Tag für Tag zeigen die Infek­ti­ons­zah­len: Der Teil-Lockdown seit Anfang Novem­ber bringt nicht die erhoff­te Trend­wen­de in der Corona-Pande­mie. Einige Länder ziehen die Zügel bereits weiter an. Auch die Kanzle­rin hat eine klare Meinung.

Gegen­wär­tig werde ihr zu viel über Glühwein­stän­de gespro­chen und zu wenig über die Kranken­schwes­tern und Pflege­kräf­te, sagte Merkel (CDU) am Montag nach Angaben von Teilneh­mern in einer Video-Sitzung der Unions­frak­ti­on. Mit den bishe­ri­gen Maßnah­men komme man von den auf einem viel zu hohen Niveau stagnie­ren­den Infek­ti­ons­zah­len nicht herun­ter. Das heiße, man werde den Winter nicht ohne zusätz­li­che Maßnah­men durch­ste­hen können. Was wo zu tun sei, müsse noch vor Weihnach­ten entschie­den werden.

Man dürfe nicht auf das Prinzip Hoffnung setzen, dass die seit einigen Tagen wieder steigen­den Zahlen herun­ter­ge­hen würden, sagte Merkel demnach. In den nächs­ten Tagen werde es Beratun­gen mit den Minis­ter­prä­si­den­tin­nen und ‑präsi­den­ten der Länder geben. Akzep­tanz würden die Maßnah­men immer dann finden, wenn Bund und Länder gemein­sam entschei­den würden. Bislang ist eine neue Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz für den 4. Januar geplant.

Die «Bild»-Zeitung berich­te­te, es solle nach den Feier­ta­gen bis zum Jahres­be­ginn harte Maßnah­men geben. Im Gespräch sei, zwischen 27. Dezem­ber und 3. oder 10. Januar nur Super­märk­te geöff­net zu lassen. Nach dpa-Infor­ma­tio­nen gibt es noch keine konkre­ten Maßnah­men, die ausdis­ku­tiert sind.

Bund und Länder hatten eigent­lich verein­bart, bei Famili­en­tref­fen vom 23. Dezem­ber bis längs­tens 1. Januar zehn Perso­nen plus Kinder zuzulas­sen. Ansons­ten dürfen maximal fünf Leute aus zwei Hausstän­den zusam­men sein. Bayern und Baden-Württem­berg haben die Locke­rung bereits auf 23. bis 26. bezie­hungs­wei­se 27. Dezem­ber beschränkt. In Berlin sind über die gesam­ten Feier­ta­ge maximal fünf Leute erlaubt.

Auch in anderen Ländern wird wegen hoher Infek­ti­ons­zah­len darüber nachge­dacht, von Erleich­te­run­gen über die Feier­ta­ge abzurü­cken. Die Kranken­häu­ser forder­ten, angekün­dig­ten Locke­run­gen zurück­zu­neh­men. Die Situa­ti­on sei in vielen Klini­ken schon belas­tend, sagte der Chef der Deutschen Kranken­haus­ge­sell­schaft (DKG), Gerald Gaß, dem «Handels­blatt». «Wir haben heute 40 Prozent mehr Inten­siv­pa­ti­en­ten als im Frühjahr, und anders als im Frühjahr ist dies keine kurzzei­ti­ge Situa­ti­on, sondern schon seit Wochen so, ohne dass wir ein Ende erken­nen können.» Der Appell der Bundes­re­gie­rung, priva­te Kontak­te zu minimie­ren, fruch­te offen­bar nicht.

Die Regie­run­gen im Saarland und in Baden-Württem­berg drangen wie Merkel auf eine rasche zusätz­li­che Bespre­chung der Minis­ter­prä­si­den­ten. Nach Weihnach­ten und vor Silves­ter solle zu den stren­ge­ren Corona-Regeln zurück­ge­kehrt werden, sagte der saarlän­di­sche Regie­rungs­chef Tobias Hans (CDU) dem «Spiegel».

Dagegen hält der Vorsit­zen­de der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz, Micha­el Müller (SPD), ein weite­res Treffen der Länder­chefs noch vor Weihnach­ten nicht für unbedingt erfor­der­lich. «Die, die hohe Zahlen haben und noch mehr tun müssen, können es auch auf Grund­la­ge unserer letzten Beschlüs­se», sagte der Regie­ren­de Bürger­meis­ter Berlins. «Wir haben eigent­lich für alle Varian­ten im Dezem­ber eine gute Grund­la­ge beschlossen.»

Der baden-württem­ber­gi­sche Regie­rungs­spre­cher Rudi Hoogvliet sagte der «Stutt­gar­ter Zeitung» und den «Stutt­gar­ter Nachrich­ten», das Problem sei, dass ein Teil der Menschen «die Maßnah­men nicht mehr in der nötigen Konse­quenz befolgt bezie­hungs­wei­se die bestehen­den Freihei­ten maximal auszu­rei­zen versucht.» Auch Bayerns Regie­rungs­chef Markus Söder kriti­sier­te, es sei «an einigen Stellen ein Schlen­dri­an eingekehrt».

Nordrhein-Westfa­len schließt auch eine bundes­wei­te Verschär­fung der Corona-Maßnah­men nicht aus. «Sollte sich die Gesamt­la­ge nicht zeitnah verbes­sern, erscheint auch bundes­weit ein noch restrik­ti­ve­res Vorge­hen notwen­dig, um die Zahl der Neuin­fek­tio­nen überall deutli­cher zu reduzie­ren», sagte NRW-Gesund­heits­mi­nis­ter Karl-Josef Laumann (CDU) der dpa. Nordrhein-Westfa­len setze weiter auf den engen Schul­ter­schluss von Bund und Ländern. Sachsens Minis­ter­prä­si­dent Micha­el Kretschmer (CDU) sagte, weite­re Maßnah­men seien erfor­der­lich, deswe­gen werde sie es auch geben. Konkre­te Schrit­te würden aber zunächst im Kabinett und Parla­ment sowie im Einver­neh­men mit der kommu­na­len Ebene und der Wirtschaft beraten.

Ende Novem­ber hatten Bund und Länder allge­mein verein­bart, dass bei beson­ders hohen Infek­ti­ons­la­gen mit einer Inzidenz von über 200 Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­nern über sieben Tage — also in sogenann­ten Hotspots — noch einmal verschärf­te Maßnah­men ergrif­fen werden. Hessens Minis­ter­prä­si­dent Volker Bouffier (CDU) berei­te­te die Menschen in Regio­nen mit hohen Infek­ti­ons­zah­len auf mögli­che nächt­li­che «Ausgangs­sper­ren» vor: Er halte es für richtig, dass dort auch eine «Ausgangs­sper­re» verhängt werde, sagte er bei einem Besuch des neu einge­rich­te­ten Corona-Impfzen­trums in Wiesbaden.