BERLIN (dpa) — Es liege ihm fern, Ukraine-Flüchtlinge, die mit einem «harten Schicksal» konfrontiert seien, zu kritisieren, beteuert der CDU-Chef. Die SPD nimmt Merz das nicht ab — und sieht Parallelen zur AfD.
CDU-Chef Friedrich Merz hat sich für seine Wortwahl eines «Sozialtourismus» von Ukraine-Flüchtlingen entschuldigt. «Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung», twitterte Merz.
Zu seinen Äußerungen über die Flüchtlinge aus der Ukraine gebe es viel Kritik, erklärte Merz und ergänzte: «Ich bedaure die Verwendung des Wortes “Sozialtourismus”. Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems.»
Merz schrieb, sein Hinweis «galt ausschließlich der mangelnden Registrierung der Flüchtlinge. Mir lag und liegt es fern, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren.»
Umstrittener Auftritt bei Bild TV
Merz hatte Bild TV am Montagabend gesagt: «Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine.»
Der Hintergrund laut Merz: Anfangs hatten Ukraine-Flüchtlinge Anspruch auf Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz — seit Juni erhalten sie Grundsicherung, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger, und sind damit besser gestellt.
CDU um Schadensbegrenzung bemüht
Auch Parteifreunde von Merz bemühen sich inzwischen um Schadensbegrenzung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte: Merz habe eine «sicherlich sehr zugespitzte Formulierung» verwandt, «um auf ein Problem hinzuweisen, dass hier möglicherweise besteht».
Er räumte ein, «dass man den Begriff falsch verstehen kann». Es lägen ihm keine entsprechenden Zahlen vor, die die Lage abschließend bewerten könnten, so der CDU-Politiker.
Die «Unwort»-Jury einiger Sprachwissenschaftler hatte das Wort «Sozialtourismus» im Jahr 2013 zum Unwort des Jahres bestimmt. Es «diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu», hieß es damals zur Begründung.
SPD: «Das kennen wir bislang nur von der AfD»
Kritik an Merz kommt indes von der SPD. «Er will bewusst einen politischen Kulturkampf vom Zaun brechen und mit immer neuen Grenzverschiebungen den Diskurs nach rechts verschieben», kritisiert die parlamentarische Geschäftsführerin Katja Mast. «Das kennen wir bislang nur von der AfD», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Dass Merz sich danach aus ihrer Sicht «halbherzig» von seinen Äußerungen distanziert habe, sei «nicht mehr als die übliche Masche».
FPD kritisiert Merz-Aussagen als «absolut deplatziert»
Der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Christian Dürr, bezeichnete die Aussagen von Merz über «Sozialtourismus» als «absolut deplatziert». Dürr sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die Menschen aus der Ukraine kommen zu uns, weil sie vor Putins brutalem Krieg fliehen. Viele von ihnen haben alles verloren und bangen um ihre Angehörigen.»
Und weiter: «Ich habe geflüchtete Frauen und Kinder getroffen, die teilweise unter Lebensgefahr zurück in die Ukraine fahren, um ihre Ehemänner oder Väter wiederzusehen. Dass ausgerechnet der Vorsitzende der Christdemokraten diesen Menschen Sozialtourismus unterstellt, kann ich nicht nachvollziehen. Herr Merz gefährdet mit solchen Narrativen die gesellschaftliche Unterstützung für die Ukraine.»