Die Ideal­fi­gur errei­chen — das ist der Traum vieler Menschen. Sie testen Diäten, wälzen Ernäh­rungs­rat­ge­ber und leben nach stren­gen Essens­re­geln. Doch es geht auch ganz anders.

Heidi Rabbach wollte dünn sein — und zwar unter allen Umstän­den. Dabei war sie gar nicht dick. «Es wurde mir aber sugge­riert, weil ich nicht die Rehbein­chen hatte wie viele andere Mädchen. Ich entsprach nicht dem Schlank­heits­ide­al und war deshalb todunglücklich.»

Heidi Rabbach teste­te alles aus, um ihren Körper zu verän­dern — Low Carb, Reista­ge, Kapseln. Was blieb, war der übermäch­ti­ge Wunsch nach Kuchen, den sie sich konse­quent verbat.

Ihre stren­gen Ernäh­rungs­re­geln zeigten tatsäch­lich Erfolg. Als Erwach­se­ne hatte sie es geschafft: Sie passte in die Kleider­grö­ße 38. Doch glück­lich war sie trotz­dem nicht. «Ich war auf Dauer­di­ät und merkte schnell, dass ich das nicht durch­hal­ten kann und möchte», erinnert sich die heute 40-Jähri­ge aus Solingen.

Abneh­men muss keine Qual sein

So wie Heidi Rabbach geht es unzäh­li­gen Menschen — und eine Flut von Diät- und Ernäh­rungs­bü­chern verspricht ihnen den schnel­len Weg zum Traum­ge­wicht. Funktio­niert Abneh­men tatsäch­lich nur mit Qual, Diszi­plin und lebens­lan­ger Diät?

«Nein», meint Marei­ke Awe, Ärztin und Autorin des Buches «Wohlfühl­ge­wicht». Sie ist Vertre­te­rin des sogenann­ten intui­ti­ven Essens, einem Ernäh­rungs­an­satz, der sämtli­che Regeln über Bord wirft.

«Beim intui­ti­ven Essen geht es darum, auf den eigenen Körper zu hören. Er sagt uns ganz genau, was wir brauchen und was nicht», sagt Awe. Das Prinzip beschreibt sie folgen­der­ma­ßen: «Iss, wenn du hungrig bist und iss das, worauf du Lust hast.» Es sei in Ordnung, wenn das auch mal Kohlen­hy­dra­te und Fett seien. «Genie­ße dein Essen bewusst und höre bei angeneh­mer Sätti­gung auf.» Von Diätre­geln hält die Ärztin aus Düssel­dorf nichts. Da sei die Gefahr groß, in einem Teufels­kreis aus Verzicht und Fress­an­fäl­len zu landen.

Wenn das Verlan­gen kleiner wird

Heidi Rabbach ist durch Zufall auf das intui­ti­ve Essen aufmerk­sam gewor­den und gab der für sie völlig neuen Metho­de eine Chance. «Am Anfang war es nicht leicht, meinem Bauch­ge­fühl zu vertrau­en», verrät sie. «Ich aß erstmal all das, was ich mir jahre­lang verbo­ten habe und nahm dann auch entspre­chend zu.» Doch es dauer­te nicht lange, bis sie Süßes satthat­te. «Als ich anfing, bewusst zu essen, spürte ich, dass mein riesi­ges Verlan­gen nach bestimm­ten Lebens­mit­teln kleiner wurde. Einiges davon schmeckt mir heute nicht mal mehr.»

Achtsam essen und die Signa­le des Körpers spüren — dafür plädiert auch Nils Altner, der als Bildungs- und Gesund­heits­wis­sen­schaft­ler am Lehrstuhl für Natur­heil­kun­de und Integra­ti­ve Medizin der Univer­si­tät Duisburg-Essen tätig ist. «Es wäre schön, wenn wir lernten, wieder auf unseren inneren Kompass zu hören», findet der Experte.

Aber wie geht das? Wie schaf­fen wir es, den gut gefüll­ten Teller mit Lecke­rei­en eben nicht ratze­kahl leer zu essen, obwohl wir doch eigent­lich schon satt sind?

«Indem wir uns Zeit für unser Essen nehmen und es als eine vollwer­ti­ge Tätig­keit betrach­ten», sagt Ärztin Marei­ke Awe. Als Übung empfiehlt sie, eine Mahlzeit mal so richtig zu zelebrie­ren. «Wichtig dabei ist, sich nur darauf zu konzen­trie­ren, Ablen­kung zu vermei­den und zwischen­durch auch mal Messer und Gabel zur Seite zu legen.» So spüre man, wann das Sätti­gungs­ge­fühl tatsäch­lich einsetze.

Manch­mal stehen auch die Hürden des Alltags im Weg. Was ist etwa, wenn der Hunger sich nicht zum verab­re­de­ten Termin einstellt? Awe beruhigt: «Mit etwas Übung lässt sich das planen.» Wird zum Beispiel um 18 Uhr mit der gesam­ten Familie geges­sen und man hat schon eine Stunde früher Hunger, könne man das etwa mit ein paar Nüssen oder einem anderen kleinen Snack überbrü­cken, schlägt Awe vor. Danach könne man sich auf die gemein­sa­me Mahlzeit freuen.

Näher dran am Wohlfühlgewicht

Sich aufs Essen freuen — für Heidi Rabbach war das ein langsa­mer Prozess. Und dazu gehör­te nicht nur, alte Verbo­te aus dem Leben zu werfen, sondern auch, ihr Schön­heits­ide­al zu überdenken.

«Ich habe mich freige­macht von dem Ziel, die vermeint­lich perfek­te Figur zu errei­chen», sagt die Stress­ma­nage­ment-Traine­rin, die auf ihrem Blog « Einfachmaleinfach.de» über intui­ti­ves Essen schreibt. «Mit dieser Freiheit im Kopf und dem ungezwun­ge­ne­ren Essver­hal­ten verlor ich nach und nach auf natür­li­che Art die überflüs­si­gen Kilos und kam meinem Wohlfühl­ge­wicht näher.»