LAUPHEIM – Der Umbau des Lauphei­mer Museums zur „natio­nal bedeut­sa­men Kultur­ein­rich­tung“ hat begon­nen. Im Auftrag der Stadt Laupheim konzi­piert und reali­siert das Haus der Geschich­te Baden-Württem­berg bis Herbst 2023 eine neue Dauer­aus­stel­lung im Museum zur Geschich­te von Chris­ten und Juden. Eine App verbin­det darüber hinaus die Inhal­te elektro­nisch mit dem städti­schen Raum, und über ein Museums­la­bor soll die Lauphei­mer Bevöl­ke­rung aktiv mit dabei sein. Das einzig­ar­ti­ge Konzept erhält aus dem Bundes-Förder­pro­gramm „Inves­ti­tio­nen für natio­na­le Kultur­ein­rich­tun­gen in Deutsch­land“ 625.000 Euro. Insge­samt hat das Projekt ein Volumen von 1,565 Millio­nen Euro.

„Gerade in angespann­ten Zeiten, wie wir sie derzeit erleben, ist es wichtig, den Blick zu weiten. Die Neukon­zep­ti­on der Dauer­aus­stel­lung ist für Laupheim eine große Chance: Sie macht die wechsel­vol­len Bezie­hun­gen und die gemein­sa­me Geschich­te von Chris­ten und Juden erleb­bar“, sagte die Erste Bürger­meis­te­rin der Stadt, Eva-Britta Wind, bei einem Medien­ge­spräch am 13. Januar im Schloss Großlaup­heim. Sie verwies darauf, dass im Laupheim des 19. Jahrhun­derts die größte jüdische Gemein­de Württem­bergs lebte. „Es ist das Ziel, diesen gegen­sei­ti­gen Austausch, der Laupheim bis heute prägt, erfahr­bar zu machen und ihn jetzi­gen und künfti­gen Genera­tio­nen zu vermitteln.“

Als „einma­lig im deutsch­spra­chi­gen Raum“ bezeich­ne­te die Direk­to­rin des Hauses der Geschich­te Baden-Württem­berg, Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger, die entste­hen­de Ausstel­lung. „Das Museum zeigt einen neuen Blick auf die jüdische Geschich­te – integriert in die Geschich­te des Ortes. Von den Anfän­gen der jüdischen Gemein­de 1730 bis zur Gegen­wart stehen im Zentrum der neuen Dauer­aus­stel­lung Bezie­hungs­ge­schich­ten zwischen Mehrheit und Minder­heit. Sie erzäh­len von den Bedin­gun­gen, den Chancen und Erfol­gen, aber auch von der alltäg­li­chen Juden­feind­schaft und der Zerstö­rung jüdischen Lebens nach 1933.“

Das Museum wird Jüdin­nen und Juden nicht nur als Objek­te von Unter­drü­ckung, als Opfer von Hass und Verleum­dung oder als Verfolg­te zeigen. Sie sind dort vielmehr Akteu­re, Mitge­stal­ter des politi­schen, wirtschaft­li­chen, gesell­schaft­li­chen und kultu­rel­len Lebens. Die Ausstel­lung blickt aber auch auf die Zeit nach 1945, als Verdrän­gung und Verleug­nung über Jahrzehn­te den Umgang in Laupheim mit der Zerstö­rung jüdischen Lebens vor Ort prägten. Und es waren wieder Bezie­hungs­ge­schich­ten, die seit den 1980er Jahren neue Verbin­dun­gen und eine Erinne­rungs­kul­tur entste­hen ließen. 

„Die Fragen, die wir an die deutsch-jüdische Geschich­te stellen, sind immer aktuell: die Bedin­gun­gen von Zugehö­rig­keit, Teilha­be oder Ausgren­zung von Minder­hei­ten, der Hass auf das Fremde“, beton­te Projekt­lei­te­rin Dr. Corne­lia Hecht-Zeiler vom Haus der Geschich­te. „Wir möchten in der Ausstel­lung vielfäl­ti­ge Anknüp­fungs­punk­te für eine Diskus­si­on über die eigene Gegen­wart bieten.“ Mit dieser Aktua­li­tät und durch vielfäl­ti­ge Angebo­te ist geplant, ein breites Publi­kum für die Teilha­be und die Ausein­an­der­set­zung mit den Inhal­ten zu motivie­ren. Das Museum wird zudem als außer­schu­li­scher Lernort seine Vermitt­lungs­for­ma­te auswei­ten und Fortbil­dungs­mög­lich­kei­ten für Lehrkräf­te bieten. 

Das Museum soll über die Mauern des Schlos­ses hinaus wirken. Im Frühjahr 2022 startet das Museums­la­bor: In der Lauphei­mer Innen­stadt will das Projekt­team nicht nur das Ausstel­lungs­vor­ha­ben vorstel­len, sondern vor allem mit Menschen verschie­de­ner Commu­ni­ties ins Gespräch kommen, deren Perspek­ti­ven und Erfah­run­gen in die Arbeit mit einflie­ßen lassen. Mittel­fris­tig sollen im Museums­la­bor eigene Präsen­ta­tio­nen, Veran­stal­tun­gen und Ausstel­lun­gen entstehen.

Gemein­sam mit dem Berli­ner Büro „Chezweitz – musea­le und urbane Szeno­gra­fie“ entwi­ckelt das Haus der Geschich­te in den kommen­den Monaten die Gestal­tung der Ausstel­lung. Geschäfts­füh­rer Detlef Weitz: „Die Szeno­gra­fie erzählt die Geschich­te von Chris­ten und Juden in Laupheim auf neue, leben­di­ge und aktive Art und Weise. Es geht um Dialog und Austausch, das eigene Forschen und Erleben der Besucher*innen und das Weiter­schrei­ben einer komple­xen Bezie­hungs­ge­schich­te durch die Jahrhunderte.“

Derzeit werden nach dem Abbau der alten Ausstel­lung die Museums­räu­me renoviert, und das gesam­te Schloss erhält WLan, infor­mier­te Museums­lei­ter Dr. Micha­el Niemetz. „Das Museum kommt nun technisch und vor allem inhalt­lich auf einen neuen, innova­ti­ven Stand.“ Er freut sich, „dass die neue Dauer­aus­stel­lung auch Besucher­grup­pen über Stadt und Region hinaus anspricht. Auch dafür werden die Öffnungs­zei­ten des Hauses ausgeweitet.“