BERLIN (dpa) — Ein chine­si­scher Konzern soll sich an einem Contai­ner­ter­mi­nal im Hambur­ger Hafen betei­li­gen dürfen — aber zu einem gerin­ge­ren Anteil als zuvor geplant. Das ist die Kompro­miss­li­nie der Bundesregierung.

Im Streit inner­halb der Bundes­re­gie­rung um einen chine­si­schen Einstieg bei einem Contai­ner­ter­mi­nal im Hambur­ger Hafen zeich­net sich ein Kompro­miss ab. Demnach soll sich der chine­si­sche Cosco-Konzern an dem Termi­nal betei­li­gen dürfen — aber nur mit einem kleine­ren Anteil. Cosco soll nicht wie geplant 35 Prozent des Termi­nals Toller­ort überneh­men können, sondern nur 24,9 Prozent.

Die Ressort­ab­stim­mung über diesen Kompro­miss lief am Diens­tag nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur noch. In Regie­rungs­krei­sen war von einer «Notlö­sung» die Rede. Am Mittwoch könnte sich das Kabinett damit befas­sen. Offen ist, wie sich der chine­si­sche Konzern dann zu einer neuen Sachla­ge verhält.

Betei­li­gung von 24,9 Prozent geplant

Nach Infor­ma­tio­nen der «Süddeut­schen Zeitung» von Montag­abend hatten sich die sechs Minis­te­ri­en, die den Deal bislang abgelehnt hatten, auf einen Kompro­miss geeinigt. Demnach werde die Bundes­re­gie­rung eine sogenann­te Teilver­sa­gung beschlie­ßen. Mit einer Betei­li­gung von 24,9 Prozent könnte Cosco als Minder­heits­ak­tio­när formal keinen inhalt­li­chen Einfluss auf die Geschäfts­füh­rung ausüben.

Unter dem Eindruck der jüngs­ten Erfah­run­gen mit Russland und der Abhän­gig­keit von dessen Gaslie­fe­run­gen war politi­scher Streit entbrannt über die Frage, ob eine chine­si­sche Betei­li­gung zugelas­sen werden soll. Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grüne) warnte vor neuen Abhän­gig­kei­ten, ebenso FDP-Politiker.

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) beton­te zuletzt, dass noch nichts entschie­den sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Er wies zudem darauf hin, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Es gehe um eine Betei­li­gung an einem Termi­nal, so wie das in einigen westeu­ro­päi­schen Häfen der Fall sei.

Beden­ken bei Sicherheitsrisiken

Linie des Wirtschafts­mi­nis­te­ri­ums und anderer Minis­te­rin war es eigent­lich, das Geschäft unter Verweis auf Sicher­heits­ri­si­ken zu unter­sa­gen. Das Kanzler­amt dräng­te aber laut Medien­be­rich­ten darauf, dass der Einstieg zustan­de kommt.

Die FDP-Politi­ke­rin Marie-Agnes Strack-Zimmer­mann bezeich­ne­te den mögli­chen Kompro­miss als Fehler. «So wenig, wie es in der Natur ein bisschen schwan­ger gibt, so wenig gibt es bei dem Hafen­deal in Hamburg ein bisschen chine­sisch. Entwe­der man lässt sich auf das Geschäft ein oder man lässt es», sagte die Vorsit­zen­de des Vertei­di­gungs­aus­schus­ses am Diens­tag der Deutschen Presse-Agentur. Und: «Der «Kompro­miss» mit einer gerin­ge­ren chine­si­schen Betei­li­gung ist ein weite­rer folgen­schwe­rer Fehler in Zeiten großer Ungewiss­heit. Der biegsa­me Rücken gehört ins Hamburg Ballett, nicht in den Hambur­ger Hafen.»

Kritik der Grünen

Der Grünen-Außen­po­li­ti­ker Anton Hofrei­ter lehnte auch eine chine­si­sche Betei­li­gung von 24,9 Prozent ab. Zwar hätte China damit «deutlich weniger Einfluss» als bei einem Anteil von 35 Prozent. «Aber es wäre weiter kritisch, denn wir hätten weiter­hin ein dikta­to­ri­sches Regime, das mit Hilfe von Staats­kon­zer­nen sich bei uns in Infra­struk­tur einkauft», sagte Hofrei­ter am Diens­tag im ARD-Morgenmagazin.

Im Septem­ber 2021 hatten der Hambur­ger Hafen­lo­gis­ti­ker HHLA und der chine­si­sche Termi­nal­be­trei­ber Cosco Shipping Ports Limit­ed eine 35-prozen­ti­ge Betei­li­gung der Chine­sen am HHLA-Termi­nal Toller­ort (CTT) in der Hanse­stadt verein­bart. Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit viert­größ­te Reede­rei, deren Contai­ner­schif­fe bereits seit 40 Jahren von der HHLA am CTT abgefer­tigt werden. Cosco will im Gegen­zug zu der Betei­li­gung das CTT zu einem bevor­zug­ten Umschlag­punkt in Europa machen.

Das China-Insti­tut Merics warnte vor Risiken. Analyst Jacob Gunter sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: «Cosco und seine Inves­ti­ti­on in den Hambur­ger Hafen bergen verschie­de­ne Risiken für die Sicher­heit und die wirtschaft­li­chen Inter­es­sen Deutsch­lands.» Cosco sei nicht nur ein weite­res multi­na­tio­na­les Unter­neh­men, das einfach nur eine Rendi­te anstrebt — sondern ein Instru­ment der chine­si­schen Regie­rung, um deren strate­gi­sche Ziele voran­zu­trei­ben. Je abhän­gi­ger Deutsch­land von Inves­ti­tio­nen und Geschäf­ten mit Cosco werde, desto mehr Einfluss könnten Cosco und Partei­funk­tio­nä­re auf die deutsche China-Politik ausüben.