BONN (dpa) — Acht Jahre ist der letzte große Arbeits­kampf bei der Deutschen Post her. Nun sprechen sich große Teile der Brief­trä­ger und Paket­bo­ten in einer Urabstim­mung für einen unbefris­te­ten Streik aus.

Bei der Deutschen Post gehen die Tarif-Verhand­lun­gen zwischen Arbeit­ge­bern und der Gewerk­schaft Verdi nach einem klaren Streik­vo­tum schon an diesem Freitag weiter. In der Urabstim­mung sprachen sich zwar 85,9 Prozent der Befrag­ten gegen das Tarif­an­ge­bot der Post und für einen unbefris­te­ten Streik aus.

Einen Arbeits­kampf wird es aber zunächst nicht geben. Denn die Gewerk­schaft will die Verhand­lun­gen, die sie im Febru­ar für geschei­tert erklärt hatte, trotz des Streik­vo­tums wieder­auf­neh­men und an den Verhand­lungs­tisch zurück­keh­ren. Damit komme man der Forde­rung der Post nach, sagte die Verdi-Verhand­lungs­füh­re­rin Andrea Kocsis am Donners­tag. «Die Arbeit­ge­ber sind gut beraten, dieses Votum sehr ernst zu nehmen.»

Verdi fordert 15 Prozent mehr Geld für die Brief­trä­ger, Paket­bo­ten und anderen Beschäf­tig­ten im Konzern­be­reich Post & Paket Deutsch­land. Das Manage­ment lehnt das als wirtschaft­lich nicht machbar ab und bietet deutlich weniger. Im Januar und Febru­ar hatte es bereits zeitlich befris­te­te Warnstreiks gegeben, Millio­nen Sendun­gen verspä­te­ten sich deswe­gen. In einem unbefris­te­ten Streik müssten viele Verbrau­che­rin­nen und Verbrau­cher vermut­lich noch länger auf Briefe und Pakete warten.

2015 hielt der Arbeits­kampf vier Wochen an

Mit dem klaren Urabstim­mungs­vo­tum will Verdi gestärkt an den Verhand­lungs­tisch zurück­keh­ren. «Die Deutsche Post AG steht jetzt in der Verant­wor­tung, durch eine deutli­che materi­el­le Verbes­se­rung des abgelehn­ten Angebots einen unbefris­te­ten Streik abzuwen­den», sagte Gewerk­schaf­te­rin Kocsis. Das Ergeb­nis der Befra­gung zeige «die Entschlos­sen­heit unserer Mitglie­der, für ein gutes Tarif­er­geb­nis zu kämpfen». Post-Perso­nal­vor­stand Thomas Ogilvie sagte, man wolle «kurzfris­tig doch noch zu einem zustim­mungs­fä­hi­gen und wirtschaft­lich tragfä­hi­gen Ergeb­nis kommen».

Größe­re und dauer­haf­te Arbeits­kämp­fe sind eine Selten­heit bei der Deutschen Post. Es wäre der zweite unbefris­te­te Streik seit acht Jahren. 2015 dauer­te so ein Arbeits­kampf vier Wochen, zuvor hatte es mehre­re Monate lang immer wieder Warnstreiks gegeben. Damals sorgten Ausgrün­dun­gen von Paket-Tochter­fir­men mit einer schlech­te­ren Bezah­lung für Unmut. Die Kosten bezif­fer­te der Konzern seiner­zeit auf 100 Millio­nen Euro.

In der Sparte Post & Paket Deutsch­land, bei der es um den Brief- und Paket­ver­sand im Inland geht, waren Ende 2022 rund 192.000 Menschen tätig. Der Tarif­ver­trag gilt laut Verdi für rund 160.000 von ihnen. Der Rest sind Beamte, außer­ta­rif­lich Beschäf­tig­te und Mitar­bei­ter, für die andere Tarif­ver­trä­ge gelten. Der Bereich hat ein schwa­ches Geschäfts­jahr mit sinken­dem Gewinn hinter sich, was Firmen­an­ga­ben zufol­ge an hohen Kosten für Energie, Trans­port und Saison­kräf­te lag.