BERLIN (dpa) — Kommen­de Woche soll Olaf Scholz zum Kanzler einer Regie­rung aus SPD, Grünen und FDP gewählt werden. Doch erst müssen die drei Partei­en den Koali­ti­ons­ver­trag noch absegnen.

Die SPD hat grünes Licht für die erste Ampel-Koali­ti­on auf Bundes­ebe­ne gegeben. Die Delegier­ten eines Partei­tags stimm­ten mit großer Mehrheit von 98,8 Prozent für den Koali­ti­ons­ver­trag mit Grünen und FDP. Die Entschei­dun­gen der beiden anderen Partei­en stehen noch aus.

Der wohl künfti­ge Bundes­kanz­ler Olaf Scholz hat sein Ziel bekräf­tigt, länger als vier Jahre an der Regie­rung zu bleiben. Die Ampel-Koali­ti­on trete an, «um mitein­an­der freund­lich zusam­men­zu­ar­bei­ten und um wieder­ge­wählt zu werden», sagte Scholz auf dem SPD-Partei­tag. Der bishe­ri­ge Vizekanz­ler versprach eine Regie­rung, die etwas wagt und sich nicht wegduckt. «Ein Aufbruch kann für Deutsch­land statt­fin­den», sagte er.

Scholz will «Fortschritt»

Scholz beton­te, dass die neue Regie­rung in einer entschei­den­den Zeit antre­te. «Es ist auch eine Regie­rung, die den Fortschritt anpackt in einem Moment, wo es gefähr­lich wäre, das nicht zu tun», beton­te er. Er verwies dabei auf den Kampf gegen die zuneh­men­de Erder­wär­mung, für den die nächs­ten Jahre entschei­dend sind.

Der designier­te Kanzler beton­te auch, dass sich vieles aus dem SPD-Wahlpro­gramm im Koali­ti­ons­ver­trag wieder­fin­de. Er nannte als Beispiel den Mindest­lohn von zwölf Euro. «Er wird kommen, das ist ganz sicher.». Die Delegier­ten sollen über den Koali­ti­ons­ver­trag der Ampel-Partei­en abstim­men, der viel Klima­schutz, einen Umbau der Wirtschaft, aber auch Verbes­se­run­gen etwa für Gering­ver­die­ner, Mieter und Famili­en verspricht.

FDP und Grüne stimmen ebenso ab

Das Votum des SPD-Partei­tags allein reicht zur Bildung der Koali­ti­on aller­dings nicht aus. Morgen stimmt ein FDP-Partei­tag ab, die Grünen befra­gen derzeit ihre Mitglie­der. Das Ergeb­nis der Urabstim­mung soll am Montag verkün­det werden. Dann könnte der Koali­ti­ons­ver­trag am Diens­tag unter­schrie­ben werden, am Mittwoch könnte Olaf Scholz im Bundes­tag zum Kanzler gewählt und sein Kabinett verei­digt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Angela Merkel (CDU), die bei der Bundes­tags­wahl am 26. Septem­ber nicht wieder kandi­diert hatte.

Anders als FDP und Grüne hat die SPD noch nicht bekannt­ge­ge­ben, wen sie als Minis­ter stellt. Klar ist, dass sie neben dem Kanzler­amt die Minis­te­ri­en für Arbeit und Sozia­les, Bauen, Gesund­heit, Inneres, Vertei­di­gung sowie wirtschaft­li­che Zusam­men­ar­beit und Entwick­lung übernimmt. Außer­dem stellt sie den Kanzler­amts­mi­nis­ter. Es wird damit gerech­net, dass die Namen der Minis­ter erst am Montag verkün­det werden.

Lauter­bach als Gesundheitsminister?

Die spannends­te noch offene Frage ist, wen die SPD zum neuen Gesund­heits­mi­nis­ter macht? In der Bevöl­ke­rung hat der Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te und Epide­mio­lo­ge Karl Lauter­bach die Sympa­thien auf seiner Seite. In einer Umfra­ge des Meinungs­for­schungs­in­sti­tuts YouGov sprechen sich 45 Prozent für den 58-Jähri­gen aus. 33 Prozent wünschen sich einen anderen Politi­ker oder eine andere Politi­ke­rin auf dem so wichti­gen Posten für den Kampf gegen die Corona-Pande­mie. Die andere Befrag­ten machten keine Angaben.

Scholz hat öffent­lich noch keine Präfe­renz erken­nen lassen. Der Epide­mio­lo­ge Lauter­bach hat seit Beginn der Corona-Pande­mie durch zahlrei­che Fernseh­auf­trit­te einen großen Bekannt­heits­grad erlangt. Neben ihm ist aber auch Hamburgs Erster Bürger­meis­ter Peter Tschent­scher als mögli­cher Gesund­heits­mi­nis­ter im Gespräch. Er ist Moleku­lar­bio­lo­ge und Arzt.

Frauen­an­teil noch offen

Weite­re spannen­de Frage bei der Beset­zung der letzten Kabinetts­pos­ten: Hält Scholz sein Verspre­chen ein, dass seiner Regie­rung mindes­tens so viele Frauen wie Männer angehö­ren werden? Von den 16 Bundes­mi­nis­tern sind bereits zusam­men neun von den Grünen und der FDP benannt — darun­ter vier Frauen und fünf Männer. Mit Scholz als Kanzler sind es sechs Männer. Um das Verspre­chen des künfti­gen Regie­rungs­chefs zu erfül­len, müsste die SPD mindes­tens fünf Bundes­mi­nis­te­rin­nen benen­nen. Für die Männer blieben dann nur noch zwei Minis­ter­pos­ten übrig.

Bereits bekannt ist, wie die SPD ihre Partei­spit­ze für die Regie­rungs­zeit neu aufstel­len will. Am Freitag hatten Präsi­di­um und Partei­vor­stand sich dafür ausge­spro­chen, dass der frühe­re Juso-Chef Kevin Kühnert neuer General­se­kre­tär werden soll. Er soll vom Posten des Partei­vi­zes auf den mächti­gen Manager­pos­ten aufrü­cken, weil Amtsin­ha­ber Lars Kling­beil sich für den Partei­vor­sitz bewirbt. Kling­beil will den Posten von Walter-Borjans überneh­men, der nicht mehr antritt. Als Co-Vorsit­zen­de tritt erneut Saskia Esken an. Gewählt wird die neue SPD-Spitze auf einem weite­ren Partei­tag am 11. Dezember.