DORTMUND (dpa) — Das sport­li­che Gesche­hen gerät in den Hinter­grund. Das Verlet­zungs­pech von Mateu Morey dämpft beim BVB die Freude über das deutli­che 5:0 gegen Holstein Kiel und den 10. Einzug in das Pokal-Endspiel.

Der Schock über die Schmer­zens­schreie von Mateu Morey wirkte bei allen Betei­lig­ten noch lange nach. Obwohl Borus­sia Dortmund mit dem 5:0 (5:0)-Kantersieg über Bayern-Bezwin­ger Holstein Kiel ins Pokal-Finale spaziert war, herrsch­te nach dem Schluss­pfiff ungewohn­te Stille.

Aus Sorge um den 21 Jahre alten Spani­er verspür­te niemand Lust auf Jubel und Freuden­tän­ze. Auch Edin Terzic konnte den größten Erfolg seiner noch jungen Trainer­kar­rie­re nicht wirklich genie­ßen: «Bis zur 75. Minute war das ein perfek­ter Abend für uns. Aber wenn man so einen fantas­ti­schen Jungen auf dem Boden sieht, trübt das natür­lich den ganzen Abend.»

Morey wird dem BVB lange fehlen. «Es ist eine schwe­re Band- und Kapsel­ver­let­zung. Weite­re Diagno­sen werden heute und morgen noch statt­fin­den. Aber der Junge wird lange ausfal­len und in Berlin nicht dabei sein. Das wird ein Grund mehr sein, diesen Titel zu holen», sagte BVB-Lizenz­spie­ler­chef Sebas­ti­an Kehl in der Sport1-Sendung «Doppel­pass».

Das Verlet­zungs­pech des 21 Jahren alten Morey, der sich nur wenige Minuten nach seiner Einwechs­lung in einem Laufdu­ell Kiels Finn Porath verletz­te, nahm sowohl den Dortmun­dern als auch den Kielern den Spaß am Weiter­spie­len. «Schön, wir fahren nach Berlin. Aber das tut jedem in der Mannschaft weh. Unsere Gedan­ken sind bei ihm», kommen­tier­te Natio­nal­spie­ler Emre Can das Missge­schick seines spani­schen Teamkollegen.

Auch dem angeschla­ge­nen Erling Haaland, der aufgrund einer Oberschen­kel­b­les­sur voraus­sicht­lich noch bis Mitte der Woche pausie­ren muss und deshalb auf der Tribü­ne saß, fuhr der Schreck in die Glieder. Nach Betrach­ten der schlim­men TV-Bilder schlug er die Hände vors Gesicht — wie viele seine Mitspie­ler zuvor auf dem Rasen.

Die Hoffnung, dass Morey die zweite schwe­re Kniever­let­zung seiner Karrie­re erspart bleibt, ist nur gering. «Man muss ganz ehrlich sagen, dass es nicht so gut aussah. Das überschat­tet den Sieg», kommen­tier­te Kapitän Marco Reus, der in seiner Karrie­re selbst von diver­sen schwe­ren Verlet­zun­gen zurück­ge­wor­fen worden war. Noch vor dem Schluss­pfiff war Morey bereits auf dem Weg ins Kranken­haus. «Wir hoffen, dass seine Familie ihn wenigs­tens im Kranken­haus zu diesen Corona-Zeiten besuchen darf», sagte Terzic.

Der famose Auftritt der Borus­sia vor allem in der ersten Halbzeit mit Toren von Giovan­ni Reyna (16./23. Minute), Marco Reus (27.), Thorgan Hazard (32.) und Jude Belling­ham (42.) geriet zur Randno­tiz. Auch ohne Torjä­ger Haaland traf sie nach Belie­ben. «Fast jeder Torschuss war drin, dann haben wir uns in einen Flow gespielt», befand Reus.

Der Sieg beschert dem BVB am 13. Mai in Berlin ein reizvol­les Duell mit Leipzig um die Rolle als zweite Kraft im deutschen Fußball hinter Branchen­füh­rer München. Dass beide Teams bereits fünf Tage zuvor in der Bundes­li­ga aufein­an­der­tref­fen, verleiht dem Kräfte­mes­sen zusätz­li­che Brisanz. Terzic machte aus seinem Respekt vor dem Tabel­len­zwei­ten keinen Hehl: «Es ist ein brutal guter Gegner.»

Die kniff­li­ge Lage des Revier­clubs, der sich in der Meister­schaft als Tabel­len­fünf­ter keine weite­ren Rückschlä­ge erlau­ben darf, verbie­tet takti­sche Versteck­spiel­chen vor dem Pokal­fi­na­le. «Wenn wir in die Champi­ons League wollen, müssen wir alle Spiele gewin­nen», sagte Reus voller Hoffnung auf den fünften Bundes­li­ga-Sieg in Serie.

Der jüngs­te Aufwärts­trend schürt in Dortmund die Hoffnung auf ein Happy End. So ist der Rückstand auf Eintracht Frank­furt auf nur einen Punkt geschmol­zen, und auch der Dritte aus Wolfs­burg liegt nur noch zwei Zähler entfernt. Kehl verspürt bei den Konkur­ren­ten «eine gewis­se Nervo­si­tät»: «Wir sind in der Rolle des Jägers gut dran. Die Lust, noch mindes­tens eine Mannschaft abzufan­gen, ist sehr groß.»

Bei aller Vorfreu­de auf das Finale nahm Kehl eine Priori­sie­rung vor: «Wir wollen die Champi­ons League und den Pokal. Aber die Champi­ons League spielt für uns als Verein eine deutlich wichti­ge­re Rolle. Wenn wir mit einem blauen Auge davon­kä­men, wäre es gut.»

Von Heinz Büse, dpa