Nordi­sche Ski-Weltmeis­ter­schaf­ten waren immer deutsche Medail­len­fest­spie­le. Bei den Titel­kämp­fen in der Heimat ist die Bilanz dagegen ernüch­ternd. Ein Einhei­mi­scher verhin­dert mit seinen Teamkol­le­gen ein Fiasko.

OBERSTDORF (dpa) — Golde­ner Glanz auf der Schan­ze, Pannen und Enttäu­schung in der Loipe: Mit dem heraus­ra­gen­den Lokal­hel­den Karl Geiger an der Spitze haben die Skisprin­ger bei der Heim-WM als großer Licht­blick im Gastge­ber-Team aufgetrumpft.

Die schwächs­te Medail­len­aus­beu­te des Deutschen Skiver­ban­des seit 2013 konnten aber auch Gigant Geiger und Doppel-Weltmeis­ter Markus Eisen­bich­ler bei den Winter-Festspie­len nicht verhin­dern. In zwei sport­lich spekta­ku­lä­ren Wochen unter Corona-Bedin­gun­gen waren die Leistun­gen der Nordi­schen Kombi­nie­rer und vor allem der Langläu­fer bis auf wenige Ausnah­men ernüchternd.

«Zufrie­den bin ich nicht, wir wollten drei Medail­len holen», sagte Kombi­nie­rer-Bundes­trai­ner Hermann Weinbuch zur Leistung seiner Schütz­lin­ge. Je einmal Silber mit der Mannschaft und im Teamsprint für Eric Frenzel und Fabian Rießle sind für sein erfolgs­ver­wöhn­tes Team zu wenig. «Die Trauben hängen aber ziemlich hoch», sagte der 60-Jähri­ge auch mit Blick auf die immer stärke­re Konkur­renz aus Öster­reich und Norwegen.

Die Skandi­na­vi­er präsen­tier­ten sich im meist sonnig-warmen Allgäu vor leeren Rängen auch ohne die Unter­stüt­zung ihrer reise­lus­ti­gen und feier­wü­ti­gen Fans mal wieder als absolut überra­gen­de Nation im nordi­schen Skisport. Bei den Langlauf-Shows der vierma­li­gen Weltmeis­te­rin There­se Johaug oder von Sprin­ter-Ass Johan­nes Klaebo blieben den deutschen Athle­ten nur Neben­rol­len. Klaebo hatte zunächst auch das 50-Kilome­ter-Rennen gewon­nen, wurde dann aber für sein Verhal­ten im Schluss­spurt disqua­li­fi­ziert. Gold staub­te sein Lands­mann Emil Iversen vor Alexan­der Bolschunow aus Russland und dem Norwe­ger Simen Hegstad Krüger ab.

Ein Skiver­lust mitten im Rennen, Stürze und Proble­me mit dem Materi­al — die Langläu­fer ließen kaum eine mögli­che Panne aus. Hoffnungs­trä­ge­rin Katha­ri­na Hennig konnte die in sie gesetz­ten Erwar­tun­gen nicht erfül­len. Von den Podest­plät­zen waren die 24-Jähri­ge und ihre Teamkol­le­gen weit entfernt.

Dass dies in der öffent­li­chen Wahrneh­mung nicht so ins Gewicht fiel, lag haupt­säch­lich an Geigers holly­wood­rei­fen Auftrit­ten ausge­rech­net in seinem Skisprung-Wohnzim­mer zur besten TV-Sende­zeit. Der Allgäu­er krönte seine Wahnsinns­sai­son mit vier Medail­len in vier Wettbe­wer­ben — zweimal Gold, einmal Silber und einmal Bronze. An fünf der insge­samt sechs deutschen Medail­len waren Sport­ler aus Oberst­dorf beteiligt.

«Ich bin stolz, dass ich hier wettkämp­fen durfte», sagte Geiger im Anschluss an den glorrei­chen Titel-Abschluss mit der Mannschaft am Samstag­abend. Nach der Goldme­dail­le des 28 Jahre alten Ausnah­me­sprin­gers im Team mit Eisen­bich­ler, Severin Freund und Pius Pasch­ke schall­ten laute Freuden­ru­fe durchs winter­sport­ver­rück­te Dorf am Fuß des Schat­ten­bergs, in dem nicht jeder die WM-Austra­gung in Pande­mie-Zeiten befürwortete.

Sorgen vor zahlrei­chen neuen Corona-Infek­tio­nen erhiel­ten zumin­dest während der Großver­an­stal­tung aber nur selten neue Nahrung. Die Organi­sa­to­ren passten die Schutz­maß­nah­men noch kurz vor und während der WM laufend an und teste­ten alle Betei­lig­ten engma­schig. Einige wenige Corona-Fälle gab es, doch wirklich für Aufse­hen sorgte nur der positi­ve Test des norwe­gi­schen Top-Skisprin­gers Halvor Egner Grane­rud, der dadurch am Abschluss-Wochen­en­de ausfiel.

Pande­mie­be­dingt konnten sich die Skisprin­ger, Kombi­nie­rer und Langläu­fer noch mehr auf ihren Sport konzen­trie­ren als ohnehin schon. Ablen­kungs­mög­lich­kei­ten gab es kaum. Getrenn­te Essens­stu­ben und stark einge­schränk­te Kontak­te standen im krassen Gegen­satz zum sonsti­gen WM-Trubel und gemüt­li­chen Abenden im Deutschen Haus.

Der Teamge­dan­ke litt darun­ter kaum — zumin­dest, wenn man die Aussa­gen von Skisprung-Bundes­trai­ner Stefan Horng­a­cher als Referenz nimmt. «Wir fiebern auch mit den anderen mit», sagte Horng­a­cher und berich­te­te von Jubel­schrei­en seiner Sprin­ger vor dem Fernse­her, als Frenzel und Rießle kurz vor dem großen Sprung-Finale im gut drei Kilome­ter entfern­ten Langlauf­sta­di­on Bronze holten. Für noch mehr Grund zur Freude sorgten aller­dings Horng­a­chers Athle­ten selbst.