TUTTLINGEN — Erstmals wird in Tuttlin­gen ein Natur­schutz-gebiet (NSG) ausge­wie­sen – mit dem neuen Schutz­ge­biet Bäche­tal im Möhrin­ger Ortsbe­reich werden die vom Biber gepräg­te Bachaue ebenso wie Teile der Talhän­ge zukünf­tig dauer­haft geschützt. Offizi­ell einge­weiht wird das neue NSG im Oktober.

Bereits seit Juli ist die entspre­chen­de Verord­nung für das neue Natur­schutz­ge­biet „Bäche­tal“ in Möhrin­gen von Regie­rungs­prä­si­den­tin Schäfer unter­zeich­net, nun soll das erste Gebiet seiner Art in Tuttlin­gen im Oktober einge­weiht wer-den. Auf gut 70 Hektar wird damit der untere Teil des Krähen­bach­tals bei Tuttlin­gen-Möhrin­gen langfris­tig geschützt. Das Gebiet umfasst die vom Biber gepräg­te Bachaue ebenso wie Teile der Talhän­ge mit arten­rei­chen Wiesen und Magerrasen. 

Gewäs­ser- und Natur­schutz im Krähen­bach­tal haben seit Anfang der 1990er Jahre eine gewis­se Tradi­ti­on. Die Renatu­rie­rung des Bachlaufs Anfang der 90er Jahre und der Grund­er­werb durch die Stadt werte­ten den Talraum erheb­lich auf – die Einwan­de­rung des Bibers vollende­te das Werk und verän­dert das Gewäs­ser jedes Jahr aufs Neue. Seine Tätig­kei­ten lassen sich schlecht voraus­se­hen und so stellt er die Menschen immer wieder vor Heraus­for­de­run­gen. Abster­ben­de Bäume und die Verwand­lung von Wiesen in nasse Seggen­rie­de und Röhrich­te sind zunächst gewöh­nungs­be­dürf­tig, rücken eine Aue aber näher an die natür­li­chen Verhält­nis­se. Mittler­wei­le lassen sich eindrucks­vol­le junge Auwald­be­stän­de beobach­ten und die Zahl der festge­stell­ten Libel­len­ar­ten ist mit 24 beein­dru­ckend hoch.

Das NSG Bäche­tal, dessen Inkraft­set­zung die Stadt Tuttlin­gen von Anfang an gewünscht und unter­stützt hat, ist aber deutlich mehr, als eine Talaue. Hier finden sich auch arten-reiche Wiesen, trocken­war­me Mager­ra­sen und blüten­bun­te Waldsäu­me mit Selten­hei­ten wie dem Gebirgs­hah­nen­fuß und dem Zwerg-Buchs – beides Relik­te der Nacheis­zeit – oder auch Bestän­de des Kreuzenzians. 

Die Natur­schutz­ver­wal­tung muss gemein­sam mit den Partnern vor Ort dafür sorgen, dass diese hochgra­dig schüt­zens­wer­ten Flächen nicht zuwach­sen und die enorme Arten­viel­falt erhal­ten bleibt. Dazu bedarf es verschie­de­ner Maß-nahmen aus dem Bereich der Landschafts­pfle­ge wie sie seit etwa drei Jahren bereits vom Regie­rungs­prä­si­di­um umgesetzt werden. Wachol­der­hei­den­res­te und Waldsäu­me wer-den geöff­net, Mager­ra­sen aus der Schle­hen­ver­bu­schung „geschält“, Waldrän­der licht gestellt. Die Kolleg*innen des Landschafts­er­hal­tungs­ver­ban­des und der Unteren Natur­schutz­be­hör­den vom Landrats­amt und der Stadt Tuttlin­gen kümmern sich zukünf­tig gemein­sam um die Förde­rung einer natur­schutz­freund­li­chen Wiesenbewirtschaftung.

Feucht­wie­sen, natur­na­he Bachläu­fe und ganz allge­mein Auenle­bens­räu­me gehören im Landkreis Tuttlin­gen aus natur­räum­li­chen Gründen zu den eher selte­nen Biotop­ty­pen. Gezielt als Natur­schutz­ge­biet sind sie in der Vergan­gen­heit kaum ausge­wie­sen worden, da der Fokus überwie­gend auf den natur­raum­ty­pi­schen Wachol­der­hei­den, Mager­wie­sen, Trocken­wäl­dern und Felsen lag.

Um die Beson­der­hei­ten dieses wertvol­len Landschafts­rau­mes auch für die Menschen erleb­bar zu machen und für die Schutz­zie­le zu sensi­bi­li­sie­ren, entwi­ckelt die Stadt Tuttlin­gen derzeit einen neuen Natur­er­leb­nis­pfad. Dieser ersetzt den vor über 25 Jahren erstell­ten und mittler­wei­le durch den Biber teilwei­se zerstör­ten alten Bacherlebnispfad.