Tag vier des Teil-Lockdowns — aber die Fallzah­len in Deutsch­land sind davon noch unberührt. Das Robert Koch-Insti­tut verzeich­net einen neuen Höchst­stand bei den Neuin­fek­tio­nen. Dennoch gibt es Anzei­chen, dass eine Trend­um­kehr bevor­ste­hen könnte.

Sowohl die Rate bundes­wei­ter Neuan­ste­ckun­gen als auch die R‑Werte liefern Anzei­chen dafür, dass mögli­cher­wei­se eine Trend­um­kehr bevor­ste­hen könnte. Den bislang höchs­ten Wert seit Beginn der Pande­mie hatte das RKI am vergan­ge­nen Samstag mit 19.059 Fällen gemeldet.

Noch Ende Septem­ber hatte Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) auf ein Szena­rio hinge­wie­sen, demzu­fol­ge es zu Weihnach­ten 19.200 Neuin­fek­tio­nen am Tag geben könnte — nun ist dieser Wert bereits sieben Wochen früher übertrof­fen. Es war der fünfte gemel­de­te Höchst­stand an einem Donners­tag in Folge. Am Donners­tag vor einer Woche betrug die Zahl 16.774, an dem vor zwei Wochen (22. 10.) 11.287, vor drei (15.10.) 6638 und vor vier Wochen (8.10.) 4058.

Die Repro­duk­ti­ons­zahl, kurz R‑Wert, lag in Deutsch­land laut RKI-Lagebe­richt vom Mittwoch­abend bei 0,81. Das heißt, dass zehn Infizier­te im Mittel etwa acht weite­re Menschen anste­cken. Liegt der Wert für länge­re Zeit unter 1, flaut das Infek­ti­ons­ge­sche­hen ab.

Der R‑Wert bildet jeweils das Infek­ti­ons­ge­sche­hen etwa einein­halb Wochen zuvor ab. Zudem gibt das RKI ein sogenann­tes Sieben-Tage‑R an, der das Gesche­hen von vor 8 bis 16 Tagen zeigt. Dieser Wert bezieht sich auf einen länge­ren Zeitraum und unter­liegt daher weniger tages­ak­tu­el­len Schwan­kun­gen. Nach RKI-Schät­zun­gen lag er am Mittwoch bei 0,92, also ebenfalls leicht unter 1.

Auch am Vortag hatten die beiden R‑Werte unter 1 gelegen, in den Tagen zuvor jeweils leicht darüber. Ob das leich­te Sinken der R‑Werte ein stabi­ler Trend oder eine Schwan­kung ist, lässt sich nach RKI-Angaben noch nicht sagen. Um in eine wieder kontrol­lier­ba­re Lage zu kommen, müsse die Repro­duk­ti­ons­zahl länge­re Zeit deutlich unter 1 liegen, bei 0,7 oder noch niedri­ger. Auch dann werde es Wochen dauern, bis man wieder im Bereich von täglich 2000 Neuin­fek­tio­nen sei, hieß es.

Daten des Corona-Monitors des Bundes­in­sti­tuts für Risiko­be­wer­tung (BfR) hatten gezeigt, dass sich die dafür Befrag­ten schon in der vergan­ge­nen Woche vorsich­ti­ger als noch zwei Wochen zuvor verhiel­ten. Bis sich die Wirkung des seit Montag greifen­den Teil-Lockdowns mit Schlie­ßun­gen etlicher Einrich­tun­gen im Novem­ber bei den Infek­ti­ons­zah­len zeigt, dauert es wegen der Spannen von der Anste­ckung zu Sympto­men, Test und Erfas­sung nach RKI-Angaben zwei bis drei Wochen.

Die Zahl erfass­ter Neuin­fek­tio­nen je 100.000 Einwoh­ner über sieben Tage lässt weiter auf ein an Dynamik gewin­nen­des Infek­ti­ons­ge­sche­hen schlie­ßen. Aller­dings fiel der Anstieg der Inzidenz vergli­chen mit dem Wert vom Vortag gerin­ger aus als in den vergan­ge­nen zwei Wochen. Derzeit liegt der Wert bei 126,8 (Stand 5.11. 00.00 Uhr) und damit nur wenig höher als gestern (125,8), wie das RKI mitteil­te. Vor vier Wochen (8.10.) hatte er noch bei gerade mal 20,2 gelegen.

Eine hohe 7‑Tage-Inzidenz zeigt an, dass sich viele Menschen mit dem Virus infiziert haben. Kanzle­rin Angela Merkel (CDU) hat als Ziel ausge­ge­ben, wieder in eine Region von 50 Infek­tio­nen in sieben Tagen pro 100.000 Einwoh­ner zu kommen. Dann könnten Gesund­heits­äm­ter Kontak­te infizier­ter Menschen nachverfolgen.

Seit Anfang Septem­ber nimmt der Anteil älterer Perso­nen unter den Covid-19-Fällen nach RKI-Angaben wieder zu. Sie haben ein höheres Risiko, schwer zu erkran­ken. Die Zahl der inten­siv­me­di­zi­nisch behan­del­ten Covid-19-Fälle hat sich in den vergan­ge­nen zwei Wochen von 943 Patien­ten (21.10.) auf 2546 Patien­ten (4.11.) fast verdrei­facht. Der bishe­ri­ge Höchst­stand hatte nach Daten der Deutschen Inter­dis­zi­pli­nä­ren Verei­ni­gung für Inten­siv- und Notfall­me­di­zin (DIVI) bei 2933 am 18. April gelegen.

Selbst bei einer Trend­um­kehr würde die Belas­tung der Klini­ken zunächst wohl weiter zuneh­men: Etwa zehn Tage dauert es nach Exper­ten­an­ga­ben im Schnitt, bis Patien­ten mit Sympto­men auf die Inten­siv­sta­ti­on verlegt werden müssen. Beatme­te Patien­ten bleiben dort meist mehre­re Wochen, Todes­fäl­le treten erst im Verlauf auf. Die Zahl der Neuin­fek­tio­nen wirkt sich darum ebenfalls erst verzö­gert auf die Zahl der Todes­fäl­le aus.

Insge­samt haben sich dem RKI zufol­ge seit Beginn der Pande­mie bundes­weit 597.583 Menschen mit Sars-CoV‑2 infiziert (Stand: 05. 11., 00.00 Uhr). Die Zahl der Todes­fäl­le im Zusam­men­hang mit dem Virus stieg um 118 auf insge­samt 10.930 .Das RKI schätzt, dass rund 391.600 Menschen inzwi­schen genesen sind.