BERLIN (dpa) — Im Kampf gegen den Klima­wan­del soll der Verkehr saube­rer werden — und dafür sollen noch mehr E‑Autos auf deutsche Straßen kommen. Doch wie? Die Debat­te über umstrit­te­ne Kaufan­rei­ze zieht wieder an.

Im Ringen um mehr Klima­schutz im Verkehr gibt es neuen Streit über die künfti­ge staat­li­che Förde­rung von Elektro­au­tos in Deutsch­land. Umwelt­ver­bän­de warnten am Montag davor, auf höhere und länge­re Kaufprä­mi­en zu setzen.

Green­peace wandte sich gegen ein «sündteu­res Geschenk für die Autoin­dus­trie», das für den Klima­schutz aber so gut wie nichts bringe. Der Autofah­rer­club ADAC machte sich für Kaufan­rei­ze auch über 2025 hinaus stark. Die Bundes­re­gie­rung verwies auf laufen­de inter­ne Abstim­mun­gen. Grund­sätz­lich hat die Ampel-Koali­ti­on eine Neuaus­rich­tung der Prämi­en ab 2023 angekündigt.

Kaufprä­mie verlän­gern und erhöhen

Nach einem Bericht des «Handels­blatts» sehen Pläne von Bundes­ver­kehrs­mi­nis­ter Volker Wissing (FDP) vor, die Kaufprä­mie für reine E‑Autos bis 2027 zu verlän­gern und deutlich zu erhöhen. Für Fahrzeu­ge bis 40.000 Euro solle der staat­li­che Bonus von 6000 Euro auf 10.800 Euro angeho­ben werde, berich­tet die Zeitung. Hinzu käme der Herstel­ler­zu­schuss von 3000 Euro. Bei teure­ren E‑Autos bis 60.000 Euro solle die Prämie ebenfalls steigen. Ab dem zweiten Halbjahr 2023 sollten Käufer ein mindes­tens elf Jahre altes Verbren­ner­au­to verschrot­ten müssen, um noch die volle Förde­rung zu erhalten.

Laut «Handels­blatt» gehen die Vorschlä­ge aus einem Gutach­ten für die Regie­rung hervor, in dem Forschungs­in­sti­tu­te den Entwurf für ein geplan­tes Klima­schutz­so­fort­pro­gramm bewer­tet haben. Wissing erklär­te am Montag­abend bei Twitter: «Weder will ich eine Abwrack­prä­mie noch eine höhere Kaufprä­mie für Elektro­fahr­zeu­ge.» Der Umstieg auf eine klima­neu­tra­le Mobili­tät müsse über markt­wirt­schaft­li­che Anrei­ze gelin­gen. Das Minis­te­ri­um erklär­te, bei dem von ihm einge­brach­ten Paket für das Klima­schutz­pro­gramm hande­le es sich um Optio­nen, wie ohne Verbo­te, Steuer- und Abgaben­er­hö­hun­gen Klima­schutz betrie­ben werden kann. «Keine dieser Maßnah­men ist aktuell beschlossen.»

Neue Mobili­tät mit weniger Autos

Der Vorsit­zen­de des Bundes für Umwelt und Natur­schutz Deutsch­land (BUND), Olaf Bandt, sagte dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land: «Statt wieder einsei­tig Steuer­geld für den Kauf von immer mehr Autos zu inves­tie­ren, muss das Geld in eine neue Mobili­tät mit weniger Autos inves­tiert werden.» ADAC-Verkehrs­prä­si­dent Gerhard Hille­brand sagte den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe, zum Hochlauf der E‑Mobilität sei eine Fortfüh­rung der Förde­rung wichtig. Sie könne mit Blick auf
die Belas­tun­gen der Steuer­zah­ler degres­siv gestal­tet werden. «Doch ein vollstän­di­ges Auslau­fen 2025 wäre auf jeden Fall verfrüht.»

Die Ampel-Koali­ti­on peilt eine Neuaus­rich­tung der E‑Auto-Förde­rung an. Wirtschafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grüne) hat sie für die Zeit ab 2023 angekün­digt. Geför­dert werden sollen künftig nur noch E‑Autos, die «nachweis­lich einen positi­ven Klima­schutz­ef­fekt» haben, heißt es im Koali­ti­ons­ver­trag. Festge­macht werden soll das am elektri­schen Fahran­teil und der elektri­schen Mindestreich­wei­te. Über Ende 2025 hinaus seien die Kaufprä­mi­en nicht mehr erfor­der­lich, heißt es zudem.

Die bestehen­den Zuschüs­se wurden noch einmal bis Ende dieses Jahres verlän­gert. Demnach gibt es eine «Innova­ti­ons­prä­mie» von insge­samt bis zu 9000 Euro für rein elektri­sche Autos und bis zu 6750 Euro für Hybri­de, die man per Stecker lädt (Plug-in). Ziel der Ampel-Koali­ti­on sind mindes­tens 15 Millio­nen vollelek­tri­sche Pkw bis 2030.

Arbeit an Klimaschutzsofortprogramm

Zudem arbei­tet die Regie­rung an dem Klima­schutz­so­fort­pro­gramm, das im Juli vom Kabinett beschlos­sen werden soll. Dazu sammelt das Wirtschafts- und Klima­schutz­mi­nis­te­ri­um Vorschlä­ge der betei­lig­ten Ressorts — einen Gesamt­ent­wurf gibt es noch nicht. Insbe­son­de­re die Minis­te­ri­en für Bauen und Verkehr müssen nachsteu­ern, um die Ziele beim Einspa­ren von Treib­haus­ga­sen zu errei­chen. Solche Vorschlä­ge hat das Wirtschafts­mi­nis­te­ri­um von exter­nen Exper­ten überprü­fen lassen. Sie sollten nachrech­nen, ob die erhoff­te Wirkung erzielt werden kann und ob es Wechsel­wir­kun­gen zwischen einzel­nen Maßnah­men geben könnte.

Aus Sicht des Verbands der Automo­bil­in­dus­trie (VDA) ist jetzt eine schnel­le Markt­durch­drin­gung entschei­dend, um die Klima­zie­le zu errei­chen. «Elektro­au­tos sind auf dem Weg zum Massen­pro­dukt und werden auf lange Sicht billi­ger werden», sagte Präsi­den­tin Hilde­gard Müller. Noch wirkten sich Belas­tun­gen aus Um- und Neubau­ten von Werken aber preis­stei­gernd aus. Daher sei eine «Weiter­ent­wick­lung und Stärkung» der Kaufprä­mi­en inklu­si­ve Förde­rung für Hybri­de aktuell notwen­dig, um den Hochlauf der E‑Mobilität voran­zu­trei­ben. Für das Verbrau­cher­ver­trau­en sei wichtig, den Bonus an den Zeitpunkt der Bestel­lung zu knüpfen — und nicht an den Termin der Auslieferung.