Rassis­ti­sche Gedan­ken­spie­le über die Hautfar­be ihres Babys und versag­te Hilfe bei schwe­ren psychi­schen Proble­men: Meghan und Harry erheben in ihrem Inter­view schwe­re Vorwür­fe gegen das Königshaus.

LOS ANGELES (dpa) — Enormer Druck, der Palast als golde­ner Käfig und Rassis­mus­vor­wür­fe gegen die Royals: Mit deutli­chen Worten haben Herzo­gin Meghan und Prinz Harry ein erschüt­tern­des Bild des briti­schen Königs­hau­ses gezeichnet.

Persön­li­che Angrif­fe gegen Mitglie­der der royalen Familie vermied das Paar weitge­hend. Doch brisant sind die Aussa­gen im Inter­view mit US-Modera­to­rin Oprah Winfrey dennoch. Immer wieder kam die Sprache auf Rassis­mus — und Meghan berich­te­te ausführ­lich von Suizid­ge­dan­ken. Das Inter­view sei ein «schwe­rer Schlag» für das Königs­haus, kommen­tier­te die BBC.

«Ich wollte einfach nicht mehr am Leben sein», sagte Meghan in dem mit Spannung erwar­ten Inter­view des US-Senders CBS am Sonntag­abend (Ortszeit) über ihre Zeit, in der sie mit Sohn Archie schwan­ger war. «Ich dachte, es würde die Situa­ti­on für alle lösen.» Es sei keine abstrak­te Idee mehr gewesen. Von der könig­li­chen Familie fühlten sich der Enkel von Queen Eliza­beth II. und seine Frau im Stich gelas­sen — auch beim Thema Rassis­mus. In den Jahren, die Meghan im Palast verbrach­te, sei nie ein Famili­en­mit­glied gegen rassis­ti­sche Angrif­fe und «kolonia­le Unter­tö­ne» in der Bericht­erstat­tung aufge­stan­den, kriti­sier­te Harry. «Das hat weh getan.»

Im Gegen­teil: Rassis­ti­sche Gedan­ken­spie­le kamen nach eigenen Worten auch in der eigenen Familie vor. Als sie mit Söhnchen Archie schwan­ger war, habe es Beden­ken gegeben, «wie dunkel seine Haut sein könnte, wenn er geboren wird», sagte Meghan. Während sie alle anderen Fragen offen beant­wor­te­ten, schwie­gen sich die Eheleu­te hier aber über die Details aus. Er werde nie sagen, wer mit ihnen darüber gespro­chen habe, beton­te Harry. Und Meghan sagte, sie wolle sich nicht genau­er äußern, weil dies «sehr schäd­lich» für einige Perso­nen wäre. Es sei aber wohl klar, dass ein dunkel­häu­ti­ges Baby ein Problem für den Palast gewesen wäre. Die Mutter der 39-jähri­gen Ameri­ka­ne­rin ist schwarz.

Tennis­spie­le­rin Serena Williams äußer­te nach der Ausstrah­lung demons­tra­tiv ihre Bewun­de­rung für den Mut Meghans. «Ich bin stolz auf Dich, dass Du so tapfer bist. Ich weiß, es ist nie einfach. Ihr beide seid stark — Du und Harry», schrieb die 39-Jähri­ge bei Instagram.

Mit großem Feuer­werk hatte der US-Sender CBS das Inter­view bewor­ben und mit mehre­ren Clips die Stimmung angeheizt. Schon vor der Ausstrah­lung wirkte die Stimmung zwischen dem Paar, das vor rund einem Jahr mit Archie in Meghans Heimat USA ausge­wan­dert war, und dem Palast vergif­tet. Zwar äußer­ten sich Queen und Co. nicht zu dem Inter­view und gingen demons­tra­tiv ihren tägli­chen Pflich­ten nach. Doch in der briti­schen Öffent­lich­keit gerie­ten Meghan und Harry schwer unter Beschuss.

Es sei eine Frech­heit, dass sie an der Ausstrah­lung festhiel­ten, obwohl Harrys Großva­ter Prinz Philip im Kranken­haus liege, so die Reakti­on in manchen Medien. Der Druck wurde immer größer: Inter­ne E‑Mails zu Mobbing-Vorwür­fen von Palast-Mitar­bei­tern gegen die Herzo­gin wurden an Journa­lis­ten weiter­ge­ge­ben. Die Vorwür­fe will der Palast nun unter­su­chen. Auch die Arbeit der Wohltä­tig­keits­or­ga­ni­sa­ti­on des Paares, Sussex Royal, wird nun unter die Lupe genommen.

Doch das Paar bemüh­te sich sicht­lich, nicht alle Brücken einzu­rei­ßen. Harry nannte seine Großmutter, die Queen, als Vorbild. Meghan lobte ihre Schwä­ge­rin, Prinz Williams Ehefrau Kate, als «gute Person» und wider­sprach damit Berich­ten über einen Bruch. Und auch mit seinem Bruder William hofft Harry auf eine Versöh­nung. «Zeit heilt alle Wunden, hoffent­lich», sagte er. Nur seinen Vater Charles kriti­sier­te der Prinz. «Ich werde ihn immer lieben, aber es gab sehr viele Kränkun­gen.» Er fühle sich im Stich gelas­sen, obwohl der Thron­fol­ger ihn doch eigent­lich verste­hen müsse — eine klare Anspie­lung auf die Turbu­len­zen um seine Mutter Prinzes­sin Diana, die 1997 auf der Flucht vor Paparaz­zi bei einem Verkehrs­un­fall ums Leben kam. Charles sei zeitwei­se nicht mal mehr ans Telefon gegan­gen, als er mit ihm über seine Loslö­sung vom Königs­haus habe sprechen wollen, so Harry.

Das am Sonntag­abend (Ortszeit) zur besten US-Sende­zeit ausge­strahl­te Gespräch war das erste gemein­sa­me Inter­view von Meghan und Harry, seitdem das Paar seine royalen Pflich­ten aufge­ge­ben hatte und sich auch finan­zi­ell von der Königs­fa­mi­lie abkap­sel­te. Geld haben die beiden nach eigenen Angaben nicht für ihr Gespräch mit Winfrey erhal­ten. Harry berich­te­te zudem, er erhal­te auch vom Palast seit etwa einem Jahr keine Mittel mehr. Er habe aber noch Erspar­nis­se aus dem Vermächt­nis seiner Mutter, Prinzes­sin Diana.

In zwei Stunden — inklu­si­ve zahlrei­cher Werbe­blö­cke — ließ Modera­to­rin Oprah Winfrey kaum ein Thema aus. Und erhielt einige Exklu­siv­nach­rich­ten. Sie hätten bereits drei Tage vor der weltweit übertra­ge­nen Traum­hoch­zeit im ganz priva­ten Kreis gehei­ra­tet, erzähl­te Meghan. Und dass das zweite Kind, das sie derzeit erwar­tet, ein Mädchen sein wird. «Einen Jungen zu haben und ein Mädchen, was kann man mehr wollen?», sagte Harry. Die beiden wollten es aber bei zwei Kindern belas­sen. Das Baby wird im Sommer erwartet.

Das spekta­ku­lä­re Inter­view dürfte das Königs­haus noch einige Zeit beschäf­ti­gen. Beson­ders der Rassis­mus-Vorwurf sei ein «bleiben­der Fleck» für die Royals, befand der BBC-Exper­te Peter Hunt. Doch es könnte noch nicht alles gewesen sein: Erwar­tet wird, dass der US-Sender CBS noch einige Szenen für die kommen­den Tage zurück­ge­hal­ten hat.