STUTTGART (dpa/lsw) — Tausen­de Male im Jahr sind Polizis­ten, Feuer­wehr­leu­te und Sanitäts­kräf­te Gewalt ausge­setzt. Sie werden attackiert und belei­digt. Auch die Corona-Pande­mie bremst den Trend nicht — im Gegenteil.

Sie werden bei den Corona-Protes­ten geschla­gen und geraten bei Demons­tra­tio­nen von Rechts und Links zwischen die Linien. Sie halten bei Fan-Randa­le vor dem Stadi­on die Köpfe hin und müssen zwischen betrun­ke­nen Zechern oder strei­ten­den Ehepaa­ren schlich­ten. Polizis­ten und Rettungs­kräf­te werden bei ihren Einsät­zen häufig selbst zum Ziel. Die Gewalt gegen Polizei­be­am­te im Südwes­ten bleibt nach den Rekord­wer­ten der vergan­ge­nen Jahre auf Rekordniveau.

Im laufen­den Jahr sei die Zahl der Straf­ta­ten gegen Polizis­tin­nen und Polizis­ten nicht wesent­lich gesun­ken, teilte das Innen­mi­nis­te­ri­um mit. Sie liege annähernd auf dem Wert des Vorjah­res. Absolu­te Zahlen legt die Behör­de aber erst mit der Polizei­li­chen Krimi­nal­sta­tis­tik Anfang kommen­den Jahres vor. Zurück­ge­gan­gen sei dagegen die Zahl der verletz­ten Beamten im zu Ende gehen­den Jahr nach einem deutli­chen Sprung im vergan­ge­nen Jahr.

«Ich kann und will nicht akzep­tie­ren, dass auf Demons­tra­tio­nen und Versamm­lun­gen gerade die attackiert werden, die oft buchstäb­lich ihren Kopf für unsere Sicher­heit und unsere Freiheit hinhal­ten», sagt Innen­mi­nis­ter Thomas Strobl (CDU) zum neuen Trend für das laufen­de Jahr. Polizei- und auch Rettungs­kräf­te seien zwar allge­mein hoch angese­hen. Doch mange­le es «einigen Irrgläu­bi­gen am notwen­di­gen Respekt».

Auch die Deutsche Polizei­ge­werk­schaft zeigt sich besorgt, erinnert aber an weite­re Übergrif­fe gegen Beschäf­tig­te im Öffent­li­chen Dienst. «Wir haben auch Übergrif­fe und Anfein­dun­gen gegen Lehrer und andere öffent­li­che Stellen», sagt der baden-württem­ber­gi­sche Gewerk­schafts­vor­sit­zen­de Ralf Kuste­rer. Die Gewalt richte sich gegen den Staat und dieje­ni­gen, die ihn verträ­ten. «Die Respekt­lo­sig­keit gegen­über den Staats­be­diens­te­ten scheint grenzen­los zu sein», sagt Kuste­rer. Wer nach Uniform­trä­gern schla­ge, nehme zudem erst recht keine Rücksicht mehr bei «norma­len» Bürgern, warnte der Gewerkschaftler.

Schwie­rig mit Blick auf die Aggres­sio­nen bei den Corona-Protes­ten sind nach seiner Auffas­sung unter anderem die nicht ausrei­chen­den Rechte der Polizei zum Beispiel bei der Überprü­fung des Impfsta­tus. «Die origi­nä­re Zustän­dig­keit liegt bei den Corona-Protes­ten bei den Versamm­lungs- und Ortspo­li­zei­be­hör­den», bemän­gel­te Kuste­rer zudem. Zudem müssten Straf­ta­ten gegen Polizei­be­am­te und Beschäf­tig­te im Öffent­li­chen Dienst ausnahms­los angeklagt werden. «Jede Straf­tat ohne Konse­quenz führt zu einer Wieder­ho­lungs­ge­fahr», sagte er.

Im Jahr 2020 waren laut Statis­tik 5151 Übergrif­fe auf Polizis­tin­nen und Polizis­ten regis­triert worden. Das waren bereits etwa 760 mehr als noch vor fünf Jahren. Rettungs­kräf­te wurden 182 Mal attackiert, ein Rückgang von 4,2 Prozent im Vergleich zu 2019. Beunru­higt hatte dabei vor allem die zuneh­men­de Einmi­schung und Einfluss­nah­me durch Unbetei­lig­te. Einsät­ze seien von ihnen immer öfter mit mobilen Telefo­nen aufge­zeich­net und anschlie­ßend in sozia­len Medien veröf­fent­licht worden, hatte das Innen­mi­nis­te­ri­um für das Jahr 2020 mitgeteilt.

2630 Polizis­tin­nen und Polizis­ten sowie 106 Rettungs­kräf­te waren im Jahr 2020 bei diesen Einsät­zen verletzt worden. Etwa beim Protest gegen die Rettungs­gas­se, bei Gaffern oder zum Beispiel bei Famili­en­strei­tig­kei­ten, bei denen sie von oft betrun­ke­nen Angrei­fern gesto­ßen oder bewor­fen wurden, bei Ausein­an­der­set­zun­gen mit Fußball­fans und zuletzt immer häufi­ger beim Einsatz gegen demons­trie­ren­de Gegner der Corona-Politik. Die Zahl der Verletz­ten liegt höher als die Zahl der Taten, da in einigen Fällen mehre­re Menschen bei ein und demsel­ben Zwischen­fall angegrif­fen wurden.