Ein Lautspre­cher weckt Simon Geschke in der Corona-Quaran­tä­ne jeden Morgen zum Fieber­mes­sen. Seine Sachen muss er selbst im Wasch­be­cken waschen und dreimal am Tag darf er in die Lobby zum Essen holen.

Nach seinem positi­ven Corona-Test muss Radpro­fi Simon Geschke maximal zehn Tage in einem Quaran­tä­ne-Hotel verbrin­gen. Im Inter­view der Deutschen Presse-Agentur schil­dert der 35 Jahre alte Olympia­teil­neh­mer die Umstän­de, unter denen er dort lebt.

Herr Geschke, Sie sind den zweiten Tag in der Quaran­tä­ne. Wie geht es Ihnen?

Simon Geschke: Es ist nicht so, dass man sich hier wohlfühlt. Quaran­tä­ne ist das eine, aber das Hotel ist schon ziemlich alt und es ist alles übertrie­ben streng hier. Die Fenster sind sogar abgeschlos­sen, was ich überhaupt nicht verste­he. Man darf sich kein Essen oder andere Sachen bestel­len. Hier geht absolut nichts. Das ist halb Psych­ia­trie, halb Gefäng­nis. Wobei es Psych­ia­trie eher trifft.

Was machen Sie dann den ganzen Tag?

Geschke: Man wird um 7.00 Uhr von einem Lautspre­cher geweckt im Zimmer. Dann muss man Fieber und Sauer­stoff­sät­ti­gung messen. Für mich ist es unver­ständ­lich, warum das so früh sein muss, wenn man dann den ganzen Tag kaum etwas zu tun hat. Ich war schließ­lich nicht auf so eine Situa­ti­on vorbe­rei­tet und habe nichts, womit ich mich groß beschäf­ti­gen könnte. Ich wollte mir eine Ukule­le bestel­len, um ein bisschen zu spielen, aber das ist verbo­ten. Man kann ja nicht den ganzen Tag auf sein Handy oder sein iPad starren.

Haben Sie irgend­ei­ne Möglich­keit zu trainieren?

Geschke: Der DOSB ist gerade dabei, mir eine Rolle zu organi­sie­ren. Meine Saison ist ja nach Olympia nicht vorbei und es ist schon wichtig, dass ich hier nicht zehn Tage an die Wand gucke. Aber es ist ganz schwie­rig, hier in das Hotel etwas reinzu­be­kom­men. Vor dem Haupt­ein­gang stehen drei Wachleu­te, die Türen sind verschlossen.

Haben Sie Kontakt zu anderen Menschen?

Geschke: An der Rezep­ti­on sitzt eine Frau hinter einer Glasschei­be. Dreimal am Tag darf man runter in die Lobby und sich sein Essen holen und trifft dann die anderen Sport­ler und Betreu­er. Da kann man auch seinen Müll wegbrin­gen und sich zum Beispiel Wasch­mit­tel holen, weil die Wäsche nicht gewaschen wird. Meine Unter­ho­sen wasche ich selbst im Waschbecken.

Wissen Sie mittler­wei­le mehr über Ihre Werte?

Geschke: Mein CT-Wert ist 32. Mir wurde gesagt, dass man ab einem Wert über 30 nicht anste­ckend sei. Das würde auch erklä­ren, warum sich mein Zimmer­kol­le­ge Emanu­el Buchmann nicht angesteckt hat. Mit ihm habe ich ja tagelang Toilet­te und Wasch­be­cken geteilt, aber er ist mehrfach negativ getes­tet worden. Für mich ist es ein wenig sinnlos, hier im Hotel einge­sperrt zu sein, aber sie gehen dreifach auf Nummer sicher. Seit fünf Wochen war ich nicht zu Hause, weil ich vorher bei der Tour de France war. Das wird auch mental langsam schwer. Es ist ein Alptraum.

Inter­view: Tom Bachmann, dpa