WEISSENAU – Nach 40 Jahren wegwei­sen­der Tätig­keit im ZfP Südwürt­tem­berg wurde Prof. Dr. Tilman Steinert bei einer feier­li­chen Veran­stal­tung in den Ruhestand verab­schie­det. Zahlrei­che Wegbe­glei­ter, Kolle­gin­nen und Kolle­gen sowie hochran­gi­ge Vertre­ter aus Politik und Wissen­schaft würdig­ten seine heraus­ra­gen­den Verdiens­te in Psych­ia­trie und Forschung.

Prof. Dr. Tilman Steinert, der sein Medizin­stu­di­um an der Univer­si­tät Ulm absol­vier­te, blickt auf eine beein­dru­cken­de Karrie­re zurück. An den Stand­ort Weisse­nau verschlug es ihn schon während des Studi­ums: Er besuch­te dort nicht nur das Studen­ten­prak­ti­kum, sondern widme­te auch seine Disser­ta­ti­on der „Geschich­te des PLK Weisse­nau“. „Es gibt nur wenige Doktor­ar­bei­ten, die so häufig gelesen werden wie dieses Werk, das hier in Weisse­nau inzwi­schen zum Standard gehört“, beton­te Geschäfts­füh­rer Dr. Dieter Grupp in seiner Ansprache. 

Nach zwei Jahren in Zwiefal­ten kehrte Steinert 1987 an den Stand­ort Weisse­nau zurück. 1992 erwarb er den Facharzt für Psych­ia­trie und Psycho­the­ra­pie und bereits ein Jahr später inten­si­vier­te er seine Tätig­kei­ten im Gemein­de­psych­ia­tri­schen Verbund. 1994 wurde er zum Oberarzt ernannt und übernahm 1997 die Leitung des Fachbe­reichs, bevor er 2002 Chefarzt der neuen Abtei­lung Allge­mein­psych­ia­trie Boden­see­kreis wurde. Seine Habili­ta­ti­on an der Univer­si­tät Ulm und die Ernen­nung zum Privat­do­zen­ten im Jahr 1997 markier­ten weite­re Meilen­stei­ne seiner Karriere.

„Tilman Steinert ist im Fach Psych­ia­trie ganz oben angekom­men, mehr kann man nicht errei­chen“, beton­te Geschäfts­füh­rer Grupp. „Als Mitglied der Geschäfts­lei­tung hast du einen entschei­den­den Anteil an der Weiter­ent­wick­lung des ZfP, aber auch an der psych­ia­tri­schen Versor­gung in der Region und weit darüber hinaus. Du bist an allen Verän­de­run­gen und Neuerun­gen betei­ligt und ohne dich würde das ZfP Südwürt­tem­berg nicht da stehen, wo es hinge­hört: ganz vorne!“

Dazu hat auch Steinerts weit über die Landes­gren­zen hinaus bekann­tes Engage­ment in Forschung und Lehre beigetra­gen. 2002 gründe­te er die Abtei­lung für Versor­gungs­for­schung, die er seit 2007 in der ZfP-Geschäfts­lei­tung vertrat. 2003 wurde er zum außer­or­dent­li­chen Profes­sor der Univer­si­tät Ulm ernannt, 2017 folgte die Bestel­lung zum Honorarprofessor. 

Sozial­mi­nis­ter Manne Lucha würdig­te Steinert in seiner Rede als einen Menschen mit „extrem brillan­tem Verstand und unnach­ahm­li­cher Neugier­de“. Er hob beson­ders seine Forschun­gen zur Verhin­de­rung von Zwang in der Psych­ia­trie hervor, die neue Maßstä­be gesetzt haben: „Deine wissen­schaft­li­che Arbeit hat natio­nal wie inter­na­tio­nal viel bewirkt“, so der Minis­ter. „Du vertrittst eine fundier­te Meinung, die stets von Mensch­lich­keit getra­gen wird.“ Steinerts Exper­ti­se war nicht nur in wissen­schaft­li­chen Kreisen, sondern auch in der politi­schen Arbeit, beispiels­wei­se bei der Entste­hung des Psychisch-Kranken-Hilfe­ge­setz, gefragt. Mit über 300 Publi­ka­tio­nen und mehr als 3.000 Zitie­run­gen in wissen­schaft­li­chen Arbei­ten zähle er zu den führen­den Persön­lich­kei­ten seines Fachs. Er engagie­re sich zudem inten­siv für den medizi­ni­schen Nachwuchs und entwi­ckel­te den Studen­ten­un­ter­richt weiter, der seit Jahren als bestbe­wer­te­te Veran­stal­tung des Studi­ums gilt.

Lucha überreich­te eine Danke­sur­kun­de der Landes­re­gie­rung und bedank­te sich persön­lich sowie im Namen der Landes­re­gie­rung für Steinerts heraus­ra­gen­de Arbeit. Auch Grupp würdig­te die wertvol­le Arbeit und überreich­te neben den offizi­el­len Abschieds­ur­kun­den auch noch ein ganz beson­de­res Geschenk der Kolle­gin­nen und Kolle­gen: eine geführ­te Kletter­tour auf den Mont Blanc, passend zu Steinerts sport­li­cher Leidenschaft. 

Prof. Dr. Tilman Steinert ließ in seiner Abschieds­re­de seine Zeit im ZfP Revue passie­ren und teilte Anekdo­ten aus seiner langjäh­ri­gen Tätig­keit. Er beton­te, dass er den Beruf des Psych­ia­ters aus Überzeu­gung gewählt habe und stets dankbar für die Möglich­keit war, eigene Wege zu gehen und Neues auszu­pro­bie­ren. Beson­ders wichtig war ihm immer der respekt­vol­le Umgang mit Patien­tin­nen und Patien­ten sowie deren Einbe­zie­hung in Entschei­dun­gen. „Ich bin unglaub­lich dankbar, dass ich so vielfäl­ti­ge Menschen aus ganz unter­schied­li­chen sozia­len Schich­ten kennen­ler­nen durfte und habe auch viel von ihnen gelernt“, sagte Steinert. Zum Abschluss dankte er beson­ders seinen akade­mi­schen Lehrern, seiner Sekre­tä­rin, der Geschäfts­lei­tung, dem Weissen­au­er Leitungs­team, seiner Forschungs­grup­pe und vor allem seiner Frau, die ihm während all der Jahre emotio­na­len Rückhalt gab und seine beruf­li­che Entfal­tung ermöglichte.

Die feier­li­che Verab­schie­dung endete mit der Vorstel­lung von Prof. Dr. Iris Tatja­na Graeff-Callies, die Steinerts Nachfol­ge antritt. „Wir sind stolz und glück­lich, dass wir diese Positi­on mit einer solch renom­mier­ten Psych­ia­te­rin und Forsche­rin beset­zen konnten“, so Grupp. Graeff-Callies sei nicht nur sozial­psych­ia­trisch engagiert sondern auch wissen­schaft­lich versiert und bestens geeig­net, den akade­mi­schen Status der Weissen­au­er Klinik zu vertre­ten und neue Impul­se zu setzen.