STUTTGART (dpa/lsw) — Wegen eines außer­ge­wöhn­lich starken Anstiegs an Corona-Infek­tio­nen dürfen Ungeimpf­te in drei Landkrei­sen von Montag an nachts nur noch aus trifti­gem Grund ihre Wohnun­gen verlas­sen. Das Verlas­sen der eigenen vier Wände in den Corona-Hotspots Schwarz­wald-Baar-Kreis, Ostalb­kreis und Biber­ach sei diesen Menschen zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr nur noch beispiels­wei­se für medizi­ni­sche Notfäl­le und aus Arbeits­grün­den erlaubt, sagte der Amtschef im Sozial­mi­nis­te­ri­um, Uwe Lahl, der Deutschen Presse-Agentur am Samstag in Stutt­gart. Es sei davon auszu­ge­hen, dass es nicht bei diesen drei Kreisen bleibe.

Zutritt zu beispiels­wei­se Gastro­no­mie, Hotels (mit Ausnah­me von Geschäfts­rei­sen­den) und Einzel­han­del sei von Montag an ausschließ­lich immuni­sier­ten — also Geimpf­ten und Genese­nen — Besuchern und Kunden gestat­tet. Ausge­nom­men von dieser Zutritts­be­schrän­kung sind Geschäf­te und Märkte, die der Grund­ver­sor­gung dienen wie Lebens­mit­tel­märk­te, Apothe­ken, Tank- und Poststel­len, Paket­diens­te und Banken sowie Betrie­be von körper­na­hen Dienstleistungen.

Das Landes­ge­sund­heits­amt hatte am Donners­tag für den Schwarz­wald-Baar-Kreis einen außer­ge­wöhn­lich starken Anstieg des Infek­ti­ons­ge­sche­hens inner­halb der vergan­ge­nen sieben Tage gemel­det. «So liegt die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwoh­ner nach dem angege­be­nen Berichts­stand bei einem Wert von 659,6 und damit deutlich über dem Landes­durch­schnitt», hieß es. Am Freitag lag die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwoh­ner im Ostalb­kreis bei 700,9 und in Biber­ach bei 677,9.

Im Südwes­ten sollen von kommen­den Mittwoch an nochmal deutlich schär­fe­re Corona-Einschrän­kun­gen vor allem für jünge­re Ungeimpf­te gelten. Die grün-schwar­ze Regie­rung plant die 2G-Regel (genesen oder geimpft) nun auch für 12- bis 17-Jähri­ge einzu­füh­ren, was auch für viele Famili­en weitrei­chen­de Konse­quen­zen haben dürfte. Außer­dem sind Ausgangs­be­schrän­kun­gen für Ungeimpf­te in Corona-Hotspots vorge­se­hen. Die neue Corona-Verord­nung wird derzeit erarbeitet.

Schon seit Mittwoch gilt im Südwes­ten die Corona-Alarm­stu­fe, bei der Ungeimpf­te von der Teilnah­me am öffent­li­chen Leben weitge­hend ausge­schlos­sen sind. Nur Geimpf­te und Genese­ne haben jetzt noch Zugang zu Kinos, Museen, Schwimm­bä­dern sowie den meisten anderen öffent­li­chen Veran­stal­tun­gen. Auch wer in Restau­rants oder Cafés nur einen negati­ven Test vorwei­sen kann, muss draußen bleiben. Seit Mittwoch müssen Schüler und Schüle­rin­nen wieder Masken am Platz tragen. Zudem gelten Kontakt­be­schrän­kun­gen für Ungeimpf­te. Sie dürfen sich allein oder als Haushalt nur noch mit einer weite­ren Person treffen.

Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) und Innen­mi­nis­ter Thomas Strobl (CDU) hatten die Kommu­nen ermahnt, ihre Corona-Kontrol­len deutlich zu verschär­fen. Das Land beobach­te mit großer Sorge, dass vieler­orts grund­le­gen­de Schutz­maß­nah­men völlig unzurei­chend umgesetzt würden, schrie­ben die beiden am Freitag in einem Brief an Städte und Gemein­den. Schwer­punkt­kon­trol­len in der Gastro­no­mie hätten kürzlich gezeigt, dass etwa die Kontrol­le von Impf- oder Testnach­wei­sen oft nachläs­sig sei. Auch werde häufig die Masken­pflicht nicht einge­hal­ten. «Wir appel­lie­ren daher dringend an Sie, die Kontrol­len insbe­son­de­re an Orten mit erhöh­tem Infek­ti­ons­ri­si­ko durch die Ortspo­li­zei­be­hör­den deutlich zu verstär­ken und die Sankti­ons­mög­lich­kei­ten nach der Corona-Verord­nung auszu­schöp­fen», heißt es in dem Brief.

Nach Eintritt der Alarm­stu­fe im Land und angesichts der sich zuspit­zen­den Corona-Lage in Baden-Württem­berg fordert der Vorsit­zen­de der SPD-Landtags­frak­ti­on Andre­as Stoch, die nötigen stren­ge­ren Corona-Regeln nicht nur zu verhän­gen, sondern auch durch­zu­set­zen: «Dazu sind unsere Kommu­nen aber auf die Unter­stüt­zung des Landes angewie­sen.» Das Land müsse die Kommu­nen und ihre Behör­den finan­zi­ell und perso­nell unter­stüt­zen. «Umso mehr, wenn gegen die vierte Welle kein komplet­ter Lockdown, sondern diffe­ren­zier­te­re 3G- oder 2G-Model­le helfen sollen», sagte Stoch dazu am Samstag. Bisher werde die Einhal­tung der nötigen Maßnah­men sehr unter­schied­lich und oft allen­falls oberfläch­lich kontrolliert.