GELSENKIRCHEN (dpa) — Auf den bitte­ren Abstieg folgen hässli­che Szenen. Die Schal­ke-Profis werden nach der Pleite in Biele­feld von enttäusch­ten Fans erwar­tet. Eier fliegen, manche Spieler rennen weg.

Profis auf der Flucht vor aggres­si­ven Fans, Polizei-Ermitt­lun­gen und eine erschüt­ter­te Club-Führung: Das Ende einer Horror­sai­son wurde für den abgestürz­ten FC Schal­ke 04 zu einem verstö­ren­den Tiefpunkt.

Nach dem vorzei­tig besie­gel­ten vierten Abstieg aus der Fußball-Bundes­li­ga muss der stolze Revier­club die Ereig­nis­se einer bitte­ren Nacht verar­bei­ten und blickt einer höchst ungewis­sen Zukunft in der 2. Liga entge­gen. Tieftrau­rig war das Team am frühen Mittwoch­mor­gen vom 0:1 in Biele­feld zurück­ge­kehrt, an der heimi­schen Arena wurden die Schal­ker mit Wut empfangen.

500 bis 600 Menschen warte­ten laut Polizei auf die Mannschaft, einige Spieler seien mit «massi­ven Aggres­sio­nen» konfron­tiert worden. Eier flogen, zwei Profis sollen getre­ten worden sein. Durch das Einschrei­ten der Beamten sei eine weite­re Eskala­ti­on vermie­den worden, hieß es. Kurz danach seien die Fans abgezo­gen und Straf­ver­fah­ren einge­lei­tet worden.

Der Club äußer­te zwar Verständ­nis für den Fan-Frust, verur­teil­te die Gescheh­nis­se aber scharf: «Der Verein wird es niemals akzep­tie­ren, wenn die körper­li­che Unver­sehrt­heit seiner Spieler und Mitar­bei­ter gefähr­det wird.»

Die Gewiss­heit, dass die Schal­ker nach einer Spiel­zeit voller Pleiten und Rückschlä­ge das Oberhaus verlas­sen müssen, setzte den Königs­blau­en schwer zu. In Biele­feld verschwan­den die Profis kommen­tar­los und mit gesenk­ten Köpfen in die Kabine. Nur Eigen­ge­wächs Timo Becker saß noch länger auf der Ersatz­bank und weinte bitterlich.

Auch Team-Koordi­na­tor Gerald Asamo­ah wirkte mächtig angefasst. «Das Emblem von Schal­ke zu tragen bedeu­tet viel, und ob das alle Jungs verstan­den haben, ist fraglich. Jeder sollte sich hinter­fra­gen, ob er alles getan hat, um den Verein am Leben zu halten», sagte der Fan-Liebling dem TV-Sender Sky mit stocken­der Stimme.

Coach Dimitri­os Grammo­zis — der fünfte glück­lo­se Schal­ke-Coach in dieser Spiel­zeit — äußer­te sich ähnlich: «Wir müssen einfach schau­en, dass wir Jungs wieder gewin­nen für diesen Verein, die auch das Emblem würdig tragen. Dass sie wissen, was Schal­ke ist. Worauf sie sich hier einlas­sen.» Auch in Biele­feld blieb seine Mannschaft über weite Strecken den Beweis der Bundes­li­ga-Tauglich­keit schul­dig. Immer wieder hatte der einsti­ge Champi­ons-League-Teilneh­mer und Vizemeis­ter von 2018 seine große Anhän­ger­schaft in den vergan­ge­nen Monaten mit teils grotes­ken Darbie­tun­gen, Führungs­cha­os und Finanz­sor­gen gequält.

Für tätli­che Angrif­fe auf die Mannschaft aber sei das keine Ausre­de, darin waren sich die meisten am Mittwoch einig. Der frühe­re Schal­ke-Coach Peter Neururer nannte die Vorfäl­le «erschre­ckend». «Das hat mit Schal­ke 04 nichts zu tun», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dass die Mannschaft «von irgend­wel­chen Leuten attackiert wird», sei die «Krönung des Ganzen».

Trauer über den Absturz des Vereins, der zuletzt 30 Jahre in der Bundes­li­ga spiel­te, und konstruk­ti­ve Gedan­ken zum Projekt Wieder­auf­bau des Schal­ker Trümmer­hau­fens rückten so am Mittwoch in den Hinter­grund. Dass sich bei dem hoch verschul­de­ten Club vieles wird ändern müssen, ist aber unbestrit­ten. Die bishe­ri­ge Bilanz der Königs­blau­en in dieser Saison ist schlicht verhee­rend: 30 Spiele, 2 Siege, 13 Punkte und ein Torver­hält­nis von 18:76.

So forder­te etwa Verein­si­ko­ne Olaf Thon einen «radika­len Schnitt» in der Mannschaft. «Aus diesem Team müssen ganz viele weg, sonst kommen wir aus diesem Strudel nicht mehr heraus», sagte der Weltmeis­ter von 1990 der dpa: «Diese Truppe ist blutleer, da ist nichts mehr rauszu­ho­len.» Auch im gesam­ten Umfeld müsse der Verein «schnell eine Einheit werden, vom Aufsichts­rat und Vorstand über die Mannschaft, bis runter zum Busfahrer».