LONDON (dpa) — Moder­ni­sie­rung des Königs­hau­ses, Klima- und Umwelt­fra­gen, dazu Knatsch in der eigenen Familie: Der neue briti­sche König hat viel Arbeit vor sich. Hinzu kommt die heikle Planung für ein Großevent.

Nach dem Staats­be­gräb­nis für die Queen mit eigens ausge­ru­fe­nem Feier­tag ist für die meisten Briten am Diens­tag wieder Alltag einge­kehrt. Für die Königs­fa­mi­lie gilt hinge­gen noch eine sieben­tä­gi­ge Trauerperiode.

König Charles III. flog am Diens­tag­mit­tag von einem Militär­flug­ha­fen in London aus nach Aberdeen, wie der Sender Sky News berich­te­te. Wie seine am 8. Septem­ber gestor­be­ne Mutter ist auch der 73-Jähri­ge dafür bekannt, gerne Zeit in dem nördlichs­ten briti­schen Landes­teil zu verbringen.

Anders als in der vergan­ge­nen Woche, in der Charles und seine Familie etliche öffent­li­che Auftrit­te hatten, sollen die kommen­den Tage für priva­te­res Trauern und ruhige­re Momen­te genutzt werden. Öffent­li­che Termi­ne sind nicht geplant. Doch trotz Trauer­be­flag­gung dürfte hinter den Palast­mau­ern bereits emsig an Plänen für die Zukunft geschmie­det werden — etwa wegen Vorbe­rei­tun­gen für die Krönung des neuen Königs Charles III. und seiner Königs­ge­mah­lin Camilla.

Krönung im Frühjahr oder Sommer?

Der in royalen Dingen stets gut infor­mier­te «Telegraph» geht davon aus, dass die Krönung im nächs­ten Frühjahr oder Sommer statt­fin­den wird. Die Zeremo­nie werde voraus­sicht­lich in einem sehr viel kleine­ren Rahmen gehal­ten als die Krönung seiner Mutter Eliza­beth II. im Jahr 1953, so das Blatt. Es gilt als sehr wahrschein­lich, dass Charles die Monar­chie verschlan­ken und den Fokus auf wenige Mitglie­der an der Spitze der Königs­fa­mi­lie reduzie­ren will.

Die briti­sche Kultur­mi­nis­te­rin Michel­le Donelan dämpf­te jedoch erst einmal die Hoffnun­gen auf ein weite­res royales Großereig­nis in allzu naher Zukunft. Die Staats­trau­er nach dem Tod der Königin sei eben erst beendet worden, sagte sie dem Sender LBC. «Wir wollen dem Land eine Pause gönnen.» Anders als an den Schlös­sern des Königs­hau­ses wehten die Fahnen an briti­schen Regie­rungs­ge­bäu­den im In- und Ausland von Diens­tag an nicht mehr auf halbmast.

Vorläu­fi­gen Schät­zun­gen der Regie­rung zufol­ge kamen etwa 250.000 Menschen ins Parla­ment, um am Sarg der Queen Abschied zu nehmen. Das wären aller­dings weniger als zunächst erwar­tet wurden. Eliza­beths Vater König George VI. hatten 1952 nach seinem Tod etwa 300.000 Menschen ihren Respekt gezollt. Für die Queen wurde mit deutlich größe­rem Zulauf gerechnet.

Wohl kein royaler Pomp aus Kostengründen

Auch Geld dürfte bei den Plänen für die Krönung eine Rolle spielen. Angesichts erheb­lich gestie­ge­ner Energie­prei­se und einer Infla­ti­ons­ra­te im zweistel­li­gen Bereich dürfte der Palast darauf aus sein, die Kosten gering zu halten und kein Feuer­werk an royalem Pomp zu veran­stal­ten, während die Menschen im Land mit einer Krise der Lebens­hal­tungs­kos­ten kämpfen.

Bereits an den üppigen Trauer­mär­schen zum Tod der Queen hatte es verein­zelt Kritik gegeben. Beispiels­wei­se als ein Mann in der walisi­schen Haupt­stadt Cardiff dem neuen König entge­gen­rief: «Charles, während wir Schwie­rig­kei­ten haben, unsere Wohnun­gen zu heizen, müssen wir für Ihre Paraden bezah­len.» Er wurde von einem Sicher­heits­mann abgedrängt.

Allein die Kosten für den Polizei­ein­satz während der elftä­gi­gen Trauer­fei­er­lich­kei­ten dürften enorm gewesen sein. Wie viel genau das Staats­be­gräb­nis gekos­tet hat, konnte Donelan zunächst nicht sagen. «Ich denke, die briti­sche Öffent­lich­keit würde argumen­tie­ren, dass das Geld gut angelegt war», sagte die Minis­te­rin. Sie glaube nicht, «dass irgend­je­mand behaup­ten kann, unsere gestor­be­ne Monar­chin habe diesen Abschied nicht verdient, angesichts der Pflicht und des selbst­lo­sen Diens­tes, dem sie sich mehr als 70 Jahre verschrie­ben hat.»

Welche Heraus­for­de­rung auf Charles warten

In den ersten Tagen nach dem Tod der Queen hatten sich viele Briten Kritik am Königs­haus verbe­ten. Es sei nicht der richti­ge Zeitpunkt dafür, hörte man vieler­orts. Ob das auch in den kommen­den Wochen und Monaten so bleibt, muss sich erst noch erweisen.

Doch auf Charles warten noch ganz andere Heraus­for­de­run­gen. So dürfte auch der Kurs der neuen briti­schen Premier­mi­nis­te­rin Liz Truss in Sachen Klima- und Umwelt­schutz sowie erneu­er­ba­re Energien den König vor ein Dilem­ma stellen. Truss wettert offen gegen Solar­an­la­gen, während sie die Atomkraft und das umstrit­te­ne Frack­ing preist. Charles, der sich seit langem für den Schutz von Umwelt und Klima stark macht, dürfte das nicht gefallen.

Doch als König ist er zur unbeding­ten politi­schen Neutra­li­tät verpflich­tet. Eine Tugend, die Eliza­beth II. vollendet beherrsch­te. Bleibt Charles stumm, dürfte er viele junge Menschen gegen sich aufbrin­gen, die ihn wegen seines Engage­ments unter­stüt­zen. Stellt er sich offen der Regie­rung, dürfte er den Zorn der konser­va­ti­ven Boule­vard­pres­se auf sich ziehen und damit dem Königs­haus womög­lich einen Bären­dienst erweisen.

Streit mit Harry & Meghan scheint nicht beigelegt

Eine weite­re Baustel­le hat Charles in der eigenen Familie. Trotz warmer Worte und gemein­sa­mer Auftrit­te während der Trauer­fei­er­lich­kei­ten für die Queen scheint der Streit mit seinem Sohn Prinz Harry (38) und Schwie­ger­toch­ter Herzo­gin Meghan keines­wegs beigelegt. Harry hat zudem für dieses Jahr die Veröf­fent­li­chung seiner Memoi­ren angekün­digt, die für neuen Zündstoff sorgen dürften.

Die Queen hatte bei all den Strei­te­rei­en stets als Brücke fungiert, die von beiden Seiten respek­tiert wurde. Doch mit ihrem Tod ändert sich auch das. Ihr Sarg war am Montag nach Abschluss der offizi­el­len Trauer­fei­er in einer Seiten­ka­pel­le der St.-Georges-Kapelle auf Schloss Windsor im kleinen Kreis beigesetzt worden.