MÜNCHEN (dpa) — Die Protes­te gegen die IAA in München haben einen Höhepunkt erreicht. Bei Zusam­men­stö­ßen setzte die Polizei Schlag­stö­cke und Pfeffer­spray ein. Am Einsatz­kon­zept wird Kritik laut.

Bei Protes­ten gegen die Automes­se IAA Mobili­ty in München ist es zu Ausein­an­der­set­zun­gen mit der Polizei gekom­men. Die Beamten setzten am Freitag mehrmals Schlag­stö­cke und Pfeffer­spray gegen Demons­tran­ten ein.

Aktivis­ten und Politi­ker kriti­sier­ten das Vorge­hen. Die IAA-Gegner besetz­ten ein Haus, das aller­dings wieder geräumt wurde, demons­trier­ten auf mehre­ren der Open Spaces genann­ten Aktions­flä­chen in der Innen­stadt und blockier­ten zeitwei­se erneut eine Autobahn. In der Nacht zuvor wurde das Privat­haus von VW-Konzern­chef Herbert Diess in München Ziel einer Farbattacke.

Erst Hausbe­set­zung, dann Räumung

In der Karlstra­ße, nahe der Altstadt, besetz­ten Aktivis­ten am Freitag vorüber­ge­hend ein Haus. Man wolle dort einen «Open Space for Future» als Kontra­punkt setzen zu den von der IAA genutz­ten Open Spaces im Stadt­ge­biet, hieß es vom Aktions­bünd­nis «No Future for IAA».

Als ein Protest­zug vor dem Gebäu­de stopp­te, kam es Beobach­tern zufol­ge zum Einsatz von Schlag­stö­cken und Pfeffer­spray. Eine Person, die auf einen Baum kletter­te, wurde verletzt. Wie genau und wie schwer sei unklar, sagte der Grünen-Landtags­ab­ge­ord­ne­te Flori­an Siekmann, der die Protes­te als «Parla­men­ta­ri­scher Beobach­ter» beglei­tet hatte. Aller­dings sei ein Rettungs­wa­gen im Einsatz gewesen. Im Laufe des Nachmit­tags wurde das Gebäu­de nach Angaben der Aktivis­ten von der Polizei geräumt.

Die Polizei äußer­te sich zunächst nicht zu mögli­chen Verletz­ten aufsei­ten der Aktivis­ten, bestä­tig­te aber, dass Beamte im Einsatz verletzt wurden. Zu mögli­chen Festnah­men machte die Polizei ebenfalls zunächst keine Angaben.

Massi­ve Polizeipräsenz

Bereits am frühen Vormit­tag hatte es Ausein­an­der­set­zun­gen zwischen Demons­tran­ten und der Polizei gegeben, die insge­samt mit bis zu 4500 Beamten zur Messe im Einsatz ist. Einem Polizei­spre­cher zufol­ge sollen IAA-Gegner versucht haben, eine Polizei­ab­sper­rung an der There­si­en­wie­se zu durchbrechen.

Auf der Fläche, auf der norma­ler­wei­se das Oktober­fest statt­fin­det, befin­det sich ein Camp der IAA-Kriti­ker, von dem aus Hunder­te Aktivis­ten und andere Demons­tran­ten aufge­bro­chen waren. Die Polizei war mit einem Großauf­ge­bot am Ort, die Zahl der Beamten überstieg Beobach­tern zufol­ge die der Demons­tran­ten deutlich.

Schmie­re­rei­en am Haus von VW-Chef Diess

Ohne direk­ten Zusam­men­hang zu diesen Ereig­nis­sen wurden am Haus von VW-Chef Diess Schmie­re­rei­en entdeckt, wie ein Sprecher des Unter­neh­mens in Wolfs­burg sagte. Zuvor hatte das Wirtschafts­por­tal «Business Insider» über den Fall berich­tet. «Diess enteig­nen» habe demnach etwa auf der Tür gestan­den. Außer­dem sei ein Zettel mit Anschul­di­gun­gen gegen einen «Vertre­ter des deutschen Autoka­pi­tals» angeklebt worden. Der Manager habe Straf­an­zei­ge erstattet.

Am Freitag gab es Aktio­nen von IAA-Gegnern auch auf den Open Spaces am Königs­platz und am Odeons­platz sowie bei einem Bosch-Werk.

Zudem blockier­te eine Gruppe von Klima­ak­ti­vis­ten kurzzei­tig die für die Messe einge­rich­te­te Sonder­spur BlueLa­ne auf der Autobahn A94, die an der Messe vorbei­führt. Aktivis­ten hatten bereits am Diens­tag an mehre­ren Autobah­nen im Raum München Banner angebracht und sich an einigen Brücken abgeseilt. Die Fernstra­ßen mussten deswe­gen vorüber­ge­hend gesperrt werden.

Weite­re Blocka­den und Störak­tio­nen bei der IAA sind angekün­digt. Die Polizei teilte mit, man werde gegen Straf­ta­ten konse­quent vorge­hen. Polizei­ab­sper­run­gen hätten nicht nur «Empfeh­lungs­cha­rak­ter». Insge­samt sieht sich die Münch­ner Polizei in ihrem Einsatz­kon­zept bestä­tigt: Es sei «genau richtig, nieder­schwel­lig sowohl Kontrol­len durch­zu­füh­ren als auch hier mit starken Kräften vor Ort zu sein», sagte ein Sprecher.

Kritik am Polizeieinsatz

Klima­ak­ti­vis­ten kriti­sier­ten dagegen das Vorge­hen der Polizei und sprachen von «massi­ver Gewalt» seitens der Polizei, von der man sich aber «nicht einschüch­tern» lassen wolle.

Auch auf politi­scher Ebene ist die Debat­te über die Protes­te angekom­men: Die Grünen-Abgeord­ne­te Claudia Köhler, die die Protes­te ebenfalls beobach­te­te, kriti­sier­te das Vorge­hen der Polizei auf der There­si­en­wie­se als «unange­bracht». Die Frakti­ons­vor­sit­zen­de der Grünen im Landtag, Katha­ri­na Schul­ze, kündig­te auf Twitter an, den Einsatz der Polizei parla­men­ta­risch aufzuarbeiten.

Dagegen hatte CSU-General­se­kre­tär Markus Blume bereits am Mittwoch getwit­tert: «Brücken­klet­te­rer bleiben bis Messe­en­de einge­sperrt! So läuft’s in Bayern!» Am Freitag entschied das Landge­richt Lands­hut aller­dings, dass fünf Aktivis­ten frei kommen sollen. Es gab ihrer Beschwer­de gegen die Gewahrs­am­nah­me recht. Der Entschluss ist aber noch nicht rechts­kräf­tig. Zuerst hatte der «Münch­ner Merkur» über die Entschei­dung berichtet.