MÜNCHEN (dpa/lby) — Seit Monaten sind Theater und Opern­häu­ser geschlos­sen. Musiker sehen dadurch die Kunst­frei­heit verletzt — und wollen sich mit einer Entschei­dung des Bayeri­schen Verwal­tungs­ge­richts­ho­fes nicht zufrie­den geben.

Nach der Ableh­nung ihres Eilan­trags gegen die Schlie­ßung von Kultur­ein­rich­tun­gen in der Corona-Krise erwägt die Initia­ti­ve «Aufste­hen für die Kunst» weite­re juris­ti­sche Schrit­te — und sogar den Gang zum Europäi­schen Gerichts­hof für Menschen­rech­te. «Wir überle­gen in diese Richtung», sagte der Bariton Chris­ti­an Gerha­her, der die Initia­ti­ve gemein­sam mit anderen Musikern ins Leben gerufen hat, der Deutschen Presse-Agentur in München. Auch die Einschal­tung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­rich­tes sei für ihn denkbar. «Wenn Juris­ten über Kunst urtei­len und nicht verste­hen, was Kunst bedeu­tet, dann sehe ich die Freiheit der Kunst erschre­ckend gefährdet.»

Am Donners­tag hatte der Bayeri­sche Verwal­tungs­ge­richts­hof (VGH) den Eilan­trag mehre­rer Musiker der Initia­ti­ve gegen die pande­mie­be­ding­te Schlie­ßung von Theatern, Opern- und Konzert­häu­sern abgelehnt. «Der Eingriff in die Kunst- und Berufs­frei­heit der Antrag­stel­ler erwei­se sich im Hinblick auf den Schutz der körper­li­chen Unver­sehrt­heit und der Gesund­heit einer Vielzahl von Menschen (…) als erfor­der­lich und angemes­sen», teilte das Gericht mit.

Nach Ansicht von «Aufste­hen für die Kunst» wird die Kultur etwa gegen­über dem Einzel­han­del oder den Kirchen zu Unrecht benach­tei­ligt. Auch Friseu­re seien geöff­net worden. Dabei sei das Risiko in Theatern angesichts der guten Belüf­tungs­sys­te­me und Hygie­ne­kon­zep­te minimal.

Dass der VGH dieser Argumen­ta­ti­on nicht folgte und beton­te: «Teilneh­mer bei Versamm­lun­gen und Besucher von Gottes­diens­ten übten aktiv ihre Versamm­lungs- bezie­hungs­wei­se Religi­ons­frei­heit aus, während der Genuss von Kunst und Kultur nicht von der Kunst­frei­heit selbst geschützt» sei, kann Gerha­her nicht nachvollziehen.

«Hanebü­chen» nannte er das. «Hier geht es doch nicht um so etwas wie kulina­ri­schen Genuss», sagte er. «Es kann nicht sein, dass Kunst und Kultur unabhän­gig vom Publi­kum gedacht werden.» Auch die Inter­pre­ta­tio­nen, die Zuschau­er am Werk vornäh­men, gehör­ten seiner Ansicht nach untrenn­bar dazu. «Die Rolle der Kunst wird von den bayeri­schen Gerich­ten völlig falsch beurteilt.» Er forder­te eine Klärung dessen, was Kunst bedeu­tet. Denn: «Die Kunst wurde hier in ihrem Wesen nicht begriffen.»