DÜSSELDORF (dpa) — Nordrhein-Westfa­len wählt einen neuen Landtag — und die Wahl ist hochspan­nend: Denn CDU und SPD liegen in Umfra­gen sehr nah beiein­an­der. Beim künfti­gen Regie­rungs­bünd­nis ist alles offen.

Bei strah­len­dem Sonnen­schein und blauem Himmel hat in Nordrhein-Westfa­len am Sonntag die Landtags­wahl begon­nen. Die Wahllo­ka­le sind seit 8.00 Uhr geöff­net. Rund 13 Millio­nen Menschen sind im bevöl­ke­rungs­reichs­ten Bundes­land wahlberechtigt.

In letzten Meinungs­um­fra­gen zeich­ne­te sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CDU mit Minis­ter­prä­si­dent Hendrik Wüst und der SPD mit Spitzen­kan­di­dat Thomas Kutscha­ty ab.

In Umfra­gen hat die seit fünf Jahren amtie­ren­de schwarz-gelbe Koali­ti­on keine Mehrheit mehr. Bis 2017 war eine rot-grüne Koali­ti­on an der Macht in NRW. Der Ausgang der Landtags­wahl und mögli­che künfti­ge Koali­tio­nen gelten als völlig offen. Die erste Progno­se zum Wahlaus­gang wird kurz nach Schlie­ßung der Wahllo­ka­le um 18.00 Uhr erwartet.

Wahl in NRW Gradmes­ser für Bundesparteien

Für die Bundes­par­tei­en und die im Bund regie­ren­de Ampel-Koali­ti­on aus SPD, Grünen und FDP gilt die auch als «kleine Bundes­tags­wahl» bezeich­ne­te Abstim­mung in NRW als wichti­ger Stimmungs­test. Am vergan­ge­nen Sonntag hatte die CDU mit Minis­ter­prä­si­dent Daniel Günther bei der Wahl in Schles­wig-Holstein klar gesiegt. Zuvor hatte bei der Landtags­wahl im Saarland die SPD mit Anke Rehlin­ger hoch gewonnen.

CDU-Spitzen­kan­di­dat Wüst hatte erst vor gut einem halben Jahr Armin Laschet als NRW-Minis­ter­prä­si­dent abgelöst, nachdem dieser als Unions­kanz­ler­kan­di­dat bei der Bundes­tags­wahl geschei­tert war. Wüst will seine Stimme am Vormit­tag in seinem Heimat­ort Rhede im Münster­land abgeben, SPD-Heraus­for­de­rer Kutscha­ty wählt in seiner Heimat­stadt Essen.

Eine Masken­pflicht wegen der Corona-Pande­mie gilt in den Wahllo­ka­len entspre­chend der aktuell gülti­gen Coronaschutz­ver­ord­nung nicht. Der Landes­wahl­lei­ter hatte aber vorab dazu geraten, freiwil­lig für sich selbst und zum Infek­ti­ons­schutz der ehren­amt­li­chen Wahlvor­stands­mit­glie­der eine Maske aufzusetzen.

Kopf-an-Kopf-Rennen in Umfragen

Die Wahlbe­tei­li­gung hatte 2017 bei 65,2 Prozent gelegen. In mehre­ren Umfra­gen zeich­ne­te sich zuletzt ein enges Rennen zwischen CDU und SPD ab. Die CDU lag mit etwa 30 bis 32 Prozent knapp vor der SPD mit 28 bis 29 Prozent. In den meisten Erhebun­gen hat die CDU einen Vorsprung von zwei bis drei Prozent­punk­ten vor der SPD — eine Aussa­ge zur Rangfol­ge der beiden Partei­en ist wegen der statis­ti­schen Fehler­quo­te damit nicht möglich. Außer­dem waren bis zuletzt laut Umfra­gen viele Stimm­be­rech­tig­te noch unent­schie­den, wen sie wählen.

Die Grünen liegen in Umfra­gen bei 16 bis 18 Prozent und könnten mit ihrer Spitzen­kan­di­da­tin Mona Neubaur ihr bestes Landtags­wahl­er­geb­nis errei­chen. Die FDP könnte nur noch mit 7 bis 8 Prozent rechnen, die AfD mit 6 bis 8 Prozent. Die Linke würde mit etwa 3 Prozent den Einzug in den Landtag erneut verpassen.

NRW nicht mehr SPD-«Stammland»

Dass NRW längst nicht mehr das «Stamm­land» der SPD ist, zeigt sich daran, dass sich CDU und SPD in den vergan­ge­nen Jahren an der Regie­rung abgewech­selt haben. 2017 bilde­ten CDU und FDP eine Koali­ti­on, bis 2017 war ein rot-grünes Bündnis am Ruder.

Für die nächs­te Landes­re­gie­rung könnte es mehre­re Optio­nen geben. Möglich wäre laut Umfra­gen neben einer eher unbelieb­ten großen Koali­ti­on aus CDU und SPD etwa ein schwarz-grünes Bündnis oder ein Jamai­ka-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP. Die SPD könnte zudem wie im Bund eine Ampel-Koali­ti­on mit Grünen und FDP bilden. Für eine rot-grüne Mehrheit reicht es in einigen Umfra­gen nicht.

NRW-Minis­ter­prä­si­dent Wüst würde gern mit der FDP weiter­re­gie­ren, die Libera­len halten sich jedoch — wie auch die Grünen — alle Optio­nen offen. Der NRW-SPD-Chef und ehema­li­ge Landes­jus­tiz­mi­nis­ter Kutscha­ty, der auch stell­ver­tre­ten­der SPD-Bundes­vor­sit­zen­der ist, kann sich die Bildung einer Ampel-Koali­ti­on wie im Bund vorstel­len. Kutscha­ty hat im Wahlkampf starke Unter­stüt­zung von Kanzler Scholz bekom­men. Auch auf Wahlpla­ka­ten sind Kutscha­ty und Scholz zusam­men abgebildet.

Von Dorothea Hülsmei­er, dpa