BAD DÜRRHEIM/SPEYER (dpa) — Verlei­hung der «Golde­nen Narren­schel­le»: abgesagt. Stock­a­cher Narren­ge­richt: abgesagt. Große Umzüge: abgesagt. Zum zweiten Mal schaut es für die Fastnacht­fans im Südwes­ten coronabe­dingt düster aus. Doch der Ober-Narr sieht einen Lichtblick.

Wer sich wegen Corona-Locke­run­gen auf Fastnachts­um­zü­ge gefreut hatte, dürfte nach der jüngs­ten Ansage der Landes­re­gie­rung bitter enttäuscht sein. «Zur Fasnet ist fast alles erlaubt wie sonst auch bei Veran­stal­tun­gen — außer Umzüge. Daran wird sich jetzt erstmal nichts ändern», sagte Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) am Donners­tag in Ulm. Man bespre­che gerade noch inner­halb der Landes­re­gie­rung die Corona-Regeln. Für Fastnachts­ver­an­stal­tun­gen in Räumen würden die gleichen Regeln gelten wie für andere Veran­stal­tun­gen auch.

Am kommen­den Donners­tag (24.2.) beginnt mit dem «Schmot­zi­gen Dunsch­tig» die Hochpha­se der närri­schen Saison. Eine Woche lang zelebrie­ren die Narren oft je nach Region indivi­du­el­le Brauch­tü­mer. Die Verei­ni­gung badisch-pfälzi­scher Karne­val­ver­ei­ne beklagt indes die finan­zi­el­le Not ihrer Mitglie­der. Aller­dings habe Baden-Württem­berg ein Herz für die Karne­va­lis­ten gezeigt.

Knapp eine Woche vor dem Höhepunkt der «fünften Jahres­zeit» setzt der Präsi­dent der Verei­ni­gung Schwä­bisch-Aleman­ni­scher Narren­zünf­te (VSAN) auf eine Fastnacht im Klein­for­mat. «Ich hoffe, dass das Land Baden-Württem­berg noch Klein­ver­an­stal­tun­gen mit bis zu 750 Menschen unter 2G-Bedin­gun­gen zulässt», sagte Roland Wehrle der Deutschen Presse-Agentur. Dann dürften gegen Corona Geimpf­te und nach einer Infek­ti­on Genese­ne teilneh­men. Gerade in Klein­städ­ten, «wo die Fasnet wirklich zu Hause ist, wo sie seit Jahrhun­der­ten gelebt wird, sollte das möglich sein».

Die Großver­an­stal­tun­gen seien ohnehin längst abgesagt und für kleine Veran­stal­tun­gen an festen Plätzen gebe es schon Aufla­gen wie Einlass­kon­trol­len und die Kontrol­le der 2G-Einhal­tung, sagte Wehrle. «Das halten die Narren natür­lich auch ein», versi­cher­te er.

Er sei froh, dass das Feiern in einem solchen Rahmen möglich sei, sagte Wehrle. Gerade Kinder sollten die Tradi­ti­on erleben. In vielen Orten stünden die Narren­zünf­te in Kontakt mit Schulen und erörter­ten, was unter Corona-Bedin­gun­gen machbar sei. «Ich fände es sehr schwer erträg­lich, wenn Kinder ein zweites Mal darauf verzich­ten müssten», sagte der Narren­prä­si­dent. «Jetzt ist viel Fanta­sie gefragt.» Die schwä­bisch-aleman­ni­sche Fastnacht sei eine Straßen­fast­nacht. «Was wir an Bällen und so weiter haben ist nur eine Ergänzung.»

Ganz anders sieht das die Verei­ni­gung badisch-pfälzi­scher Karne­val­ver­ei­ne, die viel Wert auf große Veran­stal­tun­gen legt. Schatz­meis­ter Walter Egers­dör­fer ist traurig, weil die im Fernse­hen vor Corona live übertra­ge­ne Prunk­sit­zung ins Wasser gefal­len ist. Kaum ein Trost sei, dass am 27. Febru­ar ein Zusam­men­schnitt der Sitzun­gen der vergan­ge­nen Jahre im SWR-Fernse­hen gesen­det werde. Das weite­re Programm wird nach hinten verlegt: Das Turnier der Männer­bal­let­te in der Deides­hei­mer Stadt­hal­le wird am 21./22 Mai ausge­tra­gen, im Juli werden altge­dien­te Karne­va­lis­ten im Fasnachts­mu­se­um in Speyer mit der Auszeich­nung Golde­ner Löwe bedacht.

«Viele der Mitglie­der stehen wegen Corona finan­zi­ell mit dem Rücken zur Wand», sagte Egers­dör­fer. Dabei gehe es den 200 Mitglieds­ver­ei­nen aus Baden noch vergleichs­wei­se gut. Baden-Württem­bergs Landes­re­gie­rung habe den Verei­nen mit 400.000 Euro unter die Arme gegrif­fen. Je nach Größe seien 800, 1200 und 1400 Euro an die Verei­ne verteilt worden. Die rund 160 Mitglieds­ver­ei­ne aus Rhein­land-Pfalz seien leer ausge­gan­gen. Egers­dör­fer sagte mit einem Schmun­zeln: «Manche Verei­ne haben schon überlegt, ihren Sitz nach Baden-Württem­berg zu verlegen.»

Die 1924 gegrün­de­te VSAN mit Sitz in Bad Dürrheim (Schwarz­wald-Baar-Kreis) ist eine der ältes­ten Narren­ver­ei­ni­gun­gen Deutsch­lands. In ihr sind 68 Narren­zünf­te aus den Regie­rungs­be­zir­ken Freiburg, Tübin­gen und Stutt­gart, dem bayeri­schen Regie­rungs­be­zirk Schwa­ben sowie fünf Kanto­nen in der Schweiz zusammengeschlossen.