FRIEDRICHSHAFEN (dpa) — Felgen, Folien, Fahrwer­ke: In Fried­richs­ha­fen dreht sich bis Sonntag alles um getun­te Wagen. Nach zwei Jahren Corona-Pause hat sich die Messe Tuning­world weiter­ent­wi­ckelt. Kritik bleibt dennoch nicht aus.

Mehr als 1500 getun­te Wagen, rund 850 Teilneh­mer und Zehntau­sen­de Besucher: Bis Sonntag dreht sich bei der Messe Tuning­world Boden­see in Fried­richs­ha­fen alles um frisier­te und indivi­du­ell gestal­te­te Fahrzeu­ge. «Wir haben traum­haf­tes Vater­tags­wet­ter und viele Besucher mit glück­li­chen Gesich­tern», sagte Projekt­lei­ter Dirk Kreiden­weiß nach der Eröff­nung am Donners­tag. Nach zwei Jahren Corona-Zwangs­pau­se würden «mehr Autos auf dem Gelän­de als je zuvor» ausge­stellt. Wegen des Andrangs rechne man mit vollen Straßen rund um Friedrichshafen.

Die Tuning­world hat sich verän­dert, weil die Veran­stal­ter mit der Zeit gehen wollen. So wird es in diesem Jahr keinen «Miss Tuning»-Wettbewerb mehr geben, deren Gewin­ne­rin­nen in den vergan­ge­nen Jahren stets leicht beklei­det für einen Kalen­der mit Autos fotogra­fiert wurden. Die Darstel­lun­gen hatten der Messe in der Vergan­gen­heit wieder­holt Sexis­mus-Vorwür­fe eingebracht.

«Das Thema ist nicht mehr zeitge­mäß», sagte Projekt­lei­ter Kreiden­weiß. Bei vergleich­ba­ren Veran­stal­tun­gen seien solche Abbil­dun­gen inzwi­schen auch weitge­hend verschwun­den. «Inzwi­schen sitzen die Frauen eher im Hoodie im Auto und schrau­ben selbst», beton­te Kreiden­weiß. Die Reaktio­nen auf das Aus des Wettbe­werbs bezeich­ne­te er als «gemischt». Manche Tuning-Fans hätten den Wegfall kriti­siert. «Aber das Gros der Szene hat gesagt: Es ist an der Zeit, bei uns geht es ums Auto.» Die Entschei­dung sei deshalb vor gut einein­halb Jahren gefal­len und werde auch nicht zurückgenommen.

Angekom­men auf der Messe sind statt­des­sen inzwi­schen Elektro­au­tos. «Wir haben die ersten Teslas hier, die ein neues Fahrwerk reinbe­kom­men haben», sagte Kreiden­weiß. Aller­dings seien die meisten getun­ten Wagen auf der Messe zwischen 8 und 30 Jahren alt, daher handle es sich überwie­gend um Verbren­ner. «Aber wenn ich an so einem alten Auto weiter herum­schrau­be, ist das ja auch in einem gewis­sen Sinne nachhal­tig», sagte Kreidenweiß.

Kritik gab es an der Messe im Vorfeld der Eröff­nung dennoch. Der Konstan­zer Oberbür­ger­meis­ter Uli Borchardt schrieb auf Facebook, Bürger beschwer­ten sich nicht nur am Boden­see seit Jahren «völlig zu Recht darüber, dass getun­te, sinnlos laute Fahrzeu­ge Lärm in unsere Städte bringen». Mit der Tuning­world «eine solche Szene und die zugehö­ri­ge Indus­trie auch noch mit öffent­li­chen Mitteln» zu fördern, halte er «persön­lich für komplett falsch».

Tuning­world-Projekt­lei­ter Kreiden­weiß wies die Kritik zurück. «Die Tuner, die hier unter­wegs sind, distan­zie­ren sich ganz klar von Posern. Ein Fußball­fan ist auch nicht automa­tisch ein Hooli­gan.» Den meisten Tunern seien ihre Autos «heilig», sagte Kreiden­weiß. «Die stehen haupt­säch­lich in der Garage, weil daran gebas­telt wird.» Der Konstan­zer Oberbür­ger­meis­ter sei einge­la­den, auf der Messe selbst mit Besuchern und Ausstel­lern zu sprechen. «Der Beitrag zeigt mir, dass er die Szene nicht genau kennt.»

Um sicher­zu­ge­hen, dass dennoch niemand mit verbo­te­ner­wei­se getun­ten Autos zur Messe kommt, richte­te die Polizei in der Region am Donners­tag mehre­re Kontroll­stel­len ein. Der Fokus werde dabei auf dem regel­kon­for­men Zustand der Autos, aber auch der Fahrtüch­tig­keit der Menschen hinter dem Lenkrad liegen, kündig­ten die Beamten an.