Barack Obama meldet sich im Wahlkampf­end­spurt mit beißen­der Kritik an Donald Trump zu Wort. Er wirft seinem Nachfol­ger Versa­gen im Kampf gegen die Pande­mie vor und klagt: Viele Ameri­ka­ner hätten nicht sterben müssen.

Trump habe die Pande­mie ignoriert und dann mit «Inkom­pe­tenz», «Falsch­in­for­ma­tio­nen» und Planlo­sig­keit alles noch schlim­mer gemacht, sagte der Demokrat bei einer Wahlkampf­ver­an­stal­tung. Viele Menschen in den USA hätten nicht sterben müssen, wenn die Regie­rung auch nur «grund­le­gen­de» Maßnah­men ergrif­fen hätte, sagte Obama. Der Vergleich mit anderen Ländern wie Südko­rea oder Kanada zeige, dass die Zahl der Corona-Toten deutlich gerin­ger hätte ausfal­len können.

Trump habe «kein Inter­es­se gezeigt», den Menschen in Ameri­ka zu helfen und das Präsi­den­ten­amt nur als «Reali­ty Show» genutzt, kriti­sier­te Obama. Der Republi­ka­ner sei nicht fähig, «den Job ernst zu nehmen», sagte der Ex-Präsi­dent. «Und der Rest von uns muss mit den Konse­quen­zen leben.» Obamas Fazit: «Wenn er die ganze Zeit seinen Job gemacht hätte, dann wäre es nie so schlimm geworden.»

Die beiden Auftrit­te in der Stadt Philadel­phia im umkämpf­ten Bundes­staat Pennsyl­va­nia waren Obamas erste große Wahlkampf­ver­an­stal­tun­gen für seinen frühe­ren Vizeprä­si­den­ten Joe Biden, der am 3. Novem­ber gegen Trump antritt.

«Die Pande­mie wäre für jeden Präsi­den­ten schwie­rig gewesen», räumte Obama ein. Das «Ausmaß der Inkom­pe­tenz und der Falsch­in­for­ma­tio­nen» seitens der Regie­rung habe die Situa­ti­on aber weiter verschlim­mert. «Die Idee, dass dieses Weiße Haus irgend­et­was anderes getan hat, als es komplett zu vermas­seln, das stimmt einfach nicht», sagte Obama. Südko­rea und die USA hätten am gleichen Tag die erste bestä­tig­te Infek­ti­on gehabt, aber die US-Regie­rung habe nicht gehan­delt. «Am Fernse­her twittern oder Sachen erfin­den löst keine Proble­me», sagte Obama weiter. Er zeigte sich zuver­sicht­lich, dass Biden die Lage in den Griff bekom­men werde. «Das heißt nicht, dass alles schon morgen gelöst sein wird. Wir werden immer noch zu kämpfen haben, aber ich weiß, dass wir es besser machen können», sagte er.

Obama hatte sich nach dem Ausschei­den aus dem Amt — wie üblich bei ehema­li­gen US-Präsi­den­ten — mit öffent­li­cher Kritik an seinem Nachfol­ger zurück­ge­hal­ten. Erst seit Mai, als der Afroame­ri­ka­ner George Floyd bei einem Polizei­ein­satz ums Leben kam und Menschen im ganzen Land gegen Rassis­mus und Polizei­ge­walt protes­tier­ten, hat sich Obama wieder vermehrt zu Wort gemel­det. Seine beißen­de Kritik an Trump in Philadel­phia — pünkt­lich zum Endspurt des Wahlkamp­fes — stellt aber eine deutli­che Verschär­fung seiner Tonla­ge dar.

Daten der Univer­si­tät Johns Hopkins zufol­ge gibt es in den USA, einem Land mit 330 Millio­nen Einwoh­nern, bislang gut 8,3 Millio­nen bestä­tig­te Corona­vi­rus-Infek­tio­nen. Die Zahl der Neuin­fek­tio­nen stieg zuletzt wieder auf gut 50.000 pro Tag an. Mehr als 221.000 Menschen starben bislang — mehr als in jedem anderen Land der Welt.

In den USA starben diesen Daten zufol­ge pro 100.000 Einwoh­ner bislang 68 Menschen nach einer Infek­ti­on mit dem Corona­vi­rus. Das entspricht in etwa der Rate in Großbri­tan­ni­en (66) und in Spani­en (73). In anderen Ländern ergab sich jedoch eine deutlich gerin­ge­re Sterb­lich­keits­ra­te. In Kanada starben pro 100.000 Einwoh­nern 27 Menschen, in Deutsch­land 12 und in Südko­rea nur einer.

Trump behaup­tet, durch sein Manage­ment der Pande­mie inklu­si­ve der Einrei­se­sper­ren für Menschen aus China und Europa womög­lich Millio­nen weite­re Todes­fäl­le verhin­dert zu haben. Biden wirft ihm dagegen Versa­gen in der Corona-Krise vor und beschul­digt Trump, für den Tod Zehntau­sen­der US-Bürger verant­wort­lich zu sein.

Trump infizier­te sich zu Monats­be­ginn selbst mit dem Corona­vi­rus und wurde wegen einer Covid-19-Erkran­kung im Kranken­haus behan­delt. Nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus rief der Präsi­dent die Ameri­ka­ner dazu auf, «keine Angst» vor dem Virus zu haben und versprach erneut ein baldi­ges Ende der Pande­mie. Obama erklär­te dazu: «Donald Trump wird uns nicht plötz­lich alle beschüt­zen. Er kann nicht mal die grund­le­gen­den Schrit­te machen, um sich selbst zu beschützen.»

Obama warb mit Nachdruck dafür, Trump abzuwäh­len. Falls dieser die Wahl erneut gewin­nen sollte, würde das Land in den nächs­ten vier Jahren so weit zurück­ge­wor­fen, dass es «wirklich schwie­rig» würde, «sich aus diesem Loch wieder zu befrei­en», sagte Obama. «Wir befin­den uns in einem tiefen Loch.»