FRIEDRICHSHAFEN — Das Jahr 2020 ist für alle wegen COVID-19 eine beson­de­re Heraus­for­de­rung. Aber Natalya Adow, OP-Schwes­ter im Klini­kum Fried­richs­ha­fen, hat darüber hinaus mit einer schwe­ren Krank­heit zu kämpfen. Im Januar wurde die allein­er­zie­hen­de Mutter von drei Kindern an der Bauch­spei­chel­drü­se operiert…

Schon im Sommer 2019 fühlte sich Natalya Adow nicht wohl. „Ich hatte immer wieder Bauch­schmer­zen und Kreis­lauf­pro­ble­me. Auch meine Blutwer­te waren nicht in Ordnung“, erinnert sie sich. Im Herbst hätten die Beschwer­den in Verbin­dung mit Gewichts­ver­lust weiter zugenom­men, im Novem­ber habe sie einen Druck unter den Rippen gespürt. Trotz Ultra­schall und CT dauer­te die Diagno­se für die OP-Schwes­ter über ein halbes Jahr. „Ich habe aber schon geahnt, dass es sich um etwas Ernst­haf­tes handelt. Als Kranken­schwes­ter versteht man den eigenen Körper vielleicht doch etwas besser.“ Erst eine Biopsie im Zuge einer Magen­spie­ge­lung im Klini­kum Fried­richs­ha­fen zeigte, dass die 43-Jähri­ge ein Karzi­nom hat.

Mit dem Wissen, dass Bauch­spei­chel­drü­sen­krebs der gefähr­lichs­te ist, machte sich Natalya Adow vor allem auch große Sorgen um ihre Kinder „Mein erster Gedan­ke war, wer wird künftig für sie sorgen? Mein Mann ist vor drei Jahren gestor­ben. Ich konnte nur noch weinen“, erinnert sie sich an die schwe­re Zeit. Bei der großen, magen­er­hal­ten­den Opera­ti­on wurden ihr ein Teil der Bauch­spei­chel­drü­se, die Galle, der Zwölf­fin­ger­darm und die darum herum­lie­gen­den Lymph­kno­ten entfernt. Die gute Nachricht: Es war doch kein Pankre­as-Karzi­nom, sondern ein Tumor in der Wand des Zwölf­fin­ger­darms. „Die Zeitfra­ge spiel­te eine enorm wichti­ge Rolle“, sagt sie.

Operiert wurde Natalya Adow von Privat-Dozent Dr. Thors­ten Lehmann im visze­ral-onkolo­gi­schen Zentrum des Klini­kums Fried­richs­ha­fen. Als OP-Schwes­ter habe sie ja norma­ler­wei­se den Blick von oben nach unten. „Nun lag ich auf einmal selbst auf dem Opera­ti­ons­tisch.“ Aber sie habe genau gewusst, welche Kolle­gen bei ihr gewesen seien. „Ich weiß, dass sie fachlich sehr gut sind und das gab mir eine innere Ruhe“, erinnert sie sich an den schwe­ren Eingriff und auch daran, dass sie vor der Opera­ti­on sogar noch mit ihnen gescherzt habe.

Dr. Thors­ten Lehmann hat die Patien­tin nicht nur als hervor­ra­gen­den Opera­teur kennen­ge­lernt, auch mensch­lich ist sie dem Chefarzt sehr dankbar. In einem Gespräch im Vorfeld der Opera­ti­on hatte sie erwähnt, dass das Visum ihrer Mutter aus Kasach­stan kurz nach dem Eingriff auslau­fe und sie nicht wisse, wie sie die Betreu­ung ihrer beiden jüngs­ten, fünf und sieben Jahre alten Kinder organi­sie­ren soll. „Dr. Lehmann schrieb darauf­hin einen Brief an die Auslän­der­be­hör­de und erläu­ter­te meine Situa­ti­on.“ Das Visum wurde darauf­hin tatsäch­lich um drei Monate verlän­gert und Natalya Adow sagt zusam­men­fas­send: „Ich habe trotz allem viel Glück im Unglück gehabt.“

Leider habe sie die anschlie­ßen­de Chemo­the­ra­pie nicht vertra­gen, konnte weder essen noch trinken und nahm stark ab. Die Thera­pie wurde abgebro­chen, auch im Zusam­men­hang mit Corona gespielt, denn die Immun­ab­wehr der Patien­tin war nicht mehr da. Zwischen den Behand­lun­gen hat Natalia Adow trotz­dem ihr berufs­be­glei­ten­des Bache­lor-Studi­um zum Physi­ci­an Assistant, dem Binde­glied zwischen Arzt und Pflege­per­so­nal, weiter­ver­folgt. „Das macht mir sehr viel Freude und ich bin nach wie vor motiviert.“ Eventu­ell wird sie nach ihrem Reha-Aufent­halt und weite­ren Kontroll­un­ter­su­chun­gen Anfang 2021 wieder im OP des Klini­kums Fried­richs­ha­fen arbei­ten können. „Darauf konzen­trie­re ich mich und ich hoffe sehr, dass ich wieder richtig gut auf die Beine komme.“