HELSINKI (dpa) — Es hat sich lange angedeu­tet, nun bezieht die obers­te politi­sche Riege Stellung: Finnland soll sich nach Ansicht von Präsi­dent Sauli Niinistö und Minis­ter­prä­si­den­tin Sanna Marin auf den Weg in die Nato machen.

Der finni­sche Präsi­dent Sauli Niinistö und Minis­ter­prä­si­den­tin Sanna Marin haben sich für einen «unver­züg­li­chen» Nato-Beitritt ihres Landes ausgesprochen.

In einer gemein­sa­men Erklä­rung befür­wor­te­ten die beiden am Donners­tag eine Mitglied­schaft in der westli­chen Militär­al­li­anz. Dies würde Finnlands Sicher­heit und zugleich das gesam­te Bündnis stärken, erklär­ten die beiden wichtigs­ten Politi­ker des nordi­schen Landes.

1300 Kilome­ter lange Grenze zu Russland

Es wird damit gerech­net, dass sich das nördlichs­te Land der EU in den kommen­den Tagen — voraus­sicht­lich am Sonntag — zu einem formel­len Beitritts­an­trag entschließt. Dieser Schritt wäre eine direk­te Folge des russi­schen Einmar­sches in die Ukrai­ne und der dadurch verän­der­ten Sicher­heits­la­ge in Europa. Für das lange Zeit bündnis­freie Finnland, das eine mehr als 1300 Kilome­ter lange Grenze zu Russland hat, wäre ein solcher Beschluss historisch.

Bevor das Land in der Nato aufge­nom­men wird, müssen dem alle 30 derzei­ti­gen Mitglie­der zustim­men. Nato-General­se­kre­tär Jens Stolten­berg hatte zuletzt mehrmals signa­li­siert, dass es dafür inner­halb des Bündnis­ses breite Unter­stüt­zung gibt.

Niinistö und Marins Regie­rung entschei­den in der Nato-Frage letzt­lich gemein­sam, sie haben das Parla­ment aber in die Entschei­dungs­fin­dung mit einge­bun­den. Auf dem Weg zu einem Beschluss hatte die Regie­rung dem Reichs­tag in Helsin­ki bereits im April eine Sicher­heits­ana­ly­se vorge­legt, in der Vortei­le und Risiken einer mögli­chen Nato-Mitglied­schaft beleuch­tet werden. Eine Positio­nie­rung für oder gegen eine solche Mitglied­schaft beinhal­te­te die Analy­se aber nicht.

Deutli­cher Meinungs­um­schwung in Finnland und Schweden

Finnland und auch das benach­bar­te Schwe­den sind heute bereits enge Partner der Nato, offizi­el­le Mitglie­der bislang aber nicht. Russlands Einmarsch in die Ukrai­ne hat jedoch in beiden Ländern eine inten­si­ve Nato-Debat­te ausge­löst. In der Bevöl­ke­rung gab es jeweils einen deutli­chen Meinungs­um­schwung hin zu einem mögli­chen Beitritt zu dem Bündnis. In einer jüngs­ten Umfra­ge des finni­schen Rundfunk­sen­ders Yle hatten sich zuletzt 76 Prozent der Befrag­ten für eine Nato-Mitglied­schaft Finnlands ausgesprochen.

Bei einem Besuch von Marin und der schwe­di­schen Minis­ter­prä­si­den­tin Magda­le­na Anders­son auf der Klausur­ta­gung des Bundes­ka­bi­netts in Meseberg bei Berlin hatte zuletzt auch Bundes­kanz­ler Olaf Scholz die deutsche Unter­stüt­zung für einen Nato-Beitritt der Länder zugesagt.

Die finni­sche Bekannt­ga­be erhöht nun den Druck auf Schwe­den, zeitnah eine Entschei­dung hinsicht­lich einer Nato-Mitglied­schaft zu treffen. Am Freitag wurde dort eine eigene sicher­heits­po­li­ti­sche Analy­se erwar­tet, am Sonntag wollen Anders­sons regie­ren­de Sozial­de­mo­kra­ten einen Beschluss zu ihrer eigenen Positi­on in der Angele­gen­heit fällen. Am kommen­den Diens­tag und Mittwoch ist Niinistö schließ­lich beim schwe­di­schen König Carl XVI. Gustaf in Stock­holm zu Besuch.