Die Frau des Fotogra­fen Helmut Newton ist gestor­ben. Er starb bei einem Unfall mit 83 Jahren. Sie wurde weitaus älter als er.

BERLIN (dpa) — Sie war die Frau, Muse und Manage­rin von Foto-Legen­de Helmut Newton — aber sie war noch viel mehr: Unter dem Künst­ler­na­men Alice Springs machte June Newton eine eigene Karrie­re als Fotogra­fin und Porträ­tis­tin der Großen und Schönen dieser Welt.

Mit 97 Jahren ist die gebür­ti­ge Austra­lie­rin am Freitag in ihrer Wahlhei­mat Monte Carlo gestorben.

«Wir trauern um eine heraus­ra­gen­de Persön­lich­keit und eine inter­na­tio­nal anerkann­te Fotogra­fien», hieß es in der Mittei­lung der Helmut Newton Founda­ti­on, deren Präsi­den­tin sie war. In dieser Funkti­on habe sie das Museum für Fotogra­fie in Berlin zu einem «einzig­ar­ti­gen Platz für Fotogra­fie» gemacht. «Wir werden sie sehr vermissen.»

Mit 24 Jahren hatte sie, damals noch June Browne und erfolg­rei­che Schau­spie­le­rin, in ihrer Geburts­stadt Melbourne einen jungen Fotogra­fen kennen­ge­lernt, der vor den Nazis aus Deutsch­land geflo­hen war. Ein Jahr später heira­te­te das Paar und blieb fast 60 Jahre zusam­men. 2004 starb Helmut Newton mit 83 Jahren nach einem Verkehrs­un­fall mit seinem Cadil­lac in Los Angeles.

Mit eigenen Fotoar­bei­ten begann sie erst 1970. Sie wohnten inzwi­schen in Paris, Helmut Newton hatte Grippe. Für den anste­hen­den Werbe­auf­trag einer franzö­si­schen Zigaret­ten­fir­ma ließ sie sich Kamera und Einstel­lun­gen erklä­ren — und legte statt seiner los.

Ihren Künst­ler­na­men Alice Springs fand sie eigenen Angaben zufol­ge, indem sie mit geschlos­se­nen Augen eine Steck­na­del auf eine austra­li­sche Landkar­te fallen ließ. Ihr Mann habe lieber gewollt, dass sie unter einem Pseud­onym arbei­te, sagte sie. Ihre Lebens­er­in­ne­run­gen nannte sie später gleich­wohl «Mrs. Newton».

Die Liste ihrer künst­le­ri­schen Porträts liest sich wie ein Who’s who der inter­na­tio­na­len Kultur­sze­ne durch die Jahrzehn­te — von Ives Saint Laurent und Karl Lager­feld über Billy Wilder, Cathe­ri­ne Deneuve und Nicole Kidman bis zu Madon­na und den Hells Angels.

1978 hat sie in Amster­dam ihre erste Einzel­aus­stel­lung, 1983 folgt der erste eigene Bildband. Daneben beglei­tet sie regel­mä­ßig auch die Arbeit ihres Mannes mit der Kamera und betreut seine Bücher und Katalo­ge als künst­le­ri­sche Direktorin.

Während Helmut Newton seine Fotos oft drama­tisch insze­niert, setzt sie auf den direk­ten Zugang zu ihren Figuren. «Ich habe mich jeweils bemüht, nichts an meinem Gegen­über zu verän­dern und seine Gedan­ken von der Tatsa­che abzulen­ken, dass es sich vor der Kamera befand», sagte sie 2010 in einem Gespräch mit der «Frank­fur­ter Allge­mei­nen Zeitung».

Nach dem Tod ihres Mannes gründet sie 2004 eine nach ihm benann­te Stiftung in Berlin. Zum zehnjäh­ri­gen Bestehen zeigte die Witwe nochmals die legen­dä­re Ausstel­lung «Us and Them», 1998 unter diesem Titel auch als Bildband erschie­nen. Das Paar dokumen­tiert darin in beispiel­lo­ser Offen­heit sein priva­tes und beruf­li­ches Zusam­men­le­ben. Neben intimen Selbst­stu­di­en gibt es zahlrei­che Porträt­paa­re, die den jeweils unter­schied­li­chen Blick der beiden auf ihre Protago­nis­ten deutlich machen.

Warum es so wenig Frauen in der kommer­zi­el­len Fotogra­fie gibt, wird sie einmal gefragt. «Ja, es gab und gibt ziemlich wenig Frauen in diesem Geschäft», antwor­tet sie. «Aber die meisten sind verdammt gut gewesen.»

Von Nada Weigelt und Chris­toph Zeiher, dpa