WASHINGTON (dpa) — Rund um den Flugha­fen von Kabul hat es zwei Anschlä­ge gegeben. Dabei sind mindes­tens sechs Menschen ums Leben gekom­men. Zahlrei­che wurden verletzt — auch Ameri­ka­ner sollen unter den Opfern sein.

Bei einem Anschlag am Flugha­fen Kabul sind der Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on Emergen­cy zufol­ge mindes­tens sechs Menschen getötet worden. Mehr als 60 weite­re seien verletzt worden, teilte Emergen­cy auf Twitter mit.

Die Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on betreibt ein Kranken­haus vor Ort und berich­te­te, dass sechs Menschen tot in ihre Klinik einge­lie­fert worden seien.

Vor dem Flugha­fen hat es nach ersten Erkennt­nis­sen zwei Explo­sio­nen gegeben — eine an einem der Flugha­fen­to­re und eine bei einem nahe gelegen Hotel. Das US-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um berich­te­te, dass bei der Explo­si­on an einem der Flugha­fen­to­re auch Ameri­ka­ner zu Schaden gekom­men seien. Der Sprecher des US-Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums, John Kirby, schrieb auf Twitter von einer «komple­xen Attacke». Eine Zahl von Toten oder Verletz­ten nannte er nicht. Kirby bestä­tig­te die weite­re Explo­si­on am Hotel.

Ein auf Twitter geteil­tes Bild, das offen­bar vom Inneren des Flugha­fen­ge­län­des aufge­nom­men wurde, zeigte eine große Rauch­wol­ke. Der lokale Fernseh­sen­der ToloNews veröf­fent­lich­te auf Twitter Bilder, auf denen zu sehen ist, wie Verletz­te in Schub­kar­ren trans­por­tiert werden. Ein Augen­zeu­ge erzähl­te dem TV-Sender die Explo­si­on sei sehr stark gewesen. Manche Menschen seien ins Wasser gefal­len – an einem Gate ist ein langer Wasser­gra­ben – und mehre­re auslän­di­sche Solda­ten seien zu Boden gefal­len. Er habe auch Tote gesehen.

Der gut vernetz­te afgha­ni­sche Journa­list Bilal Sarwa­ri schrieb auf Twitter, ein Selbst­mord­at­ten­tä­ter habe sich in einer großen Menschen­men­ge in die Luft gesprengt. Mindes­tens ein weite­rer Angrei­fer habe danach das Feuer eröff­net. Sarwa­ri berief sich auf mehre­re Augen­zeu­gen in dem Gebiet.

Nach der Explo­si­on hätten US-Solda­ten an einem anderen Flugha­fen­ga­te Tränen­gas einge­setzt, um die Menschen ausein­an­der zu treiben, sagte ein Bewoh­ner Kabuls, der an diesem Gate war. Er schätz­te, zu dem Zeitpunkt seien dort 2000 bis 4000 Menschen gestan­den. Mehre­re Frauen und Mädchen seien durch das Tränen­gas verletzt worden.

Es gab Warnun­gen vor Anschlägen

Die Sicher­heits­la­ge rund um den Flugha­fen hatte sich in den vergan­ge­nen Stunden noch einmal deutlich zugespitzt. Die deutsche Botschaft in Afgha­ni­stan und andere Stellen hatten vor einer Terror­ge­fahr gewarnt. Die US-Botschaft hatte US-Bürger, die sich am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhiel­ten, in der Nacht zu Donners­tag dazu aufge­ru­fen, das Gebiet «sofort» zu verlas­sen. Großbri­tan­ni­ens Staats­se­kre­tär im Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um, James Heappey, sprach noch am Donners­tag­mor­gen von der Drohung eines «ernst­haf­ten, unmit­tel­ba­ren, tödli­chen Angriffs» binnen Stunden auf den Flugha­fen oder die von westli­chen Truppen genutz­ten Zentren.

Seit der Macht­über­nah­me der militant-islamis­ti­schen Taliban versu­chen Tausen­de Menschen, aus Afgha­ni­stan zu fliehen. Seit mehr als einer Woche versam­meln sie sich rund um verschie­de­ne Eingän­ge des Flugha­fens, um auf einen Evaku­ie­rungs­flug zu kommen. Dabei herrsch­ten rund um den Flugha­fen drama­ti­sche Zustän­de — mehre­re Menschen sind ums Leben gekommen.

Selbst­mord­at­ten­tä­ter vom IS in Kabul

Die Bundes­wehr hatte bereits am Diens­tag berich­tet, das zuneh­mend poten­zi­el­le Selbst­mord­at­ten­tä­ter der Terror­or­ga­ni­sa­ti­on Islami­scher Staat in Kabul unter­wegs seien. Ähnlich hatte sich US-Präsi­dent Joe Biden geäußert. Praktisch täglich versu­che ein örtli­cher Ableger des IS, den Flugha­fen anzugrei­fen, hatte er erklärt. Die Terror­mi­liz sei auch ein «erklär­ter Feind» der Taliban. Biden begrün­de­te unter anderem mit dieser Terror­ge­fahr auch sein Festhal­ten an dem Plan, die US-Truppen bis zum 31. August aus Afgha­ni­stan abzuziehen.

Einige inter­na­tio­na­le Partner hatten die USA zu einer Verlän­ge­rung des Einsat­zes aufge­for­dert, um noch mehr Zeit für die Evaku­ie­run­gen zu haben. Der Militär­ein­satz ist von den US-Truppen abhän­gig. Taliban-Kämpfer sollen an ihren Kontroll­stel­len im Umfeld des Flugha­fens bereits mehre­re Atten­tä­ter der Terror­mi­liz Islami­scher Staat (IS) abgefan­gen und getötet haben, heißt es aus Militär­krei­sen. Die Taliban haben Mitte August die Macht in Afgha­ni­stan an sich gerissen.