KEMEROWO (dpa) — Kaum jemand hat wohl noch zu hoffen gewagt, aber ein Mensch hat offen­bar doch unter Tage das Unglück im Kohle­berg­werk überlebt. Die Frage ist für viele aber: Wie kam es überhaupt dazu?

Nach dem schwe­ren Unglück in einem russi­schen Kohle­berg­werk mit vielen Toten ist ein Mensch lebend unter Tage gefun­den worden. Er sei in ein Kranken­haus gebracht worden, teilte der Gouver­neur des Gebiets Kemero­wo, Sergej Ziwil­jow, am Freitag im Nachrich­ten­ka­nal Telegram mit.

Zuvor gingen die Behör­den davon aus, dass es keine Chance mehr gab, Vermiss­te lebend zu finden. Die Zahl der Tote war deshalb mit insge­samt 52 angege­ben worden.

Am Freitag wurden dem Gouver­neur zufol­ge die Leichen von drei Bergleu­ten und drei Rettern aus dem Schacht gehoben. Exper­ten rechnen damit, dass es wegen Explo­si­ons­ge­fahr Tage dauern könnte, bis alle Leichen aus der Grube gebor­gen werden.

Wie kam es zur Explosion?

In dem Bergwerk im Westen Sibiri­ens hatte sich am Donners­tag­mor­gen aus zunächst unbekann­ter Ursache eine Explo­si­on ereig­net. Zu diesem Zeitpunkt hielten sich nach Angaben des russi­schen Zivil­schutz­mi­nis­ters Alexan­der Tschu­pri­jan 285 Menschen in der Grube auf, 239 Arbei­ter konnten aus dem Schacht «Listwja­schna­ja» im Kusnez­ker Kohle­be­cken (Kusbass) geret­tet werden.

«Dies ist eine große Tragö­die für das ganze Land», sagte Tschu­pri­jan am Freitag. Den lokalen Gesund­heits­be­hör­den zufol­ge schwebt keiner der rund 50 Verletz­ten, die in Kranken­häu­sern behan­delt werden, in Lebens­ge­fahr. Tschu­pri­jan zufol­ge sollten Luftpro­ben unter Tage genom­men werden um festzu­stel­len, ob weiter Explo­si­ons­ge­fahr drohe. «Die Inspek­ti­on des Bergwerks ist keine Frage von einem Tag.»

Unter­des­sen gab es weite­re Festnah­men. Neben dem Bergwerks­di­rek­tor und zwei führen­den Mitar­bei­tern seien auch zwei staat­li­che Exper­ten in Gewahr­sam genom­men worden, die den Schacht erst vor einer Woche überprüft hatten, teilte das Ermitt­lungs­ko­mi­tee mit.

Gefähr­li­cher Bergbau in Russland

Die Arbeit im Kohle­berg­bau in Russland gilt als lebens­ge­fähr­lich. Wegen Verstö­ßen gegen elemen­ta­re Sicher­heits­vor­schrif­ten kommt es dort immer wieder zu schwe­ren Unglü­cken. Oft explo­diert etwa Methan­gas. Das leicht entzünd­li­che Gruben­gas wird durch die Arbei­ten im Bergbau freige­setzt und sammelt sich bei schlech­ter Belüf­tung in den Schäch­ten und Strecken unter Tage an.

Bei dem schwers­ten Gruben­un­glück der vergan­ge­nen Jahre in Russland waren im März 2007 insge­samt 107 Menschen in der Stadt Nowokus­nezk in Sibiri­en ums Leben gekom­men. 91 Tote hatte es 2010 bei zwei Methan-Explo­sio­nen in dem Ort Mesch­du­ret­schen­sk in Sibiri­en gegeben.

Für die Rohstoff­groß­macht ist der Kohle­ab­bau neben Öl und Gas eine wichti­ge Einnah­me­quel­le. Im vergan­ge­nen Jahr wurden der offizi­el­len Statis­tik zufol­ge 402,1 Millio­nen Tonnen geför­dert, ein Teil davon geht auch nach Deutsch­land. Umwelt­schüt­zer machen vor allem den Bergbau für massi­ve Umwelt­ver­schmut­zung in Sibiri­en verantwortlich.