BRÜSSEL (dpa) — Mit neuen Straf­maß­nah­men gegen Russland greifen EU und G7 seit diesem Sonntag abermals radikal in den Weltmarkt ein. Ziel ist es, Russlands Kriegs­ma­schi­ne zu bremsen. Geht die Rechnung auf?

Ölpro­duk­te aus Russland dürfen von diesem Sonntag an nicht mehr in die Europäi­sche Union impor­tiert werden.

Grund­la­ge der Einfuhr­be­schrän­kung ist eine im vergan­ge­nen Juni von den 27 Mitglied­staa­ten beschlos­se­ne Sankti­ons­ver­ord­nung wegen des russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne. Sie trat bereits kurz nach dem Beschluss in Kraft, sah aber für das Ölpro­duk­te-Embar­go eine lange Übergangs­frist vor. Der Import von russi­schem Rohöl in die EU ist bereits seit dem vergan­ge­nen Dezem­ber weitge­hend verbo­ten. Bei dem Ölpro­duk­te-Embar­go gibt es ledig­lich eine Ausnah­me­re­ge­lung für Kroatien.

Auch Preis­ober­gren­ze gilt ab Sonntag

Ebenfalls von diesem Sonntag an gilt eine Regelung, die Russland dazu zwingen soll, Erdöl­pro­duk­te künftig unter Markt­preis an Abneh­mer in anderen Staaten zu verkau­fen. Sie sieht für Erzeug­nis­se wie Diesel eine Preis­ober­gren­ze von 100 US-Dollar (rund 92 Euro) pro Barrel vor, für weniger hochwer­ti­ge Erdöl­pro­duk­te wie Heizöl soll sie bei 45 Dollar (rund 41 Euro) pro Barrel (159 Liter) liegen. Zum Vergleich: An inter­na­tio­na­len Börsen wurde ein Barrel Diesel zur Liefe­rung nach Europa zuletzt zu Preisen von umgerech­net etwa 100 bis 120 Euro gehandelt.

Beide Maßnah­men sollen dazu beitra­gen, die russi­schen Handels­ge­win­ne zu begren­zen, und dadurch auch Russlands Fähig­kei­ten zur Kriegs­füh­rung einschrän­ken. Schon die bereits im vergan­ge­nen Dezem­ber einge­führ­te Preis­ober­gren­ze für russi­sche Rohöl­lie­fe­run­gen in Dritt­staa­ten kostet Russland nach Angaben der EU-Kommis­si­on geschätzt rund 160 Millio­nen Euro pro Tag. Ziel des Preis­de­ckels ist es zugleich, neue Preis­sprün­ge an den inter­na­tio­na­len Märkten zu verhin­dern, um damit die EU-Staaten und auch Dritt­län­der zu schützen.

EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen teilte zu dem Vorha­ben mit, gemein­sam mit der Gruppe der führen­den westli­chen Indus­trie­na­tio­nen (G7) werde man Russlands Einnah­men reduzie­ren und die Stabi­li­tät der inter­na­tio­na­len Energie­märk­te garantieren.

Um die Preis­ober­gren­ze durch­zu­set­zen, wurde beschlos­sen, dass für den Export russi­scher Ölerzeug­nis­se wichti­ge Dienst­leis­tun­gen künftig nur noch dann ungestraft erbracht werden dürfen, wenn der Preis des expor­tier­ten Öls die Preis­ober­gren­ze nicht überschrei­tet. Westli­che Reede­rei­en können mit ihren Schif­fen damit weiter­hin russi­sche Ölpro­duk­te in Dritt­staa­ten wie Indien trans­por­tie­ren. Auch gilt die Regelung für andere wichti­ge Dienst­leis­tun­gen wie Versi­che­run­gen, techni­sche Hilfe sowie Finan­zie­rungs- und Vermittlungsdienste.

Polen und balti­sche Staaten forder­ten niedri­ge Obergrenzen

Schwie­rig hatten sich in den vergan­ge­nen Tagen die Verhand­lun­gen über die konkre­ten Preis­ober­gren­zen gestal­tet. Polen und die balti­schen Staaten forder­ten nach Angaben von Diplo­ma­ten möglichst niedri­ge Beträ­ge, um die Einnah­men Russlands so niedrig wie möglichst zu halten. Andere Staaten befürch­te­ten hinge­gen, dass Russland dann Liefe­run­gen stoppen könnte, was eine Verknap­pung des Angebots und einen Anstieg der Weltmarkt­prei­se zur Folge haben könnte.

Als ein Zugeständ­nis an Länder wie Polen wurde laut Diplo­ma­ten nun verein­bart, die Regeln für die konti­nu­ier­li­che Überprü­fung der Preis­ober­gren­zen so zu ändern, dass eher Anpas­sun­gen nach unten möglich sind.