RAVENSBURG/WANGEN – Ein 24-jähri­ger Motor­rad­fah­rer kolli­diert frontal mit einem Bus. Er war in einer fünfköp­fi­gen Gruppe unter­wegs. Seine Beglei­ter sehen den Unfall, leisten Erste Hilfe, versu­chen, den bewusst­lo­sen Freund zu reani­mie­ren. Der Rettungs­dienst löst sie ab, fährt den 24-Jähri­gen in die Notauf­nah­me, dort wird er mit schwe­ren sicht­ba­ren Verlet­zun­gen auf die Inten­siv­sta­ti­on verlegt. Das Behand­lungs­team kann leider nur noch eine infaus­te Diagno­se stellen, was bedeu­tet, dass das junge Unfall­op­fer die nächs­ten Stunden wahrschein­lich nicht überle­ben wird. Kurz darauf klingelt es an der Tür der Inten­siv­sta­ti­on. Das Stati­ons­team begeg­net den völlig aufge­lös­ten Eltern, der Partne­rin und den Motor­rad­freun­den des Unfall­op­fers. Diese wissen noch nicht, wie ernst es um den jungen Mann steht.

Immer wieder kommt es im Klinik­all­tag zu solchen extrem belas­ten­den Ereig­nis­sen. Notfall­si­tua­tio­nen gehören im Kranken­haus, insbe­son­de­re in den Zentra­len Notauf­nah­men und Inten­siv­sta­tio­nen, zum Alltag des klini­schen Perso­nals. Für betrof­fe­ne An- und Zugehö­ri­ge sind z.B. der drohen­de oder plötz­li­che Verlust einer naheste­hen­den Person, das Erleben von schwe­ren körper­li­chen Verlet­zun­gen oder die Bedro­hung der körper­li­chen und seeli­schen Unver­sehrt­heit hoch belas­tend. Häufig reichen die inneren Ressour­cen zur Bewäl­ti­gung dieser Situa­tio­nen nicht aus oder gehen verlo­ren. Oftmals erlei­det das indivi­du­ell bedeut­sa­me sozia­le Netzwerk der Betrof­fe­nen schwe­ren Schaden, was zu trauma­ti­schen Krisen führen kann.

Die Behand­lungs­teams der Klini­ken, auch die der Oberschwa­ben­kli­nik, sind mit der Versor­gung der Notfall­pa­ti­en­ten zumeist extrem ausge­las­tet, versu­chen aber, sich paral­lel auch um die psycho­so­zia­le Betreu­ung der Angehö­ri­gen zu kümmern. Eine Arbeit, die – ebenso wie der Umgang mit der eigenen psychi­schen Belas­tung – oft zu kurz kommt. In diesen Situa­tio­nen fehlen zumeist die zeitli­chen und perso­nel­len Ressour­cen, zudem sind die Behand­lungs­teams für die psycho­so­zia­le Notfall­ver­sor­gung nicht spezi­ell ausgebildet.

In der Präkli­nik, etwa im Rettungs- und Sanitäts­dienst oder bei Feuer­weh­ren, ist die psycho­so­zia­le Notfall­ver­sor­gung (PSNV) bereits lange etabliert. Inner­kli­ni­sche Struk­tu­ren dieser Art gibt es dagegen nur in etwa zehn Akutkli­ni­ken in Deutsch­land. Obwohl die Notwen­dig­keit einer solchen Struk­tur wissen­schaft­lich hinrei­chend belegt ist, besteht nach wie vor keine Verpflich­tung zur Vorhal­tung. Ebenso wird diese so wichti­ge Leistung nicht von den Kosten­trä­gern finan­ziert. Obwohl es Körper und Psyche gleicher­ma­ßen verdient haben, profes­sio­nell behan­delt zu werden, existiert an dieser Stelle in Akutkli­ni­ken eine Versor­gungs­lü­cke, die sich in hochbe­las­ten­den akuten Krisen auf die Betrof­fe­nen auswirkt. 

Die Oberschwa­ben­kli­nik versucht diese Lücke in der emotio­na­len Notfall­ver­sor­gung nun in ihren Häusern zu schlie­ßen. Mitte April wurde das klini­sche Krisen­in­ter­ven­ti­ons­team (KKIT) der OSK gegrün­det. Im Herbst wird das Team seine Arbeit aufneh­men und Angehö­ri­gen sowie Kolle­gin­nen und Kolle­gen bei der Verar­bei­tung von belas­ten­den Einsät­zen und Notfall­si­tua­tio­nen zur Seite stehen. Zum Kernteam des Projek­tes gehören Simone Burkert, Georg Roth und Martin Schniertshau­er. Alle drei verfü­gen über spezi­el­le Quali­fi­ka­tio­nen, etwa eine inten­siv­pfle­ge­ri­sche Ausbil­dung, und psycho­lo­gi­sche Zusatz­aus­bil­dun­gen. „Wir freuen uns sehr, so engagier­te Kolle­gin­nen und Kolle­gen gefun­den zu haben, die zusam­men mit uns für dieses Projekt brennen“, sagt Projekt­lei­te­rin Simone Burkert. Das KKIT besteht aus neun OSK-Mitar­bei­tern, die sich neben ihrer norma­len Arbeit in der Klinik noch in der klini­schen Krisen­in­ter­ven­ti­on engagie­ren. Noch im Juni beginnt die Ausbil­dung der Mitglie­der, paral­lel dazu werden noch viele Prozes­se und Standards erarbeitet. 

Eine akute Krise kann jeden von uns treffen. Weil die psycho­so­zia­le Notfall­ver­sor­gung von Angehö­ri­gen und Klinik­per­so­nal nicht durch die Kosten­trä­ger finan­ziert wird, ist das KKIT auf Unter­stüt­zung bei der Projekt­fi­nan­zie­rung angewie­sen. Wer als Sponsor durch eine Spende mithel­fen möchte, dass die Oberschwa­ben­kli­nik Menschen in akuten Krisen emotio­nal beglei­ten und unter­stüt­zen kann, der kann dies gerne über das Spendenkonto 

Oberschwa­ben­kli­nik gGmbH
DE06 6505 0110 0101 1583 63 KSK RV
Stich­wort: KKIT

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Fragen zum Projekt können an die Projekt­lei­tung Simone Burkert unter simone.burkert@oberschwabenklinik.de gestellt werden.