BERLIN (dpa) — Nie hat Repor­ter ohne Grenzen so viele gewalt­sa­me Angrif­fe gegen Journa­lis­ten in Deutsch­land gezählt. Das hat Folgen fürs Ansehen: Die Bundes­re­pu­blik steigt im inter­na­tio­na­len Vergleich ab — erneut.

Die Organi­sa­ti­on Repor­ter ohne Grenzen (RSF) hat Deutsch­land in der weltwei­ten «Ranglis­te der Presse­frei­heit» erneut herab­ge­stuft. Die Bundes­re­pu­blik rangiert nun drei Plätze tiefer auf Rang 16 — hinter Ländern wie Litau­en, Jamai­ka und den Seychellen.

Die Ranglis­te wird an diesem Diens­tag in Berlin veröf­fent­licht. RSF begrün­de­te das Abrut­schen Deutsch­lands mit gleich mehre­ren Negativ-Fakto­ren. «Für diese Entwick­lung sind drei Gründe zentral: eine Gesetz­ge­bung, die Journa­lis­tin­nen und Journa­lis­ten sowie ihre Quellen gefähr­det, abneh­men­de Medien­viel­falt sowie allen voran Gewalt bei Demons­tra­tio­nen.» Die Zahl der gewalt­sa­men Angrif­fe habe mit 80 verifi­zier­ten Fällen so hoch wie noch nie seit Beginn der Dokumen­ta­ti­on im Jahr 2013 gelegen. Bereits im Vorjahr sei mit 65 Fällen ein Negativ­re­kord erreicht worden, so die Organisation.

«Die meisten der Angrif­fe (52 von 80) ereig­ne­ten sich bei Protes­ten des “Querdenken”-Spektrums gegen Corona-Maßnah­men, an denen regel­mä­ßig gewalt­be­rei­te Neona­zis und extrem rechte Gruppen teilnah­men. Medien­schaf­fen­de wurden bespuckt, getre­ten, bewusst­los geschla­gen. Betrof­fe­ne klagten häufig über mangeln­de Unter­stüt­zung durch die Polizei. Zudem wurden 12 Angrif­fe der Polizei auf die Presse dokumen­tiert.» Hinzu komme eine hohe Dunkel­zif­fer. Neu waren der Analy­se zufol­ge 2021 akusti­sche Angrif­fe mit Fußballfanfaren.

Deutsch­land war im vergan­ge­nen Jahr erstmals aus der Spitzen­grup­pe geflo­gen. Seitdem gilt die Lage der Presse­frei­heit in unserem Land nicht mehr als «gut», sondern nur noch als «zufrie­den­stel­lend». Nach vergleich­ba­rer Metho­dik gibt es die Aufstel­lung seit dem Jahr 2013.

Zu den Schluss­lich­tern unter den 180 Ländern im Vergleich gehört China auf Platz 175, «unter anderem aufgrund nahezu allum­fas­sen­der Inter­net­zen­sur und Überwa­chung sowie Propa­gan­da im In- und Ausland». In Myanmar (176) und Iran(178) sieht es ähnlich finster aus.

Drei totali­tä­re Regime stehen ganz unten, so RSF: Turkme­ni­stan (177), Eritrea (179) und Nordko­rea (180): «Alle drei haben gemein­sam, dass die jewei­li­ge Regie­rung die komplet­te Kontrol­le über alle Infor­ma­ti­ons­flüs­se hält; Raum für Verbes­se­run­gen der Presse­frei­heit scheint es unter den aktuel­len Regimen nicht zu geben.» Ganz oben in dem Ranking liegen Norwe­gen (1), Dänemark (2) und Schwe­den (3).