WASHINGTON (dpa) — Kosten­ex­plo­sio­nen und Verschie­bun­gen überschat­te­ten den Start von «James Webb» — jetzt soll das bislang leistungs­fä­higs­te Weltraum­te­le­skop zeigen, was es kann. Einen Vorge­schmack bietet Präsi­dent Biden.

Gemein­sam mit US-Präsi­dent Joe Biden und dessen Vize Kamala Harris hat die US-Raumfahrt­be­hör­de Nasa die «tiefs­te und schärfs­te bislang aufge­nom­me­ne Infra­rot-Sicht auf das Univer­sum» präsentiert.

Auf der ersten Aufnah­me des vor rund einem halben Jahr gestar­te­ten Weltraum­te­le­skops «James Webb», die im Weißen Haus veröf­fent­licht wurde, sind Sterne und Galaxien zu sehen. Biden sprach von einem «histo­ri­schen Tag», Harris von einem «aufre­gen­den neuen Kapital in der Erfor­schung unseres Universums».

Auf dem Bild sei nur «ein kleiner Teil des Univer­sums» zu sehen, sagte Nasa-Chef Bill Nelson. Seine Erklä­rung an Biden: «Das Licht, was du auf einem dieser kleinen Flecken siehst, ist seit 13 Milli­ar­den Jahren unter­wegs.» Die Bilder des «James Webb»-Teleskops würden die Welt daran erinnern, «dass Ameri­ka große Dinge tun kann», sagte Biden. Zugleich gab er zu, dass schon die Vorstel­lung jener rund 1,5 Millio­nen Kilome­ter, die das Teleskop ins All fliegen soll, «mein Gehirn sprengen».

72 Aufnah­men in 32 Stunden

Am Diens­tag (ab 16.30 Uhr MESZ) wollte die Nasa weite­re von dem Teleskop aufge­nom­me­ne Bilder veröf­fent­li­chen. Die Farbbil­der seien von Vertre­tern verschie­de­ner an dem Projekt betei­lig­ter Raumfahrt­agen­tu­ren ausge­wählt worden und zeigten unter anderem den sogenann­ten Carina­ne­bel, eine Art Gaswol­ke, und den außer­halb unseres Sonnen­sys­tems gelege­nen Plane­ten «Wasp-96 b», hatte die Nasa zuvor mitgeteilt.

Die Veröf­fent­li­chung der Fotos markie­re auch den offizi­el­len Beginn der wissen­schaft­li­chen Arbeit mit dem bislang größten und leistungs­fä­higs­ten Teleskop, das je ins All gebracht wurde.

Eine Art Vorschau hatte die Nasa bereits in der vergan­ge­nen Woche präsen­tiert: den Ausschnitt eines Bildes, auf dem Sterne und Galaxien zu sehen sind, entstan­den mit 72 Aufnah­men in einem Zeitraum von 32 Stunden. Es hande­le sich um «eine der tiefge­hends­ten Aufnah­men, die je vom Univer­sum gemacht wurden», hieß es. Eigent­lich sei es nur ein von einem Senso­ren aufge­nom­me­nes Testbild, das ursprüng­lich gar nicht zur Erde geschickt werden sollte — doch zeige es, wozu das Teleskop fähig sein werde.

Erste Testbil­der hatte das Teleskop bereits vor einigen Monaten zur Erde geschickt, darun­ter Fotos von einem Stern und ein Selfie. Bei den noch etwas verschwom­me­nen Bildern hatte es sich ebenfalls um Testbil­der gehan­delt, mit denen bewie­sen werden sollte, dass die Kamera und die 18 Spiegel­seg­men­te des Teleskops grund­sätz­lich funktionieren.

«James Webb» war am 25. Dezem­ber an Bord einer Ariane-Träger­ra­ke­te vom europäi­schen Weltraum-Bahnhof Kourou in Franzö­sisch-Guaya­na ins All gestar­tet — nachdem es zuvor Kosten­ex­plo­sio­nen und immer neue Verschie­bun­gen gegeben hatte. Die Weltraum­agen­tu­ren der USA, Kanadas und Europas koope­rie­ren bei dem Projekt.

1,5 Millio­nen Kilome­ter weit ins All

Das «James Webb Space Telescope» (JWST) wurde rund 30 Jahre lang entwi­ckelt und koste­te schluss­end­lich etwa 10 Milli­ar­den Dollar (rund 8,8 Milli­ar­den Euro). Es folgt auf das Teleskop «Hubble», das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist. Während «Hubble» im optischen und ultra­vio­let­ten Bereich arbei­tet, unter­sucht «James Webb» im infra­rot­na­hen Bereich.

«James Webb» soll rund 1,5 Millio­nen Kilome­ter weit ins All fliegen und unter anderem mit Hilfe eines 25 Quadrat­me­ter großen Spiegels neue Bilder aus dem frühen Univer­sums liefern. Wissen­schaft­ler erhof­fen sich von den Aufnah­men des Teleskops unter anderem Erkennt­nis­se über die Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milli­ar­den Jahren.

Sie hoffen auf Bilder von Sternen, die älter sind als unser Sonnen­sys­tem und vielleicht nicht mehr existie­ren — und mögli­cher­wei­se sogar auf Hinwei­se auf eine zweite Erde. Die Lebens­dau­er von «James Webb» ist dabei erstmal auf zehn Jahre angelegt.