LONDON (dpa) — Eine Jury hat den deutschen Ex-Tennis­star Boris Becker in 4 von 24 Ankla­ge­punk­ten schul­dig gespro­chen. Aber welche Folgen hat das? Nun teilt die Richte­rin in London das Straf­maß mit.

Schick­sals­tag für eine Tennis-Legen­de: Im Straf­pro­zess gegen Boris Becker wird heute (13.00 Uhr MESZ) mit Spannung das Straf­maß erwartet.

Dem frühe­ren Ausnah­me­sport­ler drohen theore­tisch mehre­re Jahre Haft, weil er Vermö­gen im Wert von mehr als einer Milli­on Euro in seinem Insol­venz­ver­fah­ren nicht offen­ge­legt hatte. Becker war vor drei Wochen von einer Jury in mehre­ren Ankla­ge­punk­ten schul­dig gespro­chen worden. Er kann danach aller­dings noch Rechts­mit­tel einle­gen — sowohl gegen den Schuld­spruch als auch gegen das Straf­maß. Der 54-Jähri­ge hatte die Vorwür­fe bestritten.

Die Laien­rich­ter am Londo­ner Gerichts­hof Southwark Crown Court waren hinge­gen zu der Ansicht gelangt, dass Becker eine Immobi­lie in seinem Heimat­ort Leimen verschlei­ert, unerlaub­ter­wei­se hohe Summen auf andere Konten überwie­sen und Antei­le an einer Firma für künst­li­che Intel­li­genz verschwie­gen hatte. Über das Straf­maß gegen den Deutschen entschei­det Richte­rin Deborah Taylor. Diesel­be Richte­rin hatte Wikileaks-Gründer Julian Assan­ge im Mai 2019 wegen Versto­ßes gegen seine Kauti­ons­auf­la­gen zu 50 Wochen Haft verurteilt.

Auch bei Rechts­exper­ten herrscht Unklar­heit darüber, welche Strafe Becker nun droht. Sicher sind sich Beobach­ter, dass Richte­rin Taylor nicht die Höchst­stra­fe von sieben Jahren verhän­gen wird. Dass Becker aber in Haft muss, wird als durch­aus wahrschein­lich angenommen.

Ankla­ge­punk­te und Schuldspruch

Die Staats­an­walt­schaft hatte insge­samt 24 Ankla­ge­punk­te gegen Becker erhoben. Anklä­ge­rin Rebec­ca Chalk­ley sah es als erwie­sen an, dass er zahlrei­che Besitz­tü­mer absicht­lich verschwie­gen hatte und nun seinen Beratern die Schuld zuwies, die sich ihm zufol­ge um seine Finan­zen geküm­mert hatten. Der Vertei­di­ger der Tennis-Legen­de hatte erklärt, sein Mandant sei zwar naiv, aber unschul­dig. In 20 Punkten folgte die Jury dieser Argumen­ta­ti­on, auch bei der Frage nach verschwun­de­nen Pokalen.

Doch der Schuld­spruch in vier Punkten könnte ausrei­chen, um Beckers Leben grund­le­gend zu verän­dern. «Diese Verur­tei­lung ist eine klare Warnung für dieje­ni­gen, die glauben, sie könnten ihr Vermö­gen verber­gen und damit davon­kom­men. Sie werden ermit­telt und straf­recht­lich verfolgt», hieß es von der Insolvenzbehörde.

Becker, der in London lebt, war 2017 gericht­lich für zahlungs­un­fä­hig erklärt worden. Darauf­hin musste er den Insol­venz­ver­wal­tern sein Vermö­gen offen­le­gen — dabei ließ er aber nach Einschät­zung der Jury wichti­ge Teile aus.

Wimble­don-Millio­nen und Unterhaltskosten

Der dreifa­che Wimble­don-Sieger hatte zwar während seiner Karrie­re etwa 25 Millio­nen US-Dollar an Preis­geld einge­sam­melt und nach eigenen Schät­zun­gen etwa diesel­be Summe mit Werbung verdient. Dennoch geriet er in finan­zi­el­le Proble­me. Becker machte dafür vor Gericht unter anderem die teure Schei­dung von Ex-Frau Barba­ra verant­wort­lich sowie hohe Unter­halts­kos­ten für Tochter Anna Ermakowa.

Becker kommen­tiert unter anderem für die BBC Tennis­tur­nie­re und erfreut sich bei den Britin­nen und Briten großer Beliebt­heit. Seine Partne­rin Lilian De Carval­ho Montei­ro beglei­te­te ihn jeden Tag ins Gericht, zuletzt war auch sein ältes­ter Sohn Noah an seiner Seite.

Zuspruch erhielt Becker auch von anderen Promi­nen­ten. «Boris hat keine verarm­ten Omas abgezockt», sagte Enter­tai­ner Thomas Gottschalk nach der Verur­tei­lung der «Bild»-Zeitung. Im schlimms­ten Fall seien «ein paar reiche Geldge­ber etwas ärmer gewor­den, die sich mit dem Ruhm des Tennis­idols schmü­cken wollten». «Mein Mitleid mit denen hält sich in Grenzen», zitier­te «Bild» den 71-jähri­gen Gottschalk.