ROM (dpa) — Eigent­lich hätte dieses Ostern wieder ein großes Freuden­fest werden können in Rom, nach zwei Corona-Jahren durften wieder Tausen­de Pilger dabei sein. Der Ukrai­ne-Krieg aber wirft einen großen Schat­ten über das Fest.

Der Krieg in der Ukrai­ne hat in diesem Jahr das Oster­fest im Vatikan geprägt. Unter dem Eindruck von «zu viel Blutver­gie­ßen, zu viel Gewalt» in der Ukrai­ne nutzte Papst Franzis­kus die Feiern zum Tod und der Aufer­ste­hung Jesu Chris­ti für emotio­na­le Friedensappelle.

Wie schon bei der Kreuz­weg­an­dacht am Freitag­abend und der Oster­nacht geißel­te der Ponti­fex auch bei der großen Messe am Sonntag auf dem Peters­platz die furcht­ba­ren Kämpfe auf der Welt — er sprach von einem «Ostern des Krieges».

«Möge man sich für den Frieden entscheiden»

«Gehe bald eine neue Morgen­däm­me­rung der Hoffnung über dieser schreck­li­chen Nacht des Leidens und des Todes auf!», betete der Papst vor rund 100.000 Gläubi­gen bei seiner Oster­bot­schaft und dem Segen «Urbi et Orbi». «Möge man sich für den Frieden entschei­den. Man höre auf, die Muskeln spielen zu lassen, während die Menschen leiden.» Erstmals seit Ausbruch der Corona-Pande­mie fanden die Feier­lich­kei­ten diesmal wieder nahezu ohne Einschrän­kun­gen statt.

Franzis­kus fordert seit Kriegs­aus­bruch eindring­lich ein Ende der Kämpfe, die schon so viel Leid für die Menschen in der Ukrai­ne gebracht haben. Einer davon ist Iwan Fedorow, der Bürger­meis­ter der Stadt Melito­pol am Schwar­zen Meer, der von den Russen entführt und erst im Zuge eines Gefan­ge­nen­aus­tau­sches wieder freige­las­sen wurde. Als Gast des Vatikans verfolg­te er den wichtigs­ten Gottes­dienst des Kirchen­jah­res in der Oster­nacht in der erste Reihe im Petersdom.

«Wir alle beten mit Euch und für Euch», sagte Franzis­kus am Ende seiner Predigt, als er sich direkt Fedorow zuwand­te, «in dieser Dunkel­heit, in der Ihr lebt, der Dunkel­heit des Krieges, der Grausam­keit». Der Ponti­fex sprach den Ukrai­nern Mut zu und schloss seine Rede mit dem Satz «Chris­tus ist aufer­stan­den» auf Ukrainisch.

Friedens­ges­te als emotio­na­ler Höhepunkt

Franzis­kus verzich­te­te überra­schend und erstmals in seinem Ponti­fi­kat darauf, die Feier der Oster­nacht zu leiten. Der 85-jähri­ge Argen­ti­ni­er, der an Kniepro­ble­men leidet, verfolg­te den von Kardi­nal­de­kan Giovan­ni Battis­ta Re zelebrier­ten Gottes­dienst — bis auf den tradi­tio­nel­len Taufakt für sieben Erwach­se­ne — zumeist im Sitzen auf einem Sessel vor dem Altar. Am Oster­sonn­tag fuhr er meist im Sitzen mit offenem Wagen durch die Menschen­men­gen auf dem Peters­platz, auch beim Segen von der Loggia des Peters­do­mes musste er sich hinsetzen.

Franzis­kus hatte eine aufwen­di­ge Woche hinter sich, am Gründon­ners­tag etwa die Abend­mahls­mes­se mit Fußwa­schung in einem Gefäng­nis und am Karfrei­tag die Kreuz­weg­an­dacht am Kolosseum.

Bei der Prozes­si­on sorgte eine Friedens­ges­te für den emotio­na­len Höhepunkt: Dass der Heili­ge Stuhl eine Frau aus der Ukrai­ne und eine Russin gemein­sam das Kreuz tragen ließ, hatte im Vorfeld für Kritik in der Ukrai­ne gesorgt. Der Kreuz­weg symbo­li­siert das Leiden und den Tod Jesu. Ukrai­ni­sche Geist­li­che sprachen sich gegen die Geste aus, vor allem der für die Stati­on geplan­te Text zur Medita­ti­on erschien unpas­send und verharm­lo­send gegen­über dem Aggres­sor Russland.

Tatsäch­lich gab der Vatikan nach und strich den gesam­ten Text aus dem Programm, sodass es hieß: «Im Angesicht des Todes sagt Schwei­gen mehr als Worte.» Die beiden Frauen, Franzis­kus und rund 10.000 Gläubi­ge schwie­gen für einige Momen­te still — die war der inten­sivs­te Momen­te des Abends am Kolos­se­um. Der ukrai­ni­sche Botschaf­ter am Heili­gen Stuhl bedank­te sich im Anschluss für das Einlen­ken des Papstes.

Von Manuel Schwarz, dpa