STUTTGART (dpa/lsw) — Wie ein Puzzle setzt sich der Strom­preis aus vielen Teilen zusam­men. Einer davon sind die sogenann­ten Netzent­gel­te. Wie sehr die in Baden-Württem­berg im kommen­den Jahr steigen dürften, zeich­net sich nun ab. Das letzte Wort ist aber nicht unbedingt gesprochen.

Dass Strom- und Gaskun­den im kommen­den Jahr tiefer in die Tasche greifen müssen, steht fest. Wie viel teurer Energie wird, zeich­net sich nach und nach ab. Nun hat die EnBW-Tochter Netze BW mitge­teilt, die sogenann­ten Netzent­gel­te voraus­sicht­lich teils im zweistel­li­gen Prozent­be­reich erhöhen zu wollen. Aller­dings hande­le es sich um vorläu­fi­ge Zahlen, sagte Geschäfts­füh­rer Chris­toph Müller der Deutschen Presse-Agentur. Bis Jahres­en­de könnten diese noch angepasst werden. Es wäre das erste Mal, dass das passiert — dieses Jahr aber nicht unwahrscheinlich.

Netzent­gel­te sind ein Bestand­teil des Strom­prei­ses. Energie­an­bie­ter zahlen sie für die Nutzung der Strom- und Gasin­fra­struk­tur an Netzbe­trei­ber — und geben sie in der Regel an die Verbrau­cher weiter. Die Bundes­netz­agen­tur reguliert und kontrol­liert die Netzent­gel­te, die sich zum Beispiel je nach Abnah­me­men­ge unter­schei­den oder danach, ob es sich um Hoch- oder Niedrig­span­nung handelt.

Es gibt weite­re regulier­te Bestand­tei­le des Strom­prei­ses wie Entgel­te für Messung und Messstel­len­be­trieb. Insge­samt machten sie für Haushalts­kun­den bislang etwa ein Viertel des Preises aus. Angesichts von Steige­run­gen auch bei anderen Fakto­ren könnte der Anteil der Netzent­gel­te am Gesamt­preis nach Müllers Einschät­zung bald sinken.

Im Detail plant Netze BW, den Grund­preis für einen Haushalts­an­schluss von 40 auf 80 Euro für das kommen­de Jahr anzuhe­ben, während der sogenann­te Arbeits­preis von 7,55 Cent je Kilowatt­stun­de auf 7,21 Cent sinken soll. Die Kosten für die Netznut­zung eines typischen Haushalts­an­schlus­ses mit einem Jahres­ver­brauch von 3500 Kilowatt­stun­den dürften einer Beispiel­rech­nung zufol­ge beim Strom unterm Strich um rund 9 Prozent steigen. Beim Gasnetz seien es sogar fast 30 Prozent.

Als Gründe nannte Müller für den Strom vor allem höhere Kosten für den Ausgleich des Verlusts beim Trans­port durch die Netze. Dieser sei technisch nicht vermeid­bar. Zudem hebt der Übertra­gungs­netz­be­trei­ber Trans­net BW seine Netzent­gel­te an. Der Anstieg sei bei der wieder­um für das Verteil­netz verant­wort­li­chen Netze BW dann eingerechnet.

Ein Effekt für den Anstieg beim Gas ist krisen­be­dingt: Weil weniger Gas durchs Netz fließen soll, werden die Kosten auf weniger Kilowatt­stun­den verteilt. Die Netzent­gel­te steigen quasi automatisch.

Netze BW belie­fert rund die Hälfte der Gemein­den im Südwes­ten. Die lägen vor allem in ländli­chen Regio­nen, sagte Müller. Wieder­um bezie­hen Stadt­wer­ke Energie von der Netze BW und geben ihn — in der Regel samt der Kosten — an die Endver­brau­cher weiter.

Die vier großen Übertra­gungs­netz­be­trei­ber in Deutsch­land, darun­ter Trans­net BW, hatten am Mittwoch die geplan­te Höhe ihrer Nutzungs­ge­büh­ren genannt: Sie sollen 2023 im Schnitt bei 3,12 Cent je Kilowatt­stun­de liegen — erstmals bundes­weit einheit­lich. Der Bund will mit einem Zuschuss von 13 Milli­ar­den Euro einen weite­ren Anstieg der Strom­prei­se bremsen. Wirtschafts­ver­bän­de fordern weite­re Schrit­te. «Die hohen Energie­prei­se sind eine erheb­li­che Belas­tung für unsere Wirtschaft und haben das Poten­zi­al, zu großen sozial­po­li­ti­schen Verwer­fun­gen zu führen», hatte die Chefin des Branchen­ver­ban­des BDEW, Kerstin Andreae, gesagt.

Die Netzbe­trei­ber inves­tie­ren die Einnah­men in die Infra­struk­tur. Darauf könne man nicht einfach wegen der Belas­tun­gen infol­ge des Krieges in der Ukrai­ne verzich­ten, sagte Geschäfts­füh­rer Müller von Netze BW. «Wir haben die Energie­wen­de, die politisch gewollt ist und die wir als Netzbe­trei­ber umset­zen müssen.» Gerade der Krieg habe noch einmal gezeigt, dass die Abkehr von fossi­len Energien gerade aus Russland das Gebot der Stunde sei. Damit das klappe, müssten die Netze ausge­baut werden. «Was wir mit der Energie­wen­de errei­chen wollen, braucht Inves­ti­tio­nen», beton­te der Manager. «Die Puffer der Vergan­gen­heit sind aufgebraucht.»