Beim EU-Türkei-Treffen in Ankara bekommt Kommis­si­ons­prä­si­den­tin von der Leyen nur einen Platz am Rande. Ein geziel­ter Affront des türki­schen Staatschefs?

BRÜSSEL/ANKARA (dpa) — Die EU-Kommis­si­on hat sich empört über die Sitzord­nung beim EU-Türkei-Treffen in Ankara gezeigt.

Ein Sprecher machte deutlich, dass Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen aus ihrer Sicht auf Augen­hö­he mit dem türki­schen Staats­chef Recep Tayyip Erdogan und dem EU-Ratsprä­si­den­ten Charles Michel hätte platziert werden müssen. «Die Präsi­den­tin war ganz klar überrascht», sagte er. Sie habe es aber vorge­zo­gen, über substan­zi­el­le Fragen zu reden.

Bei dem Treffen mit Erdogan im türki­schen Präsi­den­ten­pa­last war am Diens­tag für Michel ein großer Stuhl neben dem türki­schen Staats­chef reser­viert gewesen. Von der Leyen bekam hinge­gen einen Platz auf einem Sofa in einiger Entfer­nung der beiden zugewie­sen. Dort saß sie dem türki­sche Außen­mi­nis­ter Mevlüt Cavuso­glu gegen­über, der ebenfalls an dem Gespräch teilnahm.

Unter anderem auf Twitter wurde danach daran erinnert, dass der frühe­re EU-Kommis­si­ons­prä­si­dent Jean-Claude Juncker bei Treffen mit Erdogan auf Augen­hö­he sitzen durfte. Der Grünen-Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te Cem Özdemir kommen­tier­te: «Solche Zeichen setzen autori­tä­re Unter­drü­cker & Machos wie #Putin, #Erdogan & Co bewusst. (…) Kann man sich gefal­len lassen, muss man nicht. Respekt bekommt man so jeden­falls nicht bei den Herren!»

Von der Leyens Sprecher beton­te, dass sich Vorfäl­le wie der im Präsi­den­ten­pa­last in Ankara nicht wieder­ho­len sollten. Dafür werde man nun Vorkeh­run­gen treffen. In der Kommis­si­on wurde zudem darauf verwie­sen, dass von der Leyen das Treffen mit Erdogan genutzt habe, um mit ihm eine lange und sehr offene Diskus­si­on über Frauen­rech­te und den Rückzug der Türkei aus der Istan­bul-Konven­ti­on zum Schutz von Frauen und Kinder vor Gewalt zu führen.

Bei dem Treffen mit Erdogan hatten die EU-Spitzen am Diens­tag über einen mögli­chen Ausbau der Bezie­hun­gen der EU zur Türkei disku­tiert. Hinter­grund sind Beschlüs­se des EU-Gipfels vor einein­halb Wochen. Bei ihm hatten sich die EU-Staats- und Regie­rungs­chefs darauf verstän­digt, die Bezie­hun­gen zur Türkei schritt­wei­se wieder auszu­bau­en. Mit dem Beschluss will die EU die Eskala­ti­on weite­rer Konflik­te abwenden.

In der Migra­ti­ons­po­li­tik und beson­ders im Rahmen des 2016 abgeschlos­se­nen Migra­ti­ons­deals mit Ankara zählt die EU unter anderem auf die Türkei als Partne­rin, um Geflüch­te­te an der Weiter­rei­se in Richtung Europa zu hindern.

Im vergan­ge­nen Jahr hatte sich zudem der Streit zwischen Griechen­land und der Türkei wegen umstrit­te­ner Erdgas­for­schung Ankaras im östli­chen Mittel­meer gefähr­lich zugespitzt. Die EU hatte der Türkei im Dezem­ber schar­fe Sanktio­nen angedroht. Ankara beende­te später die umstrit­te­nen Erdga­s­er­kun­dun­gen und signa­li­sier­te Gesprächsbereitschaft.