BERLIN (dpa) — Mit Blick auf das kommen­de Jahr hat die Bundes­netz­agen­tur erwar­tungs­ge­mäß keine guten Nachrich­ten für Verbrau­cher — Behör­den­chef Klaus Müller sagt eine Verdrei­fa­chung der monat­li­chen Abschlä­ge voraus.

Die monat­li­chen Abschlags­zah­lun­gen für Verbrau­cher von Erdgas werden sich nach Einschät­zung der Bundes­netz­agen­tur im kommen­den Jahr mindes­tens verdrei­fa­chen. «Bei denen, die jetzt ihre Heizkos­ten­ab­rech­nung bekom­men, verdop­peln sich die Abschlä­ge bereits — und da sind die Folgen des Ukrai­ne-Krieges noch gar nicht berück­sich­tigt», sagte der Präsi­dent der Behör­de, Klaus Müller, dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land. «Ab 2023 müssen sich Gaskun­den auf eine Verdrei­fa­chung der Abschlä­ge einstel­len, mindes­tens», fügte er hinzu.

An den Börsen hätten sich die Preise zum Teil versie­ben­facht. «Das kommt nicht alles sofort und nicht in vollem Umfang bei den Verbrau­chern an, aber irgend­wann muss es bezahlt werden. Und deshalb ist es ja auch so sinnvoll, jetzt stärker zu sparen», führte Müller weiter aus.

Auf die Frage, was er davon halte, die höheren Beschaf­fungs­kos­ten der Gashänd­ler mit einer Umlage an die Gaskun­den weiter­zu­ge­ben, sagte der Netzagen­tur­chef: «Das ist eine politi­sche Entschei­dung, die man sehr genau abwägen muss.» Man könnte so mit Milli­ar­den die Unter­neh­men unter­stüt­zen. Die andere Varian­te wäre, «die Preise durch­zu­ge­ben und dann zielge­nau denen zu helfen, die sie nicht mehr tragen können».

Müller trat Befürch­tun­gen entge­gen, dass Privat­haus­hal­te im Fall einer Gasman­gel­la­ge nachran­gig versorgt werden könnten. «Die deutsche und die europäi­sche Rechts­la­ge sehen vor, priva­te Haushal­te bis zum Ende zu schüt­zen», bekräf­tig­te er. «Selbst im schlimms­ten Szena­rio wird Deutsch­land weiter Gas bekom­men aus Norwe­gen und von Termi­nals aus Belgi­en oder Holland, demnächst auch direkt von Termi­nals an der deutschen Küste.» Dass gar kein Gas mehr bei den Menschen zu Hause ankommt, halte er für «nicht sehr wahrscheinlich».

Seit Montag liefert Russland durch die wichti­ge Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 wegen Wartungs­ar­bei­ten kein Gas mehr. Die Arbei­ten sollen bis zum 21. Juli dauern. Offen ist, ob anschlie­ßend wieder Gas fließen wird.

Arbeit­ge­ber­prä­si­dent Rainer Dulger macht sich daher große Sorgen um die deutsche Wirtschaft. «Es sieht so aus, als ob Russland das Gas stark verknappt oder auf Dauer gar nichts mehr liefert», sagte Dulger der «Süddeut­schen Zeitung». «Wir stehen vor der größten Krise, die das Land je hatte». Ein Gaslie­fer­stopp stelle die deutsche Wirtschaft vor ernste Proble­me. Das bleibe nicht auf die Indus­trie beschränkt, sondern betref­fe alle. «Wir müssen uns ehrlich machen und sagen: Wir werden den Wohlstand, den wir jahre­lang hatten, erstmal verlie­ren», sagte Dulger.