PEKING (dpa) — Der Besuch der US-Spitzen­po­li­ti­ke­rin Pelosi in Taiwan hat die Spannun­gen mit China verschärft. Peking lässt seine Militär­ma­nö­ver nun voll anlau­fen — die Gefahr durch ungewoll­te Zwischen­fäl­le wächst.

Die chine­si­schen Manöver um Taiwan sind mit Schieß­übun­gen voll angelau­fen. Das östli­che Militär­kom­man­do der Volks­be­frei­ungs­ar­mee berich­te­te, in der Meerenge der Taiwan­stra­ße, die Taiwan vom Festland trennt, sowie östlich der Insel seien am Donners­tag weit reichen­de Geschos­se abgefeu­ert worden. Das Staats­fern­se­hen melde­te, im Osten habe es zur Übung auch «Präzi­si­ons­schlä­ge» gegeben.

Die laufen­den chine­si­schen Manöver rund um Taiwan zielen nach Angaben in Staats­me­di­en auf eine See- und Luftblo­cka­de der demokra­ti­schen Insel­re­pu­blik. Auch werde damit eine mögli­che militä­ri­sche Erobe­rung Taiwans geübt.

Die Manöver, zu denen auch Raketen­tests und Schieß­übun­gen gehören werden, hatte die chine­si­sche Volks­be­frei­ungs­ar­mee als Reakti­on auf den Besuch der Vorsit­zen­den des US-Reprä­sen­tan­ten­hau­ses, Nancy Pelosi, in Taiwan angeord­net. Der Besuch der US-Spitzen­po­li­ti­ke­rin, die ihre Asien­rei­se am Donners­tag in Südko­rea fortsetz­te, hatte die Spannun­gen um Taiwan angeheizt. Es war die ranghöchs­te Visite aus den USA seit einem Viertel­jahr­hun­dert. Peking reagier­te empört, da es die Insel für sich beansprucht. Taiwan wird von der kommu­nis­ti­schen Führung nur als Teil der Volks­re­pu­blik angese­hen. Peking lehnt offizi­el­le Kontak­te anderer Länder zu Taipeh strikt ab und hatte vehement vor dem Besuch gewarnt. Taiwan versteht sich hinge­gen schon längst als unabhängig.

Baerbock: Keinen Vorwand für «militä­ri­sche Drohge­bär­den» suchen

Bundes­au­ßen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock rief bei ihrem Besuch in Kanada zur Deeska­la­ti­on auf. Besuche wie der Pelosis in Taiwan «dürfen nicht als Vorwand für militä­ri­sche Drohge­bär­den genutzt werden.» Eine Änderung des Status quo von Taiwan «kann nur fried­lich und im gemein­sa­men Einver­neh­men aller Betei­lig­ter erfolgen.»

In der Meerenge der Taiwan­stra­ße, die das Festland von Taiwan trennt, will Chinas Artil­le­rie auch weitrei­chen­de Schieß­übun­gen abhal­ten. Auch werde die von Taiwan gezoge­ne Mittel­li­nie in dem Meeres­weg überschrit­ten, «die aufhört zu existie­ren», wie es in Staats­me­di­en hieß. Der Vizest­abs­chefs des östli­chen Komman­dos, Gu Zhong, sagte demnach, es sollten eine Blocka­de der Insel, Angrif­fe von See, Landun­gen und die Kontrol­le des Luftraums geübt werden.

Die Manöver seien größer als in der «Raketen­kri­se» 1995 und 1996, als China zur Einschüch­te­rung auch Raketen im Norden und Süden über Taiwans Hoheits­ge­wäs­ser geschickt hatte, berich­te­ten chine­si­sche Militär­ex­per­ten. Schon damals wollte Peking mit dem Anhei­zen der Spannun­gen die Unabhän­gig­keits­kräf­te in Taiwan abschre­cken. Die USA hatten damals zwei Flugzeug­trä­ger entsandt.

Warnung vor gefähr­li­chen Fehlkalkulationen

Mit der frühzei­ti­gen Ankün­di­gung schon am Diens­tag­abend — unmit­tel­bar nach Ankunft von Pelosi in Taiwan — soll nach chine­si­schen Angaben zivilen Schif­fen und Airlines genügend Zeit gegeben werden, die Manöver­ge­bie­te zu verlas­sen oder Flugrou­ten zu ändern. Die Manöver, die bereits am Diens­tag­abend anlie­fen, sollen von diesem Donners­tag in vollem Umfang aufge­nom­men werden.

Eine Ausein­an­der­set­zung könnte die USA militä­risch in den Konflikt ziehen. Exper­ten warnten in der gegen­wär­ti­gen Lage auch vor gefähr­li­chen Zwischen­fäl­len durch Fehlkal­ku­la­tio­nen der Streit­kräf­te auf beiden Seiten. Die USA haben sich der Vertei­di­gungs­fä­hig­keit Taiwans verpflich­tet, was bisher meist die Liefe­rung von Waffen bedeu­te­te. US-Präsi­dent Joe Biden hatte aber wieder­holt gesagt, die USA hätten eine Verpflich­tung, Taiwan im Falle eines chine­si­schen Angriffs zu verteidigen.

Bei ihrem Treffen mit Taiwans Präsi­den­tin Tsai Ing-wen am Vortag hatte die US-Spitzen­po­li­ti­ke­rin Pelosi auch die Unter­stüt­zung der USA zugesagt. «Wir bleiben eisern in unserem Einsatz zur Vertei­di­gung der Demokra­tie in der Welt und in Taiwan.» Der Besuch ihrer Kongress-Delega­ti­on zeige, «dass wir unsere Verpflich­tun­gen gegen­über Taiwan nicht aufge­ben werden».