­lich­kei­ten im Famili­en- oder Freun­des­kreis seien als Rahmen­vor­ga­be einheit­li­che Regelun­gen unumgänglich.

In der Vorla­ge wird auch vor einer eher noch weiter steigen­den Zahl von Neuin­fek­tio­nen im Herbst und Winter gewarnt. Der Anstieg in den Sommer­mo­na­ten sei deshalb so erst zu nehmen, «weil die im Sommer verstärk­ten Aktivi­tä­ten im Freien eine Eindäm­mung des Virus eigent­lich eher begüns­ti­gen, während damit zu rechnen ist, dass mit dem Beginn der kalten Jahres­zeit die Infek­ti­ons­ri­si­ken eher steigen». Beson­ders begüns­tigt werde die Ausbrei­tung des Virus weiter­hin in Gemein­schafts­un­ter­künf­ten, bei Veran­stal­tun­gen und Feiern sowie durch die urlaubs­be­ding­te Mobilität.

Nach der Vorla­ge will die Kanzle­rin unter anderem durchsetzen,

- dass bei Verstö­ßen gegen die MASKENPFLICHT ein Bußgeld von mindes­tens 50 Euro erhoben wird. In einigen Bundes­län­dern wird derzeit noch kein Bußgeld erhoben — etwa in Branden­burg, Sachsen, Sachsen-Anhalt oder dem Saarland. In Hamburg, Nieder­sach­sen und Rhein­land-Pfalz kommen Masken­ver­wei­ge­rer aktuell noch günsti­ger davon, hier müsste dann das Bußgeld nach oben angepasst werden.

- GROSSVERANSTALTUNGEN wie Volks­fes­te, größe­re Sport­ver­an­stal­tun­gen mit Zuschau­ern, größe­re Konzer­te, Festi­vals oder Dorf-Schüt­zen­fes­te sollen nach Vorstel­lun­gen der Regie­rungs­chefin bis mindes­tens 31. Dezem­ber 2020 verbo­ten bleiben. Ausnah­men könne es in Regio­nen mit sehr gerin­gen Infek­ti­ons­zah­len geben.

Über die Zulas­sung von WEIHNACHTSMÄRKTEN und KARNE­VALs­ver­an­stal­tun­gen will Merkel erst später entschei­den. Das müsse heute nicht gesche­hen, sagte sie nach dpa-Infor­ma­tio­nen in den Beratun­gen mit den Ministerpräsidenten.

Der FUSSBALL-BUNDESLIGA drohen indes­sen bis zum Jahres­en­de Spiele vor leeren Zuschau­er­rän­gen. Dieses Verbot würde neben den Fußball­clubs von der Bundes­li­ga bis zur Regio­nal­li­ga auch die Spitzen­ver­ei­ne im Handball, Basket­ball und Eisho­ckey sowie weite­re stark von Zuschau­er-Einnah­men abhän­gi­ge Sport­ar­ten empfind­lich treffen.

- FEIERN im Privat­be­reich sollen demnach auf 25 Teilneh­mer beschränkt werden. Bevor­zugt sollten diese Zusam­men­künf­te im Freien abgehal­ten werden. Bei priva­ten Veran­stal­tun­gen und Feiern außer­halb des Privat­be­reichs sollten aus Sicht des Bundes künftig 50 Teilneh­mer erlaubt sein. Nur in Hamburg gibt es derzeit eine vergleich­bar stren­ge Regelung.

- Zudem will Merkel bei REISEN ins Ausland die kosten­lo­sen CORONA-TESTS für Einrei­sen­de aus Nicht-Risiko­ge­bie­ten nach den Sommer­fe­ri­en mit dem 15. Septem­ber beenden. In der Beschluss­vor­la­ge wird darauf hinge­wie­sen, dass Reise­rück­keh­rer aus Risiko­ge­bie­ten in jedem Fall verpflich­tet seien, sich unver­züg­lich für 14 Tage nach ihrer Einrei­se in Quaran­tä­ne zu begeben.

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) hatte vorge­schla­gen, die kosten­lo­sen Tests nach der Sommer­rei­se­sai­son abzuschaf­fen, am Mittwoch hatte er diesen Vorschlag erneut vertei­digt. Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) forder­te vor den Beratun­gen eine länger­fris­ti­ge Planung. «Es wär mal gut, wenn wir versu­chen, jetzt ein langfris­ti­ges Manage­ment zu entwi­ckeln», sagte er mit Blick auf den Umgang mit Reise­rück­keh­rern aus Risiko­ge­bie­ten im ZDF-«Morgenmagazin». Labore und Gesund­heits­diens­te bräuch­ten eine länger­fris­ti­ge Perspek­ti­ve für ihre Arbeit.

Die Zahl der tägli­chen Neuin­fek­tio­nen in Deutsch­land, die zeitwei­se bei deutlich unter 1000 lag, war in den vergan­ge­nen Wochen wieder gestie­gen. Nach Angaben des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) vom frühen Donners­tag­mor­gen wurden aktuell 1507 neue Corona-Infek­tio­nen gemel­det. Am Tag zuvor waren es 1576 gewesen. Am Samstag war mit 2034 neuen Fällen erstmals seit Ende April die 2000er-Marke überschrit­ten worden.