KOPENHAGEN (dpa) — Eine wichti­ge Frage ist nun geklärt: Bei den tödli­chen Schüs­sen in Kopen­ha­gen handelt es sich laut Polizei nicht um Terror. Doch die Frage nach dem Motiv bleibt weiter offen.

Für den Amoklauf in einem Kopen­ha­ge­ner Einkaufs­zen­trum ist laut Polizei ein Einzel­tä­ter verant­wort­lich. Es hande­le sich aller Voraus­sicht nach nicht um einen Terror­an­griff, sagte Chefinspek­teur Søren Thomas­sen am Montag.

Die Staats­an­walt­schaft in Kopen­ha­gen wirft dem Tatver­däch­ti­gen des Amoklaufs vorsätz­li­che Tötung und versuch­te Tötung vor. Das berich­te­ten mehre­re dänische Medien am Montag aus der Anhörung des Verdäch­ti­gen vor einem Haftrich­ter. Der 22-Jähri­ge wird beschul­digt, am Sonntag­abend in einem Einkaufs­zen­trum drei Menschen erschos­sen und vier weite­re durch Schüs­se schwer verletzt zu haben.

«Es gibt keine Hinwei­se in den Ermitt­lun­gen, Dokumen­ten oder Zeugen­aus­sa­gen, die belegen könnten, dass es sich um Terror handelt», so Thomas­sen. Der Täter habe offen­bar auf zufäl­lig ausge­wähl­te Opfer gefeuert.

Wohl kein rassis­ti­scher Hintergrund

Der Täter habe an zwei Stellen in dem Einkaufs­zen­trum geschos­sen. Dabei starben ein 47-jähri­ger Mann mit russi­scher Staats­bür­ger­schaft, der in Dänemark lebte, sowie zwei dänische 17 Jahre alte Jugend­li­che, ein Mädchen und ein Junge. Zudem wurden mindes­tens vier Menschen verletzt: eine 40-jähri­ge und eine 19-jähri­ge Dänin sowie ein 50-jähri­ger Mann und eine 16-jähri­ge Frau aus Schwe­den. Sie seien alle in einem kriti­schen, aber zunächst stabi­len Zustand. Außer­dem seien einige Menschen leicht verletzt worden, als sie in Panik aus dem Einkaufs­zen­trum flüch­te­ten, sagte der Chefinspekteur.

Thomas­sen sagte, der Festge­nom­me­ne habe sich in der Vergan­gen­heit Hilfe in einer Psych­ia­trie gesucht. Im Kopen­ha­ge­ner Stadt­teil Valby durch­such­te die Polizei eine Wohnung.

Zu einem mögli­chen Motiv wollte sich Thomas­sen zunächst nicht äußern. Bereits in der Nacht zum Montag hatte er betont, dass es keine Anhalts­punk­te für einen rassis­ti­schen Hinter­grund gebe, über den in sozia­len Medien speku­liert wurde. Auf Amateur­vi­de­os aus dem Gebäu­de war zu sehen, wie ein Mann mit einer Langwaf­fe in der Hand an Geschäf­ten vorbei ging.

Ein frühe­rer Leiter der Mordkom­mis­si­on, Jens Møller, sagte dem Sender TV2, der Täter habe offen­sicht­lich nicht wahllos in die Menge gefeu­ert. «Wenn man schießt und drei Opfer sterben und vier weite­re in kriti­schem Zustand sind, handelt es sich eindeu­tig um geziel­te Schüs­se», sagte Møller.

Die Königs­fa­mi­lie zeigte sich betroffen

«Wir kennen das Motiv bisher nicht, aber ich kann versi­chern, dass die Behör­den alles unter­neh­men, um diesen Fall aufzu­klä­ren und die Verant­wort­li­chen straf­recht­lich verfolgt werden können», sagte Justiz­mi­nis­ter Matti­as Tesfaye in der Nacht der Agentur Ritzau. Thomas­sen sagte, der Verdäch­tig­te werde wegen Totschlags angeklagt. Der Vorwurf könne sich aber noch ändern.

Das dänische Königs­haus rief zum Zusam­men­halt auf. «Die Situa­ti­on erfor­dert Einig­keit und Fürsor­ge, und wir danken der Polizei, den Rettungs­diens­ten und den Gesund­heits­be­hör­den für ihr schnel­les und effek­ti­ves Handeln in diesen Stunden», hieß es in einer Mittei­lung von Königin Margre­the II. und dem Kronprin­zen­paar — Frede­rik und Mary — am späten Sonntag­abend. Die Königs­fa­mi­lie zeigte sich betrof­fen von der «schockie­ren­den Nachricht». Nach Bekannt­wer­den der Tat hatte das Königs­haus bereits einen Empfang mit Kronprinz Frede­rik abgesagt.

Die dänische Minis­ter­prä­si­den­tin Mette Frede­rik­sen verur­teil­te die Tat als «grausa­men Angriff». Sie forder­te die Menschen im Land auf, zusam­men­zu­hal­ten und sich gegen­sei­tig zu unter­stüt­zen. «Wir alle wurden brutal aus dem strah­len­den Sommer geris­sen, den wir gerade erst begon­nen hatten», teilte Fredrik­sen. «Es ist unver­ständ­lich. Herzzer­rei­ßend. Zweck­los. Unsere schöne und sonst so siche­re Haupt­stadt wurde im Bruch­teil einer Sekun­de verändert.»

Das Konzert von Harry Styles wurde abgesagt

Auch am Montag­mor­gen war der Tatort noch weiträu­mig abgerie­gelt. «Wir führen umfas­sen­de Ermitt­lun­gen durch und arbei­ten weiter­hin in und um (das Einkaufs­zen­trum) Field’s herum», twitter­te die Polizei. Viele Menschen warte­ten darauf, dass die Gegend freige­ge­ben wurde und sie ihre dort gepark­ten Autos abholen können. «Wir arbei­ten an einer Lösung», hieß es von der Polizei dazu.

Wegen des Angriffs war ein Auftritt des briti­schen Sängers Harry Styles in einer nahe gelege­nen Konzert­hal­le abgesagt worden. Der Popstar sprach den Opfern und ihren Angehö­ri­gen sein Beileid aus. «Ich habe ein gebro­che­nes Herz, ebenso wie die Menschen in Kopen­ha­gen. Ich bewun­de­re diese Stadt. Die Menschen sind so herzlich und voller Liebe», schrieb der 28-Jähri­ge auf Twitter. «Es tut mir leid, dass wir nicht zusam­men sein konnten. Bitte kümmert euch umein­an­der», schrieb Styles weiter.

Von Benedikt von Imhoff, dpa