Die erst wenige Stunden alte und hoch umstrit­te­ne Corona-Oster­ru­he wird es nicht geben. Die Kanzle­rin macht einen Rückzie­her und entschul­digt sich für die Verunsicherung.

BERLIN (dpa) — Nach dem überra­schen­den Kippen der umstrit­te­nen Oster­ru­he-Regelung hat sich Kanzle­rin Angela Merkel bei den Menschen in Deutsch­land entschuldigt.

Der ganze Vorgang habe zusätz­li­che Verun­si­che­rung ausge­löst, sagte die CDU-Politi­ke­rin am Mittwoch in Berlin. «Das bedaue­re ich zutiefst und dafür bitte ich alle Bürge­rin­nen und Bürger um Verzeihung.»

Merkel übernahm dafür die volle Verant­wor­tung. «Dieser Fehler ist einzig und allein mein Fehler», beton­te sie. «Denn am Ende trage ich für alles die letzte Verant­wor­tung. Qua Amt ist das so.» Ein Fehler müsse als solcher benannt und vor allem korri­giert werden — «und wenn möglich hat das noch recht­zei­tig zu gesche­hen, sagte Merkel weiter.

Die Idee sei «mit bester Absicht entwor­fen worden», beton­te Merkel. Man müsse es unbedingt schaf­fen, die dritte Welle der Pande­mie zu bremsen. «Dennoch war die Idee der sogenann­ten Oster­ru­he ein Fehler. Sie hatte ihre guten Gründe, war aber in der Kürze der Zeit nicht gut genug umsetz­bar, wenn sie überhaupt jemals so umsetz­bar ist, dass Aufwand und Nutzen in einem halbwegs vernünf­ti­gen Verhält­nis stehen», sagte Merkel.

Die Kanzle­rin erläu­ter­te, dass zu viele Fragen — von der Lohnfort­zah­lung bis zur Lage in Geschäf­ten und Betrie­ben — in der Kürze der Zeit nicht so hätten gelöst werden können, wie es nötig gewesen wäre.

Zuvor hatte die Kanzle­rin in einer kurzfris­tig angesetz­ten Konfe­renz den Minis­ter­prä­si­den­tin­nen und Minis­ter­prä­si­den­ten ihre Entschei­dung mitge­teilt. Auch die Frakti­ons­vor­sit­zen­den im Bundes­tag wurden infor­miert. Merkel wieder­hol­te die im Kanzler­amt vorge­tra­ge­ne Erklä­rung anschlie­ßend nochmals zum Beginn der Regie­rungs­be­fra­gung im Bundes­tag. Dabei entschul­dig­te sie sich auch bei den Abgeordneten.

Bund und Länder hatten in der Nacht zu Diens­tag unter anderem einen verschärf­ten Oster-Lockdown vom 1. bis 5. April beschlos­sen, um das öffent­li­che, priva­te und wirtschaft­li­che Leben stärker herun­ter zu fahren. Der Gründon­ners­tag und der Karsams­tag sollten dafür zu Ruheta­gen erklärt werden. Daran war aber massi­ve Kritik laut gewor­den, es gab zudem große Verwir­rung um die prakti­sche Umsetzung.

In der kurzen Bund-Länder-Runde drück­ten nach dpa-Infor­ma­tio­nen die Minis­ter­prä­si­den­tin­nen und Minis­ter­prä­si­den­ten ihren Respekt für die Kanzle­rin aus und beton­ten die gemein­sa­me Verant­wor­tung. Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) sagte nach Angaben von Teilneh­mern: «Ich habe persön­li­chen Respekt vor der Erklä­rung der Kanzle­rin. Es ist am Ende besser, jetzt abräu­men, wenn es recht­lich nicht geht.» Letzt­lich seien die Verfah­rens­ab­läu­fe «auch Teil des Problems».

NRW-Minis­ter­prä­si­dent Armin Laschet (CDU) äußer­te Teilneh­mern zufol­ge seinen «großen Respekt» dafür, dass die Kanzle­rin die Verant­wor­tung für das in der Corona-Pande­mie bislang einma­li­ge Vorge­hen überneh­men wolle. Aber: «Das müssen wir alle auf uns nehmen. Wir haben diesen Weg mitge­tra­gen und nicht wider­spro­chen.» Es sei richtig und zwingend notwen­dig, dass Politik berech­tig­te Kritik aus der Praxis aufneh­me und Fehlent­schei­dun­gen korri­gie­re. Schles­wig-Holsteins Regie­rungs­chef Daniel Günther (CDU) sagte dem Verneh­men nach ebenfalls, es sei gut, Dinge auch mal zurückzunehmen.

FDP-Partei- und Frakti­ons­chef Chris­ti­an Lindner begrüß­te die Rücknah­me der Oster­ru­he. «Einen Fehler zu korri­gie­ren, verdient Respekt», schrieb er bei Twitter. Die Entschei­dung sei richtig. «Aller­dings ist der Vorgang Ausdruck des gesam­ten Manage­ments der Pande­mie», fügte Lindner hinzu. Das Pande­mie­ma­nage­ment müsse unter Einbe­zie­hung des Parla­ments auf neue Grund­la­gen gestellt werden. «Wir sind zur Mitwir­kung bereit.»

Links­frak­ti­ons­chef Dietmar Bartsch forder­te die Kanzle­rin auf, im Bundes­tag die Vertrau­ens­fra­ge zu stellen. «Wir haben inzwi­schen eine verita­ble Vertrau­ens­kri­se gegen­über der politi­schen Führung des Landes», sagte er den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe. Auch der AfD-Abgeord­ne­te Gottfried Curio fragte die Kanzle­rin später im Bundes­tag, ob sie nicht die Vertrau­ens­fra­ge stellen müsse. «Ich habe meinen Worten von eben nichts hinzu­zu­fü­gen», antwor­te­te Merkel darauf.