STUTTGART (dpa/lsw) — Polizis­ten werden über die 110 zu Tator­ten beordert, wo rein gar nichts gesche­hen ist. Dadurch werden Kräfte gebun­den, die vielleicht anders­wo fehlen. Das Phäno­men nimmt zu.

Eigent­lich sollen Notru­fe nur in Notla­gen abgesetzt werden — aber die Hilfe­num­mern 110 und 112 werden immer häufi­ger missbraucht. In Baden-Württem­berg zählte das Innen­mi­nis­te­ri­um für 2021 mit fast 800 Fällen den höchs­ten Wert seit 2017. Das sei im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um 11,8 Prozent auf genau 786 Fälle, teilte das Ressort von Innen­mi­nis­ter Thomas Strobl (CDU) anläss­lich des Europäi­schen Tag des Notrufs 112 auf Anfra­ge der Deutschen Presse-Agentur in Stutt­gart mit. Die Aufklä­rungs­quo­te sank im gleichen Zeitraum um 2,3 Prozent auf 69,5 Prozent. 2017 belief sich die Anzahl der Fälle noch auf 689. Auch für das Jahr 2022 deutet sich der Behör­de zufol­ge ein Anstieg an.

Mit der 110 wird der Notruf an das örtlich zustän­di­ge Polizei­prä­si­di­um weiter­ge­lei­tet. Die 112 führt zur Feuer­wehr und Rettungs­diens­ten. Ein typischer Missbrauch wäre ein Notruf zu einer vermeint­li­chen Schlä­ge­rei, die sich bei Ankunft der Strei­fe als nicht existent heraus­stellt. Oder es werden unter der 112 Verletz­te gemel­det, die es gar nicht gibt.

Der Missbrauch von Notru­fen kann laut Innen­mi­nis­te­ri­um eine Straf­tat sein, die mit Freiheits­stra­fe bis zu einem Jahr oder mit Geldstra­fe geahn­det werden kann. Bei vorge­täusch­ten Notfäl­len werden dem Minis­te­ri­um zufol­ge Einsatz­kräf­te unnötig gebun­den. Es könne passie­ren, dass sich Rettungs­kräf­te bei nur vermeint­lich erfor­der­li­chen Rettungs­maß­nah­men selbst in Gefahr bringen. Eine Minis­te­ri­ums­spre­che­rin beton­te: «Der Missbrauch von Notru­fen gefähr­det damit mittel­bar auch tatsäch­lich in Not befind­li­che Perso­nen, denen alle Hilfs­mög­lich­kei­ten zur Verfü­gung stehen sollen.»